1.
Tag: Il Gobbo
Da es ja von Franken doch ein
Stück nach Sexten ist, wir (Gisela und ich; Hupf und Christine treffen wir am
Abend auf der Hütte) aber den 1. Tag nicht nur mit Kaffeetrinken und Ratschen
verbringen wollten, war ganz klar: Anfahrt und noch eine kleine Tour, das geht
schon. Das heißt natürlich: Früh aufstehen, damit um 6:00 Uhr in Holzkirchen
gestartet werden kann (ich will gar nicht wissen, wann Gisela aufgestanden ist).
Einen kleinen Schock gab’s noch bei der Ausfahrt aus dem Felbertauerntunnel,
denn da waren Wolken am Himmel, aber nach dem Wetterbericht und, man stelle sich
vor, auch tatsächlich begannen diese ab Mittag sich aufzulösen und zeigten
sich dann auch die ganze Woche nicht mehr.
Von Misurina kurz in Richtung Auronzo-Hütte fahren und beim Abzweig zur Savio-Hütte
parken. Ausrüstungscheck und los geht’s in 1 ¼ Std. zur Hütte und noch eine
knappe Stunde zum Einstieg an der Forcella del Diavolo. Elegant steht er da, der
Il Gobbo und macht dabei mächtig Eindruck auf mich, denn es scheint beim
Klettern recht luftig zu werden, dafür ist er aber plaisirmäßig abgesichert.
Die Kletterroute an
Il Gobbo
Also, am Einstieg hinein in die Fußquäler (Kletterschuhe)
und Gisela meinte noch, dass man in Franken jetzt fragen würde, wo man denn den
Seilsack hinlegen soll. Seilsack? Was ist das, frage ich mich, der ich schon
mehr Touren in den Dolomiten als in Franken gemacht habe. 4 Seillängen sind es,
die 2. III+, sonst III. Also alles Genusskletterei pur, nur der Kamin in der 2
Seillänge mit III+ ist einfach gewöhnungsbedürftig. Entweder der Kamin ist
III+ , dann sind die anderen Seillängen keine III, oder die anderen Seillängen
sind III, dann ist der Kamin mehr als III+. Egal, wir schaffen’s hinauf und
entsetzt vernehme ich aus Giselas Mund das Wort g..., womit für mich die letzte
Bastion anständiger Ausdrucksweise fällt. Was soll nur aus unseren Kindern
werden.
Zwar spricht der Führer von Platzmangel bei bereits einer Person am Gipfel,
doch ganz so schlimm ist es nicht, wenngleich schon luftig. Abgeseilt wird über
die Route, wobei man auf den letzten 45 Metern so richtig Druck machen und
Abseilachter zum Glühen bringen kann.
Dann owi geh, ummi fahrn und auffi laafa und natürlich ein fettes Hallo auf der
Dreischusterhütte inklusive Sektionsneuigkeiten austratschen.
2. Tag: Paternkofel
Toblinger Knoten oder
Paternkofel, beides nette Klettereien, standen zur Wahl. Da wir bis zum Einstieg
ca. 3 Std. brauchen, zugegeben etwas länger als in Franken, wird als
Abmarschzeit 6:30 Uhr festgelegt, was von Christine zuerst mal als kleiner
Scherz verstanden wird.
Blick vom Anstieg
zur Dreizinnenhütte zum Haunold
Doch das Aufstehen rentiert sich, geniale Blicke und
Stimmungen begeistern sogar ohne dass frau ihren morgendlichen Pflichtkaffee zu
sich genommen hat. Das wird auf der Sonnenterrasse der Dreizinnenhütte mit
einzigartigem Blick zu gleichnamigen Bergen nachgeholt. Und da wir noch früh
dran sind, entscheiden wir uns für die längere Tour zum
Paternkofel-Nordnordwestgrat, III+, 7 SL und recht alpin zum Sichern.
Zuerst geht’s durch den Tunnel am Innerkoflersteig und da wir zu viert nur
eine Schlüsselanhängertaschenlampe haben, mache ich mich auf zum
Lichtschnorren. Am Tunnelausgang kurz vor dem Einsteig wird angeseilt und die
ersten beiden Seillängen sind, wie schon im Führer gewarnt wird, recht geröllig.
Bezugnehmend auf das Geröll fragen mich 2 Engländer: How do you call this
shit here? Die Antwort ganz klar: Oh, we call it shit. Die Engländer
haben dann keine Lust mehr auf die Tour und ich klettere wirklich wie auf rohen
Eiern los.
Die 2 schwierigen Seillängen folgen und am Stand erfahre
ich, dass man in Franken sogar im Bikini klettert. Ich bin sicher der Letzte,
der etwas gegen eine schöne Aussicht am Berg hat, denke mir aber doch, als
gerade wieder ein Stein vorbeisurrt, ich froh um meine Faserpelzjacke wäre und
Hupf sich gerade mit dem Oberkörper im Riss verklemmt, dass diese Art der
Kletterbekleidung hier auf der Tour nicht so passend ist. Wie es immer so ist
auf Klettertouren, die Führerzeit von 2 Std. schafft man eh nie und nach 6 ½
Std. am Seil inklusive ein paar von Gisela’s Zwergentoden sind wir Vier um
18:00 Uhr am Gipfel. Nicht vergessen darf man dabei einen Griffausbruch von
Christine und zum Abschluss den recht ausgesetzten, aber nicht mehr schwierigen
Gipfelgrat.
Focus auf das
Wesentliche
Hinunter gehen wir über den Klettersteig und erreichen
gerade bei Sonnenuntergang die Dreizinnenhütte für ein Weißbierli. Leider
haben wir noch gute 2 Stunden Abstieg vor uns und mit der einen kleinen Schlüsselanhänger-Taschenlampe
ist das schon ein Gestolpere (oder lag’s am Weißbier?). Schon um 22:15 Uhr
sind wir an der Dreischusterhütte, in der uns der Wirt noch eine Speckplatte
macht (Respekt!). Eins ist klar, morgen wird ein Erholungstag.
3.
Tag: Cinque Torri
Obwohl wir noch weiter nach Süden
fuhren, so hatte ich eher das Gefühl, dass sich die Franken hier wieder wie
zuhause fühlen. Kaffee am Morgen, ein bisschen mit Auto fahren, 15 Minuten
Zustieg, alles schön abgesichert, um nur einiges zu nennen.
Christine beim
Klettern
Wir merken schon, die Power ist ein bisschen weg und auch
der Schmerz nach den 2 langen Touren der Vortage in den Kletterschuhen ist
unangenehm. Also alles recht gemütlich angehen, 3 Seillängen am Torre Quarda
Bassa und 2 am Torre Inglese, jeweils im III. Grad, danach noch Topfenstrudel
oder Linzer Torte an der Cinque-Torri-Hütte, 2 Stichproben extra lecker, da
werden wir noch mal hinfahren, und wieder gemütlich zurück zur Dreischusterhütte.
Kleine Beschwerden über meinen Fahrstil, der den Damen auf dem Rücksitz
zufolge ein Festhalten der verspeisten Kuchen nötig werden ließ, wollen wir
hier nicht weiter ausführen.
4.
Tag: Die Große Zinne
Wenn wir schon mal hier sind, müssen
wir natürlich noch die Große Zinne machen, besonders auch, weil die
Wetteraussichten weiterhin hervorragend sind. Leider hat Giselas Wecker
verschlafen (wenn ich ein böser Autor wäre, würde ich jetzt schreiben: Frauen
und Technik, da ich aber kein böser Autor bin, lass ich es weg) und so wird es
ein bisschen später. Schnell wieder auf alpin umpacken, Biwaksack ja/nein? Ach,
nehm ich ihn halt mit, frühstücken, runter zum Auto laufen und wir vier fahren
zur Auronzo-Hütte (20,- € Maut für vielleicht 6 km, aber alle Leute, wir
auch, bezahlen es) am Fuße der Drei Zinnen.
Das Schöne an den Touren mit Hupf ist, dass man aus dem
Auto aussteigt, damit schon fast gleich am Gipfel ist und das Schwierigste auf
alle Fälle schon hinter sich hat. Der Zustieg erfolgt über das Schuttkar
zwischen Großer und Kleiner Zinne, dann scharf links hinauf in die Schlucht zur
1. Scharte, in welcher wir dann im oberen Teil auch sichern. Danach geht es in
Ier und IIer Geröll-Gelände hinauf bis unter den großen Kamin unter dem
oberen Schuttband. Dort sichern wir wieder 5 Seillängen seilschaftsmäßig. Am
oberen Schuttband geht es dann im Wandergelände hinüber zum Gipfelaufbau, der
neben einem Kamin mit Kletterei im III. Grad noch eine etwas blöde Stelle unter
dem Gipfel bietet. Doch um 17:10 Uhr stehen wir bei herrlicher Sicht und
Traumwetter am Gipfel der Großen Zinne.
Gipfelbild an der
großen Zinne
Es wird natürlich zeitlich schon etwas knapp, aber ich
kalkuliere mal, dass wir bei Einbruch der Finsternis - so gegen halb neun -
wieder in der ersten Scharte sind, von dort aus können wir auch in der Nacht
abseilen und der Weg zum Auto über Schutt ist dann kein Problem mehr, wir haben
ja diesmal 2 Stirnlampen dabei. Aber irgendwie klappt das mit der Kalkulation
nicht so ganz, wenn 4 Leute abseilen braucht das einfach seine Zeit und so sind
wir bei Einbruch der Nacht gerade mal in der 1. Abseillänge unter dem oberen
Schuttband. Unterhalb des großen Kamins so gegen 23:00 Uhr in finsterer Nacht
geht dann wirklich nichts mehr. Der weitere Weg oder auch Abseilhaken sind
einfach nicht mehr zu finden. Während ich Hupf wieder heraufsichere, bereite
ich Gisela und Christine auf eine Biwaknacht vor. Während Gisela, so scheint es
mir, ganz froh ist, dass das Rumstolpern endlich ein Ende hat, ernte ich bei
Christine nach der Erkenntnis, dass dies kein Scherz ist, nur noch blankes
Entsetzen.
Der Kreis zeigt den
Biwakplatz
Hilft aber nichts, Seil und Rucksäcke werden als Unterlage
vorbereitet, alles anziehen was wir haben, die Damen dürfen in den Biwaksack, während
Hupf und ich mit den Rettungsdecken kämpfen. Gesichert am Standplatz machen wir
es uns an unserem 1,20m breiten Felsband so richtig gemütlich, schließlich ist
es ja für jeden von uns das 1. Notbiwak. Schnell noch eine SMS an Yak, dass er
seine Pole Position im Helden-der-Berge-Ranking nun wohl vergessen kann.
Gemütliche Nacht
An Schlaf ist eher nicht zu denken, die Rettungsdecken
erweisen sich zwischen Felsen und Friends als nicht sehr stabil und so mollig
warm wird einem auch nicht, doch der Sternenhimmel und die Schatten der
Dolomitenberge über einem Nebelmeer entschädigen für alle Leiden. So gegen
3:00 Uhr morgen überfällt uns dann der Zinnenwahn vollkommen und wir blödeln
eine Stunde lang nur noch über die Helden am Berg, die unnötigen Hütten und
auch sonst noch viel Unsinn, einfach damit die Zeit vergeht. Als kurz nach 4:00
Uhr ein kleines Lüftchen um die Decke weht, merken wir auch erst, was für ein
Glück wir mit dieser windstillen Nacht hatten, sonst wäre es saumäßig kalt
geworden. Trotz alle dem, eine Nacht die wir wohl nicht so schnell vergessen
werden.
Der Morgen erwacht, wir setzen unseren Abstieg fort und als
wir wieder in der Sonne stehen kehren die Lebensgeister und angenehme Wärme in
den Körper zurück. Allen Bergsteigern, die uns jetzt entgegenkommen, müssen
wir natürlich erzählen, was los war. Besonders die Südtiroler Bergführer
sind recht amüsiert. Einer meint noch zu seinem Kunden: „Da, schaug, wannst
nit schneller kletterst, muaßt a drom übernochten!“ Ja, genau, das ist es,
was ich unter Motivation verstehe. Übrigens behalte ich Recht, wir sind tatsächlich
um halb neun in der 1. Scharte... ;-)
Der Wandfuß ist erreicht und wir sind schon alle froh, den
Berg nun hinter uns zu lassen. Mein üblicher Gag, „Oh, ich hab meinen
Autoschlüssel am Biwakplatz gelassen. Wer geht denn schnell hinauf und holt
ihn?“, der sonst für reichlich Gelächter sorgt, kam heute nicht so gut an.
Eine Pizza in Toblach lässt uns dann nur noch lachend auf die Nacht zurückschauen
und das auch ohne Alkohol, denn geringste Mengen davon hätten uns wohl unverzüglich
ins Koma versetzt.
Ja zugegeben, wir hatten Glück, dass alles so problemlos
verlaufen ist. Dass die Nacht windstill und trocken war und wir gerade
ausreichend Ausrüstung (abgesehen von uno litro vino rosso) dabei hatten, ließ
das Notbiwak zu einem Erlebnis werden. Trotzdem müssen wir aus den Fehlern
lernen, besonders, den Zeitbedarf richtig einzuschätzen und keinesfalls mehr so
spät zu starten.
Dem Heimfahrt verlief dank Red Bull recht gut und ich möchte
auch im Namen der Gruppe Hupf für die tolle Organisation dieser traumhaften
Kletterwoche danken.
Herbert [climby]
Copyright (c) 2004 Sektion Alpen.Net