Fast auf dem Großglockner

image Es wurde ein umfangreicher Bericht zu Hasei’s Führungstour “Großglocknerumrundung und -beisteigung” mit schönen Bildern verfasst. Leider musste die Besteigung des höchsten Berges Österreichs auf dem Gipfel des Kleinglockners aus Zeitgründen abgebrochen werden.




Fast auf dem Großglockner - SAN-Führungstour 3.-7.9.2011


Großglocknerumrundung und -besteigung stand auf dem Programm.
Die Wettergötter waren noch am Würfeln, aber der Spielstand berechtigte zu gewissen Hoffnungen, so dass Hasei nach einigem Zögern dann doch das Startsignal gab.
Alle vier Beteiligten hatten in weiser Voraussicht ihren Wohnort irgendwo an der Strecke dahin oder halbwegs in Reichweite samt passender Logistik, so dass wir mit einem einzigen Auto die atemberaubende und teuer bemautete Großglocknerstraße entern konnten.

Von der Franz-Josefshöhe zieht der Sommerweg oberhalb der Pasterzenreste und parallel zu ihr Richtung NW zum Wasserfallwinkel. Begrüßt wurden wir, als wir am spätmittags dort eintrudelten, auf den Wiesen unterhalb der Parkplätze von etlichen Mankeis, die hier touristengewohnt sind. Bevor man Fels und Eis erreicht, muss man eine Art Geisterbahn durchqueren…

   

Der südöstliche Teil des Gamsgrubenwegs ist als Tunnelanlage angelegt (man kann ihn auf einer Pfadspur außen umgehen), in dem die übliche Bergsage (respektlos-verschwenderischer Umgang mit der Nahrungsfülle auf Bergweiden, Gottesgericht in Gletscherform; hier: Kegeln mit Butterkugeln) mit allen Schikanen in Bild und Ton ausgewalzt ist. Dazwischen gibt es auch echte Infos zur Bergbaugeschichte des Gebiets.

image

Weiter geht es eine Weile auf komfortablem Sonntagsausflugsspazierweg mit reichlich Sitzgelegenheiten und Infotafeln an der aufgegebenen Hofmannshütte vorbei durch das Biotop Gamsgrube. (An den inzwischen abgeschliffenen Wänden des Fuscherkarkopfes und ähnlicher Formationen arbeitet der Wind wie ein Sandstrahlgebläse; der abgeschliffene “Sand” sammelt sich in der “Gamsgrube” benannten großen Mulde und hat im Laufe der Zeit seine spezielle Flora entwickelt.)

Es folgten abwechselnd Kraxeln im Gletscherschliff und überqueren des gutmütigen Wasserfallwinkelkeeses, mit Stangen markiert - bei Nebel nicht ganz ohne! Wir hatten Glück - am Aufstiegstag (3.9.2011) war es nicht nur schön, sondern fast zu warm, der Gletscher aper und an der Oberfläche nicht mehr hart.

Nach der langen Anreise und zu bereits fortgeschrittener Stunde ließen wir es damit gut sein und widmeten uns der Aussicht und der Gastronomie der Oberwalder Hütte (leider nur Pauschalen möglich, aber mit Nachschlag).

Da sich am nächsten Tag das Wetter schlechter, vor allem sehr viel windiger (also wenig gratfreundlich) entwickelte als prognostiziert (und man inzwischen aufgrund des Gletscherrückgangs erstmal ziemlich tief aufs Bockkarkees hätte absteigen müssen), beschloss Hasei, die geplante Tour (Hohe Dock und Großer Bärenkopf) gegen den Johannisberg (Normalweg) auszutauschen.

image

Die Route führt in weitem nördlichem Bogen über den Pasterzenboden, quert unter dem Johannisberg-Ostgrat durch, zieht recht steil aufwärts zu einer Eis-/Firnschulter, die den SO-Grat verlängert und mehr oder weniger über diesen zum Gipfel, einem harmlosen flachen Grat aus festem Schutt.

image

Die Keese waren aper, die Oberfläche an den Steilpassagen rauh und griffig. Bei ein oder zwei großen Spalten waren für fast jede der (überschaubar wenigen) Seilschaften am Berg kleinere Umwege erforderlich, um den praktikabelsten Übergang zu finden.
Schöne Tour mit sagenhafter Rundumsicht! Nur der Glockner wollte seine Wolkenhaube nicht abstreifen.

Da es sich tatsächlich ziemlich zuzog (letztlich auch mit Niederschlag), blieb für den Rest des Tages nur eins: Hüttennachmittag….
Sowas zieht sich. Die Gruppe trug das Unvermeidliche mit Fassung.

Am 5. September blieb das recht trübe Wetter. Bereits am Vortag hatte am Johannisberg der Augenschein gelehrt, dass aufgrund der gegenwärtigen Verhältnisse der geplante Übergang zur Stüdlhütte über den Romariswandkopf nicht realisierbar sein würde (die letzte Besteigung war schon Wochen her). Da obendrein mit Regen zu rechnen war, stiegen wir zur Franz-Josefshöhe ab, parkten das Auto am Glocknerhaus und wanderten am Margaritzenstausee (Sonne!) vorbei über die Stockerscharte durchs schöne Leitertal (von dem man aufgrund zunehmenden Nebels und Geniesels fast nichts sah) zur Salmhütte. Der Wiener Höhenweg zieht am Südhang des Glocknermassivs in halber Höhe mit wenig Auf und ab und sanfter Steigung dahin, zur Rechten am “Hasenbalfen” (kurz vor der Hütte) mit gigantischen Plattenschlüssen. Hier querte vor mir ein Steinbock durch den Nebel und trieb seine Spassettln mit mir - immer, wenn ich ihn auf den Chip bannen wollte, drehte er sich akkurat in der Auslöseverzögerung weg oder tauchte hinter die nächste Bodenwelle, Mistviech, elendiges.

image

Die Salmhütte erwies sich als sehr gemütlich, nett bewirtschaftet und reichlich mit Lesefutter versehen, da hält man eine Wetterpause ganz gut aus. Die Suppenküche ist exzellent!
Voll war es bei dem Wetter nicht gerade, so dass wir unsere nassen Sachen zum Trocknen in die Stube hängen, die Würfel rausholen und uns auf Pasch-Jagd begeben konnten.

Am Dienstag, 6. September, sollte es dann zur Adlersruhe gehen und - je nach Wetter - nachmittags auf den Glockner (Alternative: Mittwochvormittag).

Am Dienstagmorgen (6.9.2011) war es strahlend schön!
Also nix wie los (leider mit 20 Minuten Verspätung, weil ich den Wecker nicht gehört hatte und meine Kameraden mich rücksichtsvoll weiterschlafen ließen…)

Zunächst ging es auf markiertem Steig in nordnordöstlicher Richtung durch Moränenschutt erst sanft, später zunehmend steiler bergauf, am stark geschrumpften Hochwartkees westlich vorbei und schließlich über einen steilen Geröllhang unter die Hohenwartscharte (3183m).

image

Unter der Scharte trafen wir auf eine große Gruppe Tschechen, die allerdings eine Weile vor uns aufgebrochen waren, wie sie ihr Material checkten und offensichtlich aufrödelten… Da das Steilstück zur Scharte UIAA I nicht überschritt, nahmen wir es ohne in Angriff.
Zur felsigen Scharte hinauf führten eine Leiter und ein gut abgesicherter Steig (Holztritte, Hanfseile), schieres Kraxelvergnügen, leider aber ziemlich feucht, da wir uns hier schon in der “Gipfelwolke” befanden.

image

Jenseits der Scharte führte der Steig kurz hinab auf den Hofmannskees,  den wir in westlicher Richtung unter der Nordseite des Hohenwartkopfes zum schuttig-felsigen Rücken des Salmenkamps querten. über den Rücken (stellenweise sehr ausgesetzter Grat) gelangten wir zur Erzherzog-Johann-Hütte (3454m) auf der Geländekuppe Adlersruhe.
Der Wegweiser an der Salmhütte veranschlagt 3:15 Stunden bis dahin, das war auch so ungefähr unsere Zeit .
Der Salmgrat ist teilweise eine sehr vergnügliche Kraxelei, nur leider befanden wir uns immer noch meist in der Wolke, die sich an diesem sonst schönen Tag hartnäckig am Glockner hielt…
Aber jetzt war sowieso erstmal eine halbe Stunde Rast auf der Erzherzog-Johann-Hütte angesagt.

Die war schnell vergangen… und wir wollten das schöne Wetter (und die aufgrund des schlechten Wetters am vortag geringe Besteigerfrequenz!) noch für unser Hauptziel nutzen, den Großglockner - mittlerweile im schönsten Sonnenlicht!

Zunächst folgten wir kurz dem von der Adlersruhe nach NW ziehenden Rücken, dann hieß es Steigeisen anlegen und über sich aufsteilenden Firn das Glocknerleitl gewinnen, das im oberen Teil (bis 35°) um diese Zeit aper, also eisig war.

image

Über die schattige, also feuchte Rinne des Glocknerleitl stiegen wir über Fels (II) und Firn bis zu einer Felsschulter auf dem Südostgrat des Kleinglockners hoch. In grobgriffiger, einfacher, genussvoller Kletterei (Fels I-II+) ging es hinauf. Gesichert wurde zunächst an Felsköpfeln, dann an den reichlich vorhandenen Sicherungsstangen, wir kraxelten so am laufenden Seil bis zum Gipfel des Kleinglockners (3770m).

image

Und hier blies Hasei leider zur Umkehr…
Das Sichern einer Viererseilschaft an Fixpunkten (im oberen Teil Stangen) hier hinauf, von der außer Hasei nur einer die eingesetzte Technik (Gehen am laufenden Seil) aufgrund häufiger Anwendung wirklich flüssig beherrschte, hatte viel Zeit verschlungen, und Abstieg zur Hütte in den Abend hinein stand nicht zur Debatte. Wir sahen uns die Scharte an und den letzten Gipfelaufstieg - die Zahl der Seilschaften in der Wand war zwar klein, würde aber im Gegenverkehr rauf und runter auch Zeit kosten.

image

Und der Kleinglockner ohne Karawane und bei strahlend schönem Wetter war ja schließlich auch ein toller Gipfel.
Die Aussicht war vom Feinsten… unter anderem im Nordosten Johannisberg, Hocheiser, Kitzsteinhorn, Bärenköpfe, Klockerin…

image

...südöstlich unterm Gipfel die Adlersruhe, im Hintergrund die Schobergruppe…

image

Am Rückweg gab es Gegenverkehr, u.a. kamen jetzt die Tschechen herauf. Die meisten Seilschaften schienen mit Bergführer zu gehen, und über die Sicherung staunten wir Bauklötze… alle am Seil, Seil am Führer, das war’s. Ein Ausgleiten am Fuß der Rinne, ein Abrutschen im Fels, und alle wären mitgerissen worden…
Auch (sichere) Einzelgänger waren unterwegs.
Wir konnten an der Hütte noch die letzte Abendsonne genießen und später einen sagenhaften Sonnenuntergang.

image

Im Westen größte der Großvenediger in der Dämmerung…

image

Die Tschechen kamen erst spät in völliger Dunkelheit wieder runter… vollzählig, heil und glücklich.
Diesmal wollten beim Würfeln die Paschs sich einfach nicht blicken lassen.

Am Mittwoch hatten wir das Vergnügen einer Salmgrat-Überschreitung bei Sonne und Panorama…

image

Da dies der zweite recht schöne Tag war, kamen uns jetzt immer wieder Seilschaften im Aufstieg entgegen. An der Salmhütte machten wir vorgezogene Mittagspause (die Speckjause war auch nicht von schlechten Eltern). Wir stiegen auf dem Aufstiegweg über Leitertal, Stockerscharte und Margaritze ab (diesmal mit Sicht)

image

und hatten dann das Glück, ohne jeden Stau zügig alle am jeweiligen Heimatort bzw. Treffpunkt absetzen zu können.

Schön war’s, und der ganzen Seilschaft, besonders aber Hasei, sei hier ganz herzlich für dieses besondere Bergerlebnis gedankt!

Mehr Fotos gibt es bei hikr.org hier und hier.

Viracocha, 18.09.2011 11:56