Zwischen Licht und Schatten – Die Messner-Tragödie am Nanga Parbat
von Hans Saler

A1 Verlag; ISBN 3-927743-65-8
Erscheinungsjahr: 2003
Preis: 17,40 EUR (D); 17,90 EUR (A); 29,90 sFr

Reinhold Messner ist wieder einmal ein hervorragendes Bergbuch zu verdanken. Doch diesmal nicht von ihm selber. Auch dürfte es ihm kaum gefallen. Denn dieses Buch behandelt nicht nur das Licht in seiner Bergsteigerkarriere, das in diesem Jahr der Himalaya-Jubiläen viel thematisiert wird, sondern auch die Schatten.

Hans Saler schreibt als Teilnehmer über die Ereignisse bei der Nanga Parbat Expedition von 1970. Bei dieser Expedition wurde erstmals die Rupalwand, mit 4500 Höhenmeter die größte Steilwand der Erde, durchstiegen. Reinhold Messner gelang dabei sogar die Überschreitung des Nanga Parbat - er stieg über die Diamirflanke ab. Doch diese Rekorde und Leistungen wurden durch den Tod seines Bruders Günther überschattet.

Dieses Buch wurde durch Aussagen Reinhold Messners in jüngster Zeit provoziert, in denen er die Expeditionsmannschaft der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt. Die diversen Vorwürfe trafen die gesamte Mannschaft, vor allem auch Felix Kuen und Peter Scholz als zweite Gipfelmannschaft. Beide sind in Zwischenzeit verstorben und können nicht mehr Stellung beziehen. Hans Saler will diese Vorwürfe aber nicht auf seinen Kameraden sitzen lassen und hat deshalb dieses wirklich gelungene Buch geschrieben.

Die Geschehnisse um den Tod von Günther Messner und die Rolle Reinholds dabei werden sicher noch manche Diskussion anheizen. Zumal fast zeitgleich ein Buch zum selben Thema von Max von Kienlin, der ebenfalls an dieser Expedition teilnahm, erscheint. Die Darstellungen Salers und von Kienlins legen nahe, dass Reinhold Messner von vornherein die Überschreitung des Nanga Parbat als Einzelgang geplant hat. Sein Bruder Günther folgte ihm dabei zum Gipfel. Was danach geschah und wie Günther ums Leben kam, bleibt im Dunkeln. Doch es werden einige Zweifel an den Versionen Reinhold Messners gesät.

Durch die Thematik des Buches könnte es leicht in die Sensationsecke geraten oder in die Reihe von öffentlich ausgetragenen Abrechnungen wie wir sie aus der alpinistischen Literatur zur Genüge kennen. Hans Saler erzählt jedoch unaufdringlich und aus einer sehr persönlichen Perspektive die Ereignisse der Nanga Parbat Expedition. Das Expeditionsleben und die Charaktere der Teilnehmer werden dabei sehr menschlich nahe gebracht. Die Herausforderungen der Rupalwand und die Strapazen sowie die harte Arbeit zu ihrer Durchsteigung werden anschaulich geschildert. Der Leser fühlt sich trotz seines bequemen Lesesessel mitgenommen in die steilen und abweisenden Wände aus Fels und Eis. Dieses wirklich spannend zu lesende Buch wird mit Fotos ergänzt, die einen lebhaften Eindruck von der Expedition liefern und die bislang kaum irgendwo zu sehen waren. Abgerundet wird dieses Buch durch seine liebevolle Gestaltung, für die der A1 Verlag bekannt ist.

Dieses Buch macht Lust auf mehr. Hans Salers spannender Lebenslauf bietet noch Stoff für viele Bücher. Ich hoffe, dass das nächste bald erscheinen wird.

Andreas Hörfurter

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