Haute Route Light....Leid....leid ???


Wallis 27.04.-02.05.05


Nach unserem Abenteuer auf dem Rifugio Mantova waren wir nun recht vorsichtig mit dem Wetterbericht. Am Wochenende ereilte mich eine fette Erkältung und somit war ich ganz froh, dass sich der Abmarsch bis Mittwoch, 27.04.05 verzögerte. 

Mittwoch, 27.04.05
Eeeeennnnddddllliiiccchhhh!!!!!! Am Mittwoch morgen ging es mit einer problemlosen Fahrt ins Wallis los. Keine Staus etc., aber strömender Regen anstelle des überall prognostizierten Superwetters. Aber das wird schon bestimmt besser bis ins Wallis. Wurde es auch. Ab Martigny war kein Regen mehr, aber die Berge gut in Wolken verhangen. Na ja schaun wir mal. 

So sieht Grands Montets bei schönem Wetter aus

Um 15:00 trafen wir in Argentière ein und fuhren mit der Bahn rauf nach Grands Montets (3.275). Die 1. Und 2. Etappe unserer Tour. Oben pfiff ein ordentlicher Wind und eine dicke Nebelsuppe umgab uns. Oh nein, nicht schon wieder. Wir meisterten die vor uns liegende größte Schwierigkeit: eine 100m lange und rutschige Eisentreppe, die auf die Piste führte.

Da war die Sicht schon wieder gut, allerdings 400m unter dem Einstieg zur Argentière

Die Sicht war entsetzlich. Kaum 10m weit. Wie der Hügel aussah: Keine Ahnung. Wieder mal White Out. Rums.... aus dem Stand umgefallen, weil ich mir nicht ganz klar war, ob ich fahre oder stehe und überhaupt zieht der schwere Rucksack in alle möglichen Richtungen. Es war schnell klar, dass wir bei dem Blindflug auf keinen Fall auf den Rognons Gletscher zur Argentière Hütte abfahren, zumal am nächsten Tag eine schwierige Etappe über den Col du Chardonnet und Fenêtre de Saleina ins Val d'Arpette bevorstand, die bei schlechter Sicht nicht zu machen ist.

Also wieder runter über die Piste nach Argentière. Es war gar nicht so einfach, noch geeignete Schneeplacken zu finden und schlußendlich mit dem letzten schneebedecktem Grashalm noch zu Tal zu kommen. Abgeschnallt wird nicht, schließlich befand sich die Abfahrt noch in einem tadellosen Zustand.

Fazit: Erste und zweite Etappe erfolgreich abgebrochen. Das fängt gut an. Das wird doch wohl nicht etwa eine ernsthafte SAN Tour? 

Was tun: in Argentiere auf besseres Wetter warten? Nein, rein ins Auto und über Champex und Orsières nach Bourg St. Pierre zur nächsten Etappe. 


Donnerstag, 28.04.05


Bourg St. Pierre


Mit frischer Tatkraft ging es an den Mörderanstieg zur Valsorey Hütte (3.030m) mit 1.440 hm Aufstieg. Die ersten 2 Stunden trugen wir die Skier über die sonnigen Hänge des gleichnamigen Tals. 


Valsorey Tal

Der Rucksack mit Skiern war so schwer, dass man mir beim Auf - und Absetzen helfen mußte. Aber irgendwann kam Schnee in Sicht und endlich runter mit den Latten und auffellen. Der Aufstieg bis zur Alm Chalet d'Amant zog sich in netten Kehren hoch. Ein Blick auf den Höhenmesser zeigte kaum zurückgelegte Höhenmeter an. Noch nicht einmal die Hälfte rum. Nun wartete ein echtes Highlight auf mich: durch eine Schlucht über Stock aber vor allem viel Stein. Durch den Bach. Unterwegs ein paar mal eingebrochen, aber keine nassen Füße gekriegt. 


Die Schlucht sieht leider auf allen Bildern immer nicht dramatisch genug aus



Nett aber zeit- und kraftraubend war es. 

Die letzten 400 hm bis zur Valsorey bei 35° waren eine ziehmliche Viecherei. Gut, dass ich die Harscheisen schon beizeiten aufgezogen hatte. Der Hang steilte schön auf und so langsam war die Luft bei mir raus und es ging nur noch Schneckentempo. 



Puh, endlich geschafft. 


Die Valsorey Hütte ist -wie üblich - westalpenmäßig spartanisch eingerichtet - ohne Wasser, mit Klo vorm Haus (besser nicht hingucken). Tut mir leid, dass man ausgerechnet dort auf mich warten mußte. Es fand sich oben eine internationale Gruppe ein, bestehend aus: Österreichischen Helden der Berge, die am nächsten Tag den Grand Combin (der steht oberhalb der Hütte und ist eher schwierig) und noch zur Cabane de Chanrion über den Otemmagletscher weiter wollten, gut situierten Kanadiern, die zwar die Kohle für den Europabesuch hatten, aber mit Ausgaben für Getränke eher geizten (der Hüttenwirt soll ja auch in den 4 Monaten Saison nicht fett und reich werden) und auch zwei Franzosen. Die Stimmung war gut und das Sprachentraining auch, weniger der Schlaf im gut belegten und nicht gelüfteten Lager. 


Freitag, 29.04.05

Am nächsten Morgen allgemeiner Aufbruch, wobei wir zusahen, dass wir die letzten waren. Laß die anderen mal spuren, wenn es was zu spuren gibt. Es gab aber nichts zu spuren, denn der Hang war bockelhart und die Harscheisen waren wie am Vortag von großem Nutzen. 

Doch es kam, wie ich es mir am Abend schon gedacht hatte: Der Hang ist zu steil für mich. 600 hm bei über 40° bis zum Plateau du Couloir (unterm Grand Combin). 

Grand Combin und Aufstieg zum Plateau du Couloir

Da mußte ich passen, da komm ich nicht rauf mit Harscheisen. Soweit geht mein Vertrauen in die Haltekraft der Kanten (an meinen Skiern könnte man auch Zierleisten dazu sagen) und mein Können nun doch nicht. Die vor uns gestarteten Aspiranten quälten sich auch stundenlang da hoch. Nächste Etappe versaut.

Mein Begleiter hat's gelassen genommen. Gut, dass es seine 3. Haute Route war, jeder andere Tourenpartner hätte mich womöglich umgebracht, wofür ich vollstes Verständnis habe. 

Blick von der Valsorey zum Mont Blanc

Die Abfahrt von der Valsorey führt durch einen steilen, vereisten Hang mit Felsen durchsetzt (sah am Abend irgendwie harmloser aus). Besonders mutig war ich nicht, schließlich bin ich sowas noch nie gefahren, aber es ging dann ganz vernünftig. Der Rest bis zur Schlucht war die feinste Firnabfahrt.

Der Führer schreibt: Abfahrt von der Hütte ist nicht empfehlenswert: stimmt!! Die Schlucht haben wir nicht genommen, aber dann wurd's trotzdem noch fies, weil der nachfolgende Hang für meinen Geschmack allenfalls von Freerideartisten befahrbar war. Ein paar zogen dann auch lässig an uns vorbei. Hopp auf diesen Fels, hopp auf den nächsten. Nee da schnalle ich lieber die Skier ab und laufe zu Fuß. 

Die Skiartisten hatten dann auch an dem Hang ganze Arbeit geleistet und die einzige Rinne, die nach unten führte, in einen Eiskanal verwandelt. Mhh.... mit dem schweren Rucksack da runter?

Warum nicht mal eine Abseilübung, die hatten wir heute noch nicht. Über uns war ein schöner Felsklotz, der sich nahezu anbot. Irgendwie hatte ich es schon geahnt, denn ich hatte morgens schon meinen Gurt angelegt und auch nicht wieder ausgezogen. Ich weiß doch, wofür düstere Vorahnungen gut sind. Erst kam der Rucksack mit Skiern meines Begleiters dran, der dann auch brav 1,5m vor dem Valsoreybach liegen blieb. Darauf hab ich meinen draufhin aufgelassen. Wer weiß, ob der auch so brav gewesen wäre....? Ich hasse nasse Klamotten. 

Tja, Gurtträger sind klar im Vorteil, mein Begleiter besann sich auf traditionelle Werte und seilte im guten alten Dülfer (Eierklemme) ab. Back to the roots... 

Die Entscheidung, welche Seite des Baches am besten gangbar war, fiel nicht so leicht. Auf der rechten Seite: 2 Stunden Skier tragen, auf der linken Seite garantiert Naßschneelawinen und eine unübersichtliche Hanglage.

Versuchen wir es erst mal links. Es ging wieder abenteuerlich über Stock und Stein. Jedoch die Seite wurde nicht besser. 

Noch ein paar Strukturbrüche in den Hang gelegt und schnell weg, bevor der ganze Hang gekommen wäre. Nun weiß ich auch, wie sich "wumm" und Strukturbruch anhört. Also über die nächste Brücke und wieder 2 Stunden Skier runtertragen bei wärmsten Sonnenschein bis Bourg St. Pierre. 

So, das war dann also die nächste erfolglose Etappe. Die weiteren Hüttenwirte wollten uns dann nicht mehr und auf Verdacht steigt man besser nicht 4- 6 Stunden zur nächsten Hütte auf.

Aber flexibel wie wir sind, wollten wir doch noch nicht nach Hause, sondern noch was sehen und erleben.

Auf geht's von Bourg St. Piere ins Val d'Herens (Arolla). Wir fanden auch ne nette Pension.

Samstag, 30.04.05

Dann schauen wir uns am nächsten Tag mal die Gegend um Arolla an. Das sieht auch nicht uninteressant aus. Das ist nun wirklich kein mondäner Skiort, sondern ein niedliches verschlafenes Bergnest umgeben von Gletschern Wir entschlossen uns zu einer Tour zum Pas du Chèvres Richtung Cabanne de Dix. Die Hütte war "complet", deshalb sind wir auch nicht hin, aber die Firnabfahrt sah äußerst vielversprechend aus und war es dann auch. Hier waren dann schon ganze Heerscharen unterwegs, die sich gegenseitig in atemberaubendem Tempo bergan überholten. Muß ich nicht mithalten können. 

Die Etappe Cabanne de Dix /Cabanne des Vignettes werden wir uns als Kurzetappe für das nächste Jahr aufheben. Vor allem die Leitern nach dem Pas du Chèvres sehen interessant aus. 



Cabane des Dix (sorry Hartmut, ich war nicht da, brauchte aber ein Foto und auf Eure Bilder ist Verlaß)



Cabane des Vignettes 


Egal, das muß man alles nicht so ehrgeizig sehen. Nun ging es weiter nach Chamonix, wo wir schon ein Zimmer reserviert hatten. Der Mont Blanc, obwohl heißersehnt, war mir mit Ski zu haarig; aber der steht ja auch im Sommer noch da. Erst mal abends gescheit durch Chamonix gebummelt und überlegt, was tun. Der Wetterbericht versprach einen stabile Lage bis Dienstag. Paßt, wozu auch immer.

Sonntag, 01.05.05

Beschlußfassung: Rauf zur Aiguille du Midi (3.800) mit der Seilbahn, Übernachtung auf der Cosmiques Hütte und Abfahrt am nächsten Tag durch das Mer de Glace. Der Klassiker muß einfach sein. Schließlich war ich noch nie in der Gegend. 

Die Auffahrt mit der Seilbahn ist heftig und man steigt ziehmlich benommen aus. Am gescheitesten bleibt man erst mal eine halbe Stunde irgendwo sitzen und beruhigt sich wieder. Aber ich will ja schließlich die ultimative Fotosession, die jeder Tourist in Chamonix macht. 


Rundblick von der Aiguille du Midi



Tiefblicke von der Aiguille du Midi 



Seine Majestät: der Mont Blanc (4.810m)

Um zur Cosmiques zu kommen, muß man wieder mal die Skier auf den Rücken nehmen und die Himmelsleiter runter zur Abfahrt nehmen. 


Abstieg von der Aiguille du Midi


Blick zurück auf die Aiguille du Midi (3.842m)

Es hatte nett aufgefirnt. Also beste Verhältnisse. 3.613 m ist bisher die höchste Schlafhöhe für mich. Mal sehen, wie mir das bekommt. 


Réfuge Cosmiques (3.613)


Den Rest des Nachmittages haben wir dann auf der Terrasse der Hütte in der Sonne verbracht und die Mont Blanc Besteiger aus allen Richtungen beguckt. Das war wie Kino. 

Von der Terrasse der Cosmiques: Mont Blanc du Tacul. Im Hintergrund Mont Maudit



Die Gegend erschlägt einen einfach mit ihren monumentalen Dimensionen. Das kann man einfach nicht mit den Ostalpen vergleichen. Tat mir schon leid, dass ich nicht oben war. Genauso blöd habe ich mich das letzte Mal irgendwann 2003 gegenüber dem Piz Palü gefühlt. Aber schließlich habe ich den ja auch gepackt.



Montag, 02.05.05

Die Nacht war nicht besonders gut, aber das lag wohl eher am allgemeine Gerummel um 01:00 und 05:00, als die wahren Helden der Berge zu großen Taten in Richtung Mont Blanc und Gott weiß wohin aufbrachen. Ansonsten waren 3.600 als Schlafhöhe nicht allzu dramatisch, dass kann man mit der Capana Margharita (auch Kopfwehbüchse genannt) noch toppen. 

Für uns folgten als Krönung 4 Stunden Gletscherabfahrt nach Chamonix über das Mer de Glace in Begleitung zweier Tessiner, die sich die Fahrt allein nicht zutrauten. 


Blick über das Mer de Glace Richtung Aosta



Im oberen Bereich, war die Strecke noch bockelhart und meine Skier flogen des öfteren von den Füßen, wenn ich in einer Kurve hängengeblieben bin. Der Schieneneffekt von Fahrspuren des Vortags ist auch immer wieder ein Genuß. Besser die Bindung fester stellen. Die Eisbrüche waren gut zu durchfahren und die Hänge nicht steiler als 35°. 




Also ein durchaus brauchbares Gelände für mich. Jeder hat nur eine Spalte getroffen, die allerdings eher harmlos waren. Abfahren am Seil war nicht erforderlich. Tja, nun löste die Bindung nicht mehr aus und ich hab mir noch ordentlich den Fuß verdreht, konnte aber noch weiterfahren. Ich kann ja nicht schon wieder nen Heli nehmen.




Das letzte Stück Gletscher bis Montenvers mußten wir zu Fuß zurückliegen und dann folgte der anstrengendste Teil des Tages: Der Aufstieg vom Gletscher über die Treppen bis zur Seilbahn zum Bahnhof Montenvers rauf. Von der Terrasse der Bahnstation hatte man noch einmal eine grandiose Sicht auf alle Hügel mit Rang und Namen: Dent du Géant, Grandes Jorasses, Dru (vorerst mal keine Projekte für mich) Ab Montenvers fährt man mit der Bimmelbahn wieder gemütlich und panoramareich nach Chamonix. 

Diesmal waren wir früh am abend wieder in Frickingen. Mein Gatte hatte das Essen gerichtet (echter Service des Hauses) und so blieb noch genügend Zeit für die Reiseberichterstattung, die wie immer keine Sau in der Familie interessierte. 

Trotz allem: Es hat sich absolut gelohnt. Nun weiß ich, wie die Gegend aussieht und nächstes Jahr wird mit Westalpentraining im März angefangen. Es empfiehlt sich, Teiletappen (und davon gibt es reichlich) anzugehen. Dann wird das schon. Nein das Leid hielt sich in Grenzen und leid bin ich die Gegend noch lange nicht. Im Gegenteil jetzt erst recht.!!!

Eigentlich wollten wir keinen Tourenbericht schreiben, sondern uns dezent mit dem Satz: "Waren Baden am Mittelmeer " zurückmelden, aber man muß auch zu seinen Niederlagen stehen. Da kommen bestimmt noch einige hinzu. 


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