Wilde Berge und tiefe Täler in der Steiermark – Herbsttour durchs Gesäuse

Die Enns hat sich ein tiefes Tal in das schroffe, zerklüftete Kalkgebirge in der Steiermark gegraben – daher geht es jeweils tief hinab und hoch hinaus. Karstens Tourenbericht von einer konditionell durchaus anspruchsvollen fünftägigen Wandertour durch einen der schönsten Nationalparks Österreichs: das Gesäuse.

Wilde Berge und tiefe Täler in der Steiermark – Herbsttour durchs Gesäuse

Im Herzen der Steiermark, auf halbem Wege zwischen Linz und Graz, liegt ein kleines, feines Gebirge: das Gesäuse – oder auf steirisch: s’Xseis. Die Enns hat sich hier tief in den Kalkstein gegraben, so dass zwischen Fluß und Gipfeln über 1.500 Meter Höhenunterschied liegen.

Wir treffen uns am Freitagabend in Admont. Vero und Armin sind schon ein paar Stunden früher gekommen und haben die weltberühmte Bibliothek des Stiftes Admont besichtigt – dazu fehlte mir leider die Zeit. Unser erstes Quartier, die „Villa Elisabeth“ in Admont, hat etwas von K&K-Flair – äußerst liebenswürdig, „Küss die Hand“-Charme – und ein tolles Frühstücksbüffet als Start in den nächsten Tag.

Am Samstag ging es dann los – von gut 600 auf über 2.000 Meter Höhe ist es ein ordentlicher Anstieg von Admont bis zur Riffelspitze. Dann wieder runter, und nochmal rund 300 Meter rauf bis zur Mödlinger Hütte – da weiß man, was man getan hat. Anfangs war es noch neblig, dann wurde es ein recht warmer und sonniger Tag – am Ende waren die Trinkvorräte bei allen erschöpft. Aber auf der Hütte hatten sie genug Radler parat – nebst einem allerliebsten Ambiente auf den Zimmern. Die „gute alte Zeit“ liess grüßen…

Der nächste Tag gab sich trüber – und begann mit einem langen Abstieg nach Johnsbach. Wo ein Abstieg ist, ist auch ein Aufstieg – doch bevor wir den antraten, kehrten wir noch beim Kölblwirt ein. Den hat sich Udo gleich mal für seine nächste Gesäuse-Tour als Standquartier vorgemerkt. Danach ging es bergauf – erst noch unter Wolken, und später mittendrin im Nebel. So war auch unser Tagesziel, die Hesshütte, erst zu sehen, als wir unmittelbar davorstanden.

Am nächsten Morgen wieder ein komplett anderes Bild: es hatte aufgeklart und war kalt geworden. Auf den Wiesen zeigte sich der erste Reif. Fantastisch der Blick aufs Hochtor im Morgenrot.
Danach ging es wieder hinab zur Enns. Der Wasserfallweg ist eine kühne Konstruktion aus Leitern und Stahlseilsicherungen – zum Glück war es trocken, denn bei Regen sollte man diesen Steig besser nicht begehen, vor allem nicht abwärts.Am Nationalpark-Haus in Gstatterboden haben wir eine ganz entspannte Mittagsrast eingelegt, ehe wieder das Muster dieser Tour galt: nach dem bergab folgt das bergauf. Unser Ziel: das Buchsteinhaus.
War die Mödlinger Hütte eine Reminiszenz an alte Zeiten, so ist das Buchsteinhaus ein Musterbeispiel für eine neu errichtete Hütte. Nachdem das alte Haus aufgrund von Instabilitäten im Untergrund abgerissen werden musste, haben die Naturfreunde hier einen modernen Musterbau hingestellt – hell, mit viel Holz, in jeder Hinsicht sympathisch. Und die Küche ist ein Thema für sich – ist doch der Hüttenwirt ein ehemaliger Wiener Sternekoch. Ob Lammhaxe oder Krautfleckerl - wir haben es alle genossen.

Auch das Frühstücksbuffett auf dem Buchsteinhaus ließ nichts zu wünschen übrig…Aber irgendwann muss man sich halt auch davon trennen – schließlich ist der bevorstehende Weg lang. Diesmal ging es zunächst bergauf bis auf rund 250 m unter dem Großen Buchstein. Dessen Besteigung haben wir uns gespart – zu lang noch der Weg, zu unsicher das Wetter. Danach galt dann wieder das Gesäuse-Prinzip: erst mal runter in Richtung St. Gallen (das in der Steiermark, nicht das in der Schweiz…), dann wieder rauf zum Bucher Sattel und zum Grabneralmhaus. Mittlerweile hatte es auch ordentlich geregnet, so dass wir alle froh waren, endlich das Tagesziel erreicht zu haben.
Dieses präsentierte sich nun wieder ganz im alten Stile – ein Gebäude aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts, früher mal als Landwirtschaftsschule und später als Heim für Kriegsverletzte genutzt. Man kann es nicht anders bezeichnen denn als urig – wir waren auch die einzigen Gäste. Das Essen war wieder erstklassig – und ganz besonders war es der „Xseis-Tee“ - so einen würzigen Kräutertee hab ich mein Lebtag noch nicht getrunken.

So wie der Charakter unserer Quartiere von Tag zu Tag wechselte, so tat es auch das Wetter – am nächsten Morgen strahlte wieder die Sonne, und nur tief unten im Tal hingen noch Nebelfelder. Also auf geht’s zu unseren letzten Gipfelzielen: Mittagskogel und Natternriegel oberhalb des Admonter Hauses. Ab dem Admonter Haus stand dann ein langer Abstieg nach Weng und weiter nach Admont an. Und dann das: plötzlich ist der Weg gesperrt – Forstarbeiten. Keinerlei vorheriger Hinweis am Admonter Haus oder am Abzweig – und wie wir später erfahren haben, waren weder die zuständige Sektion, die Hütte oder die Bergwacht informiert worden. Das Admonter Stift als Waldbesitzer kann offenbar tun und lassen, was es will – wir mussten uns mühsam und weglos (und leider auch verbunden mit einer Verletzung eines Tourenteilnehmers ) zur tiefer gelegenen Forststrasse durcharbeiten. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der Forstarbeiten: liebes Stift, so geht es nicht.
Und dann mussten wir auch noch etwas lernen: in Österreich darf man, auch in Wohngebieten, auf in beiden Richtungen befahrenen Straßen nur dann parken, wenn entweder noch zwei Fahrstreifen frei bleiben, oder Parkflächen explizit ausgewiesen sind. Die Autofahrer der Tour haben diese Erkenntnis mit einem Strafzettel bezahlt.

All das kann aber das Fazit dieser Tour nicht trüben: ein landschaftlich wunderschönes Gebiet mit durchaus anspruchsvollen Touren, welches insbesondere im Herbst seine Reize voll entfaltet. Hütten mit sehr unterschiedlichem, aber reizvollem Charakter. Einsamkeit – nur wenige Wanderer sind unterwegs. Und kulinarisch weiß man im Xseis zu genießen…

“Renntier” Karsten, 01.11.2017

Viracocha, 04.11.2017 11:09