Um
1:45 Uhr wird vom Hüttenwirt geweckt (wenns Wetter gut ist) der Frühstückstisch
ist gedeckt, ca 20 Bergsteiger, meist 2er oder 3er Seilschaften machen
sich bereit, um 2:15 geht’s dann mit eingeschaltener Stirnlampe gassi. |
Hinunter zum Gletscher noch weit verstreut, kommen dann irgendwie nach einer halben Stunde alle Glühwürmchen fast gleichzeitig an den Steilaufschwung wo der Trampelpfad hinauf zum Gaagg beginnt, zusammen. Nach einigen Überholmanövern bildet sich ein Lindwurm mit einem Schweizer Bergführer an der Spitze, der in wahnwitzigem Tempo im Zickzack nach oben zieht.
Der
Schweiß rinnt in Strömen, aber keiner will abreißen lassen und dann den Weg
in der Dunkelheit selbst suchen. Schon nach nicht mal 2 Std sind wir am
Gletscher auf ca 3160m angekommen und da nun die Steigeisen angezogen werden müssen,
gibt’s zum Glück eine erste kurze Pause. Angeseilt geht’s dann eine weitere
Stunde über den Gletscher bis zum Bergschrund auf der Südseite des Schreckhorn
bei ca 3500 m. Der Schrund lässt sich gut überwinden, jedoch ist das Seil
dabei sehr angenehm. Die meisten Bergsteiger gehen nun zum Südwestgrat (
Normalweg) einige sind schon am Gaagg Richtung Lauteraarhorn abgebogen, außer
uns steigt noch eine 2. Seilschaft mit am Südpfeiler ein.
Inzwischen ist es kurz vor 6 Uhr und hell, wir lesen nochmal kurz die
Routenbeschreibung und klettern dann los. Die ersten 3 SL sind leicht, es hat
aber noch einigen Neuschnee und stellenweise auch noch Eis. Die andere
Seilschaft hat sich etwas zu weit in das nun beginnende Couloir begeben und
dreht nun um. Somit klettern wir allein weiter und ich muss in der nächsten SL
mittendrin die Steigeisen anziehen und mit einer Eisschraube sichern, weil der
Fels noch so vereist ist. Weiter oben sieht es aber besser aus, und wir hoffen
dass nun bald die Sonne rauskommt und den Fels trocknet. Die Schwierigkeiten
bleiben anhaltend hoch, und wir haben alle Mühe in den Bollerstiefel
die Kletterstellen zu bewältigen.
Seit der 3. SL klettern wir mit dem Doppelseil und erfahren gleich dass diese
Sicherheitsreserve bitter notwendig ist, denn durch einen Steinschlag durch
Seilzug ausgelöst wird ein Strang zur Hälfte durchtrennt. Aber der Fels wird
nun fester aber auch steiler und wir können nun die Kletterschuhe anziehen,
dadurch wird der Rucksack zwar wieder schwerer, aber in den Stiefeln wären wir
die nun folgenden V er Stellen nicht hochgekommen. Die Beschreibung der Route
und die Schwierigkeiten der Kletterstellen stimmen aber nun irgendwie
nicht mehr überein, es müssten nun auch die einzigen Sicherungshaken kommen,
wir finden aber keine. Es geht SL um SL in anhaltenden Schwierigkeiten weiter
und die Zeit verfliegt wie im Flug.
Noch mal bringt uns Steinschlag in Schwierigkeiten Eddi wird am Ellbogen
getroffen zum Glück kann er aber weiter klettern.
Die
angegebenen 6 Std sind schon vorbei aber bis zum Gipfel ist es noch weit. Wir
sind nach unserem Gefühl recht flott unterwegs, klettern immer im Überschlag,
höchsten beim Standplatzbau oder beim Legen von Zwischensicherungen könnte man
noch etwas schneller sein. Weit oben, die Aussicht ist nun gigantisch, wartet
noch ein langer Riss, der uns noch mal alles abverlangt, bis wir dann auf dem südlichen
Vorgipfel ein kurzes Stück hinunter in eine Scharte müssen und dann am langen
Seil gleichzeitig die letzten 100 Meter zum Gipfel gehen. Nach 10 Stunden
klettern, mit nur 2 kurzen Trinkpausen sind wir um 16:00 Uhr endlich oben am
Gipfel des 4078 m hohen Schreckhorns.
Die Zweifel warum wir so lange gebraucht haben erklären sich beim Nachlesen der
Beschreibung, wir sind spätestens nach der 4. SL vom geplanten Südpfeiler ( 6
Std V-) in die „direkte Südwand“ geraten die im Führer mit deutlich
schwieriger ( V+) und mit den 10 Std die wir auch unterwegs waren, beschrieben
ist. Wir freuen uns über die für uns beide längste und anspruchvollste
Klettertour die wir je gemacht haben und nehmen uns nun vor, ganz vorsichtig und
hoch konzentriert den Abstieg über den „Normalweg“, der immerhin mit III+
einer der schwersten Normalwege auf einen 4000 er ist, anzugehen. Es sind hier
ca alle 30 m Abseilstellen eingerichtet, da man beim Abseilen am Seil gesichert
ist nehmen wir die Sicherungen gerne an, auch wenn wir dafür natürlich viel
mehr Zeit brauchen als beim abklettern. Leider verfängt sich das Seil auch noch
2 mal beim Abziehen und einmal geraten wir auch zu weit hinüber in „unsere“
Südwand, so sind wir nochmals über 4 Std unterwegs bis wir im Einstiegscouloir
oberhalb des Bergschrunds ankommen. Es sind nun noch ca 50 HM in 40° steilen
weichen Firn abzusteigen bevor es kurz oberhalb des Bergschrunds noch mal kurz
auf den Fels hinüber geht. Bisher war das Wetter bestens, aber nun zieht doch
noch ein Gewitter auf, außerdem haben wir auch nicht mehr lange Tageslicht.
Also nichts wie hinunter, bis kurz vor dem Übergang in den Fels ging alles
bestens, dann kam aber
eine Blankeis Stelle und ich rutsche aus, kann mich aber nach einigen
Meter wieder fangen. Außer einigen Abschürfungen an der rechten Hand ist zum
Glück nichts passiert.
Also Steigeisen anziehen, wir brauchen sie ja sowieso gleich wenn‘s wieder über
den Gletscher geht.
Nun kommt noch der Bergschrund, der ist nicht mehr ganz so einfach wie am
Morgen zu überwinden, weil der Schnee jetzt viel weicher ist, wir sacken zwar
beide nacheinander bis zum Bauch ein aber bis auf eine Triangel die ich mit den
Steigeisen in meine Hose reiße geht alles gut. Nun endlich nach 15 Std in der
Vertikalen, wieder auf eher horizontalem Terain
kommt aber doch ein mächtiges Gewitter, erst mal alles Eisen ablegen und
das Gewitter abwarten?? Die Zeit drängt, wir wollen noch bei etwas Tageslicht
den Beginn des Trampelpfads vom Gaagg hinunter finden, deshalb doch gleich
weiter gehen im heftigen Graupelschauer in
der noch guten Spur über den Gletscher zurück. An 2 größeren Spalten
wird noch mal mit dem Pikel gesichert und um 22:30 Uhr haben wir wieder festen
Boden unter den Füssen. Steigeisen ausziehen einen Bissen essen, mehr geht
irgendwie nicht, den letzten Schluck aus der Trinkfalsche (eineinhalb Liter)
und nun den Weg, den wir schon im Dunkeln hochkamen wieder im Dunkeln
hinunter finden. Es kommen uns 2 Lichter entgegen, ob wir wohl schon vermisst
werden?
Nein es sind 2 junge Burschen die hier biwakieren, damit sie morgen schneller am Einstieg (zum Südpfeiler) sind. Immer wieder kommen wir vom Weg ab, und es gilt dann gleich zurück zu gehen bis man wieder sicher auf den Weg ist. Meine Lampe ist nicht mehr sonderlich hell, deshalb hat Eddi die schwere Aufgabe den Weg zu finden. Wir brauchen runter deutlich mehr Zeit als am Morgen hoch, aber es ist wichtig auf dem Weg zu bleiben weil daneben teilweise Absturzgelände ist. Auch diesen Abschnitt haben wir gut gemeistert, bei zum Glück nun vorbeigezogenem Gewitter aber mit beeindruckendem Wetterleuchten geht es nun noch 1 Std über den mit Geröll übersäten und weglosen Gletscher zurück zur Moräne auf der die Schreckhornhütte steht. Ganz unerwartet wird dies nun noch der schwerste Teil der Tour vor allem an der richtigen Stelle übers Geröll die Moräne hochzuklettern und die Hütte zu finden. Nach einiger Sucherei ( trotz GPS) hat dann einer in der Hütte zur genau richtigen Zeit Blasendrang und schaltet ein Licht ein, somit entgehen wir doch noch dem schon befürchteten Biwak und sind total Erschöpft nach gut 22 Std wieder zurück.
Links
der Südwestgrat (Normalweg) etwa in
der Bildmitte direkte Südwand und rechts daneben der Südpfeiler.
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