Familienreferat


Klettern: Valle Maggia (Tessin) - 18.05.-22.05.2005

Mittwoch, 18.05.05

Hurra, die alljährliche Reise in unser geliebtes Valle Maggia naht. Camping Platz Piccolo Paradiso bei Avegno gleich hinter dem Klettergebiet Ponte Brolla.

http://www.piccolo-paradiso.ch/tedesco/home.html

© Lisanne 2005

© Lisanne 2005

© Lisanne 2005

Die Vorfreude wird etwas getrübt und hartnäckig auf die Probe gestellt, da der Wetterbericht nichts Gutes bis Mittwoch verheißt und wer will schon im Regen im Zelt hocken. Also WARTEN, WARTEN, WARTEN. Das wird wohl diesmal ein etwas kurzer Aufenthalt werden.

Aber am Dienstag abend hält uns nix mehr; die Sachen sind gepackt, die Freunde haben auch schon alles eingeladen und am Mittwoch mittag um 11:00 fahren wir voll beladen gen Süden. Wie habe ich das Ganze bloß letztes Jahr ohne Dachbox ins Tessin befördert. Hat doch auch irgendwie ins Auto reingepaßt.

Den Weg kennen die Kinder schon genau. Erst kommt Chur, dann der San Bernhardino Tunnel mit Wartezeit, denn da bauen die schon ewig dran rum und sobald man durch den Tunnel durch ist, kann man schon ins Tessin blicken. Dann ist es nicht mehr weit. Am San Bernhardino erwartet uns nicht die versprochene Sonne, sondern enttäuschender Nieselregen. Oh nein, das darf doch nicht wahr sein.

Aber je weiter wir gen Süden fahren, desto besser wird es. Ab Bellinzona kommt die Sonne schon durch die Wolken und auf dem Campingplatz scheint sie dann sogar. Die Freunde (Gernot, Beate, Johannes (12) und Anna (9), sowie Hund Nicki) sind schon seit einer Stunde da und haben ihr Zelt schon aufgebaut. Mutter und Töchter sind ein geübtes Team und da klappt das mit dem Zelt stellen schon ganz gut. Sabrina verliert wie üblich nach kürzester Zeit die Lust und guckt erst mal am Spielplatz und am Kletterfelsen vorbei, ob da nicht interessante Kinder da sind. Gibt es immer.

So nach 2 Stunden steht der ganze Kram und das Auto ist fast ausgeräumt.

© Lisanne 2005

Pause und eigentlich könnte man um 18:00 langsam mit den üblichen Nudeln anfangen. (Mutter haßt Nudeln), die es täglich in der Kombination: Nudeln mit Soße oder Soße mit Nudeln gibt. Nein so schlimm ist es nicht gekommen. Wir haben es dann doch noch abwechslungsreich gestaltet.

Für heute abend läuft mal nix mehr außer ein wenig an der Maggia auf den Felsblöcken rumklettern und auf dem Zeltplatz die Lage zu erkunden.

© Lisanne 2005

Aber morgen muß es an den Fels gehen. Nachts wird es erst mal empfindlich kalt in den Schlafsäcken und die Kinder stellen fest, daß es besser ist, wenn man wie Mutter mit voller Montur darein steigt. Die Empfehlung war ja da, aber durch eigene Erfahrungswerte lernt man am besten.

Donnerstag, 19.05.05

Um 08:00 pellt sich alles aus den Schlafsäcke. Also zumindest die Erwachsenen, die zum Frühstück noch einen Wecken aus dem Laden ergattern wollen. Es wird erst mal gemütlich gefrühstückt, denn ein anständiger Kletterer ist nicht vor 11:00 am Fels. Strahlender Sonnenschein, aber bis der ganze Kletterkram mal gepackt ist. Puh... hoffentlich haben wir jetzt alles. Wir gehen als erstes nach Ponte Brolla, Sektor Rovine del Castelliere. Dort gibt es eine nette geneigte Platte zum Einsteigen. Ponte Brolla bietet Sportkletterrouten aller Schwierigkeitsgrade vom feinsten Plaisir; bestens abgesichert, reibungsfreundlicher Gneis. Kinder können sich am Wandfuß gut ohne Absturzgefahr aufhalten. Durch das feste Gestein, gibt es kaum die Gefahr von Steinschlag und ausbrechenden Griffen. Die beste Kletterzeit ist bis Anfang Juni und ab September. Im Sommer ist es viel zu voll und zu heiß. Die Sektoren sind sehr kinderfreundlich.

Ann-Sophie und Johannes legen einen guten Vorstieg hin, den die Erwachsenen gar nicht soooo einfach fanden, weil es keine Griffe, sondern nur das absolute Vertrauen in die Schuhe gab und das haben Kinder eher. Aber wir alle wissen theoretisch, die Schuhe halten bombig auf dem Gneis.

© Lisanne 2005

© Lisanne 2005

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Der Planet sticht nun gewaltig von oben, aber wir haben ja ein Schattenplätzchen ergattern können, denn so langsam füllen sich die Routen. Wir ziehen eine Etage höher und versuchen uns da noch an ein paar Routen, aber die Kindern wollen mittlerweile eher an den Badestrand, den sie nicht weit vom Campingplatz an der Maggia entdeckt haben. Und so tun wir Erwachsenen ihnen den Gefallen und verzichten wieder mal schweren Herzens auf die Mehrseillängen. Aber es wird mit den Kids ein Deal ausgehandelt, daß wir auch mal zu unserem Recht kommen.

Der Sandstrand ist wirklich klasse, aber die Maggia ist unmenschlich kalt. Lediglich Sabrina (das Kind steht auf saukalte Gewässer) und ich werfen uns in die Fluten. Der Rest verzichtet dankend.

Wenn man ne Weile drin ist geht es eigentlich und außerdem sehen die Felsen am anderen Ufer recht interessant zum Klettern aus. Die probieren wir vielleicht mal morgen aus.

© Lisanne 2005

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Der Tag geht dahin und der Abend naht. Schräg gegenüber hat sich eine jugendliche Truppe installiert, die den ganzen Abend die guten alten Lieder zur Gitarre liefert. Kein Krach sondern einfach gut gemacht. Kein lautes Radio, alles selfmade. So lieben wir das.

Im übrigen ist Piccolo Paradiso in fester Hand der Landkreise FN, RV, SIG, KN und FR. Fehlt nur noch, dass wir wieder irgendwelche Bekannte treffen, das wäre nicht das erste Mal.

Freitag, 20.05.05

Heute haben wir keine Lust zu klettern und haben uns das Kulturprogramm vorgenommen. Es steht Madonna del Sasso auf dem Programm. Die berühmte Wallfahrtskirche oberhalb von Locarno.

© Lisanne 2005

Die haben wir uns noch nie angeschaut. Man muß nur den Zufahrtsweg erst mal finden, denn das ist etwas dumm ausgeschildert. Da steht sie nun: Gelb mit weißen Säulen auf einem Felssporn. Wie auf den Fotos. Der Geschichte zufolge aufgrund einer Marienerscheinung 1.480 in Angriffe genommen. Es hätte auch einen schönen Kreuzweg von Locarno hochgegeben, aber den haben wir erst an der Kirche entdeckt. Nächstes Jahr.

Nun kommt die übliche Fotosession und die Kinder knipsen alles kurz und klein. Die Erwachsenen übrigens auch. In der Kirche sind viele selbst gemalte Bilder von dankbaren Wallfahrern und auf jedem ist einen kleine Geschichte zu sehen und zu lesen. Das ganze meist in italienisch und da kann man spielerisch noch ein paar Wörter lernen. Normalerweise sind ja Kirchen eher langweilig.

Auf die geplante Wanderung auf die Cimetta verzichten wir, weil es ist zu heiß und der Badestrand lockt wieder. Diesmal sind wir alle vollzählig am Wasser, aber nicht im Wasser. Eine Luftmatratze treibt ab und Johannes und ich opfern uns, um das Ding wieder einzufangen. Eine gute Gelegenheit, die Felsen auf der anderen Seite nun barfuß kletternd zu erklimmen. Im Abstieg ins Wasser weiß ich schon was kommt: Es wird mir die Füße auf dem glitschigen Stein weg hauen und ich kann mir wieder nicht aussuchen, mit welchem Körperteil ich bremse: Ellbogen, Rücken oder Popo. Johannes geht es ähnlich, aber der ist schneller wieder auf den Beinen wie ich.

Die Luftmatratze ist nun wieder eingefangen. Sabrina tobt nun allen Ernstes schon seit einiger Zeit in der zwar glasklaren, aber immer noch saukalten Maggia rum. Jetzt läuft sie langsam blau an und sollte trotz größten Protests mal raus gehen. Tut sie sogar. Sie hat jetzt Hunger, aber leider paniert sie das Käsebrot im Sand, so daß dieses sehr zu ihrem Ärger unbrauchbar wird. Zu meinem Ärger auch.

Der Abend ist lau, die Kinder freuen sich, daß sie lange aufbleiben dürfen. So gegen 22:00 wird es Zeit, die lieben Kleinen wieder zusammenzutrommeln. 2 finden sich relativ schnell. Für die anderen 2 haben die Erwachsenen aber noch eine kleine Kindersuchrunde auf dem Campingplatz hingelegt.

Anna und Ann-Sophie sind unauffindbar. Es stellt sich aber zum Glück heraus, daß sie nicht an die Maggia gegangen sind (hätte mich auch gewundert, denn das ist strikt verboten), sondern nur einem sterbenden Käfer auf dem Weg in die ewigen Jagdgründe zugesehen haben.

Gegen 23:00 kommt Tobias noch mit dem Motorad angedüst. Endlich haben wir den 4. Mann für unsere Mehrseillänge zusammen.

Samstag, 21.05.05

Heute muß es sein. Die Kinder sind darauf eingestimmt, sich in Torbeccio selbst zu beschäftigen. Das Umfeld kennen sie gut und daher sollte das kein Problem sein. Sie können bouldern und an der Maggia spielen. Das geht gut und außerdem sind ne Menge Familien mit Kindern da.

Die Route hat 3 Seillängen und ist nach langer Abstinenz genau das Richtige. Beate und ich sind sie schon mal geklettert. Gernot und ich steigen jeweils vor. Zu allererst folgt allerdings noch die genaue Einweisung über Standplätze, Seilkommandos usw. an meinen Gatten, der bislang nur Toprope geklettert ist. Wiederholung für alle kann nicht schaden.

Ich steige in meine Route ein und fühle mich mal auf dem Stück ohne Griffe nicht so ganz wohl. Tobias sichert so was zum ersten Mal und hält mich zu dicht, so daß ich fast aus der Route gezogen werden. Hoffentlich stellt sich das Wohlbefinden weiter oben ein. Ich weiß, die knifflige Stelle kommt in der 2. Seillänge. Irgendwie habe ich mich da schon mal drüber gewurschtelt. Aber ich finde die Griffe vom letzten Mal nicht mehr oder waren es ein paar hilfreiche Grasbüschel und Äste, die jetzt weg sind ???? Also bleibt mir nix anderes übrig, als die Wand mit den Schuppen zu gehen. Die ist 5- Mist! Ach, was ich hab schon ganz andere Strapazen in letzter Zeit durchgestanden und da wird mich so' ne Stelle doch nicht einschüchtern. Außerdem sehen die Schuppen ganz griffig und erreichbar aus. Tatsächlich: die Nerven stehen es gut durch und eigentlich bin ich das Ding ganz souverän rauf. Mein Gatte und Beate hätten es im Vorstieg nicht machen wollen. Es folgt Tobias im Nachstieg und mir werden die Arme etwas lang beim Sichern. An einer Stelle schmiert er kurz ab und ich hab nun die 100kg am Seil. Ich bin gut am Stand gesichert und das halt ich schon. Er flucht noch ein wenig und dann geht es weiter.

Nun die letzte Seillänge, die ist echt nicht schwer. Leider ist uns die Abseilpiste (die ist wirklich schön und wir haben ja Halbseile dabei) verwehrt. Der Ring ist permanent belegt und es wäre etwas unverschämt, den jetzt noch mit ner Abseilaktion zu blockieren. Also lassen wir es und gucken mal langsam wieder nach den Kids. Man kann dort über einen kurzen Steig schnell und gut absteigen.

Ganz ohne Blessuren ist das Spiel nicht abgegangen. Ann-Sophie ist beim Mauerbau aus den umliegenden Steinen ein ordentlicher solcher auf die Finger gefallen und die werden nun langsam dick und blau.

© Lisanne 2005

Aber sie hat die Hand schon im Bach gekühlt. Leider kann sie nicht mehr klettern, obwohl sie sich sooo auf einen weiteren Vorstieg gefreut hat. Nun haben wir alle genug und es geht wieder zum Baden.

Aber auch hier währt die Freude nicht lange, denn es ist nicht Ann-Sophie's Tag. Sie tritt am Strand in eine Biene und nun ist der Fuß auch nicht mehr zu gebrauchen. Es gibt Tage, da regnet es einfach.

Sonntag, 22.05.05

Nun regnet es in der Nacht aber wirklich ordentlich und der Wetterbericht verheißt für Montag und Dienstag nichts Gutes. Nachdem Ann-Sophie außer Gefecht ist und noch nicht mal den Weg bis zur Toilette mehr mit ihrem Bienenstich im Fuß laufen kann, beschließen alle die Abreise. Es bleibt zum Abbau noch Trocken, aber im Kofferraum und in der Dachbox ist es dann doch schön matschig und naß durch das nasse Zelt. Camperpech!

Das war dieses Jahr nur ein kurzer Aufenthalt im Tessin. Jammerschade, aber so weit haben wir es ja nicht dahin. Wenn es gut läuft nur 3,5 bis 4 Stunden.

Ich probiere mal eine neue Strecke über den Lukmanier aus, weil mir dieser Bernhardino langsam zum Hals raushängt. Grimsel, Susten, Furka sind ja leider noch zu. Dann wären die Kids noch zum Karusselfahren gekommen. Paßstraßen können die mittlerweile ganz gut ab. Wir fahren ab Biasca durch das Val di Blenio, was mir auch ganz gut gefällt. Da steht bergtechnisch auch noch so einiges rum.

Wir waren uns einig: Ticino ist immer eine Reise wert. Es sind auch wieder ein paar Brocken italienisch mehr dazugekommen.

 

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