Hochtourenkurs für Fortgeschrittene 28.07. - 05.08.2007


Kursleiter: Alexander Kempf (FÜL Hochtouren)

Kursteilnehmer: Daniel Bing
Trixi Erckert
Alexandra Müller
Urs Roth
Alexander von Stockhausen
Christoph Stumpp

Die sieben Musketiere: Einer für alle – alle für einen!!!

Es begab sich so, dass sich die sieben Musketiere eines Tages ganz zufällig (nach ordnungsgemäßer Internetausschreibung- und Anmeldung bei der SAN) im Hotel Steingletscher am Sustenpass trafen.

Nachdem das Obermusketier (Kursleiter) den Untermusketieren (Kursteilnehmern) gezeigt hatte, wie man Standplätze baut und Zwischensicherungen legt, begab man sich in den Klettergarten nahe des Hotels. Man kletterte und kletterte, im Vorstieg und im Nachstieg, bei mehreren Seillängen sogar im Überschlag bis am Gipfel plötzlich und unerwartet (sofern man die dunklen Wolken und den Wind zuvor ignoriert hatte) ein Unwetter hereinbrach. So begab es sich, dass das Obermusketier den Untermusketieren nun auch noch das Notabseilen beibrachte. Alle sechs Untermusketiere trotzten dem Unwetter und folgten heroisch den Anweisungen des Obermusketiers (einer für alle – alle für einen!!!) und fanden sich so nach geraumer Zeit (ca. 5 Minuten nach Einbruch des Unwetters) unversehrt am Felsfuß wieder.




Daraufhin beschloss das Obermusketier – beeindruckt von der Nervenstärke der Untermusketiere -, die Nerven dieser mittels theoretischer Einheiten endgültig auf die Probe zu stellen. Inwieweit dieses Vorgehen mit der Menschenrechtskonvention vereinbar ist, ist streitig (juristische Gutachten zu Kompass, Planzeiger, Marschzahlen, Knotenkunde und Trockenübungen in Spaltenbergung werden derzeit gefertigt). Jedoch trotzten die sechs Untermusketiere auch diesen Grausamkeiten.

Beeindruckt von der mentalen Stärke seiner Untermusketiere beschloss das Obermusketier nun diese zu belohnen. Man begab sich in den Spaltenbruch des Steingletschers, wo die tollkühne Truppe Spalten überquerte, in denen man ganze Hochhäuser, ja sogar Wolkenkratzer hätte versenken können (unter Eingeborenen auch als „little khumbu“ bekannt), und man übte sich in der bis dahin nur verschwommen vorhandenen Kunst der Steigeisenvertikalzackentechnik. Nachdem das Obermusketier die sechs Untermusketiere so wieder aufgepeppelt hatte, wagte man sich beim nächsten Sonnenaufgang an die Besteigung des Sustenhorns (3.503 m).












Diese in der einschlägigen Literatur mit F+ bis PD- bewertete Heldentat (die aufgrund nicht nachvollziehbarer Erwägungen nicht dauerhaft in die SAN-Heldentatenliste aufgenommen wurde) vollzog sich im Laufe eines ganzen Tages. Die sieben Musketiere kämpften gegen Hunger und Durst (wenn man vom gemütlichen Aufenthalt auf der Tierberglihütte mal absieht) und gegen die unerbittlich brennende Sonne (wenn man die vorhandenen Cremes mit einem Lichtschutzfaktor bis (gerüchteweise) 50 ebenfalls außer Acht lässt). Sie kämpften sich erschöpft von 1.500 hm Anstieg (dies soll in Einzelfällen tatsächlich so gewesen sein) die zuletzt bis zu 40° steilen Hänge hinauf – um am Gipfelkreuz festzustellen, dass dieser unwirtliche Platz aufgrund des dort herrschenden starken Windes und der niedrigen Temperaturen zum Pausieren nicht geeignet war. So trug man sich nur ins Gipfelbuch ein und trat sogleich in Siegesstimmung den Rückzug ins rettende Tal an. Nach geraumer Zeit fand man sich – nach nur zwei Spalteneinbrüchen – heile und unversehrt am Hotel wieder. Man feierte bis tief in die Nacht.
















Am nächsten Tag übte man sich erneut in Spaltenbergung. Man stieg gesichert am gleitenden Seil zu einer der hochhaustiefen Spalten im Gletscherbruch auf, stürzte sich in diese und ließ sich von den anderen Musketieren mittels loser Rolle retten.













Anschließend wies das Obermusketier die Untermusketiere in die Kunst der Spaltenselbstrettung ein, was natürlich keine Kritik an der zuvor geübten Mannschaftsrettung sein, sondern nur eine zusätzliche Rettungsmöglichkeit eröffnen sollte. Nachdem diese Übung von allen Untermusketieren mehr oder weniger erfolgreich (insbesondere der Ausstieg mittels Gardaklemme) absolviert wurde, ging man zum „spaßigen“ Teil des Tages, dem Eisklettern über. Man seile sich in eine überhängende Spalte ab und klettere diese mittels Frontalzacken und mit zwei Eisgeräten bewaffnet wieder herauf.












Hierbei soll es – so erzählen die Menschen noch heute – unter den Musketieren zu den ersten realen Fällen der Spaltenbergung gekommen sein, nachdem das Obermusketier zwei der Untermusketiere überredet hatte, sich in die am stärksten überhängende Spalte abzuseilen und das Aufklettern auf halber Höhe unter Fluchen in Erschöpfungszuständen endete.

MERKSATZ des heutigen Tages: SEILE NIE IN EINE SPALTE AB, AUS DER DU NICHT SELBER WIEDER HERAUSKLETTERN KANNST oder VERSAUE ES DIR NICHT MIT DEN ANDEREN MUSKETIEREN! EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN!!!

Erschöpft kehrten die Musketiere an diesem Abend in ihr Hotel zurück.



Am nächsten Tag – so die Sage – kam wieder die sadistische Neigung des Obermusketiers durch. Und es folterte die Untermusketiere erneut mit Theorie. Knotenkunde, Trockenübungen in Spaltenbergung, Orientierung, Karten zeichnen, Materialkunde, etc. (weiter Einzelheiten sollen hier zum Schutz minderjähriger Leser unerwähnt bleiben).







Am Folgetag übte man sich im steilen Firn. Man baute T-Anker, seilte an der SIGG-Flasche ab und praktizierte die Spaltenbergung bis zum Erbrechen (der Leser entschuldige bitte diesen Ausdruck, aber die Untermusketiere waren mittlerweile in der Lage zu jeder Tages- und Nachtzeit auf Kommando zu erbrechen).







Gekrönt wurde dieser Tag von Rutsch- und Bremsübungen. Die Untermusketiere stürzten sich auf Kommando des Obermusketiers wie die Lemminge reihum in allen Lagen (rückwärts, vorwärts und kopfüber) den Hang hinunter, um dann in spektakulären Aktionen wieder zu bremsen (oder dies zu versuchen).







Weil das Untermusketier an sich unendlich wiss- und lernbegierig ist, wurde natürlich auch in den Kurspausen konsequent geübt: Abfahren auf Schuhsohlen im steilen Firn. Laut DAV-Lernplan nicht vom Kursprogramm erfasst, weil sehr unfallgeneigt, insbesondere in der Seilschaft – aber total geil und zeitsparendJ.






Mittlerweile war viel Zeit ins Land gestrichen und mit der aufgehenden Sonne des nächsten Tages stürzten sich die sieben Musketiere in ihr letztes großes Abenteuer dieses Kurses. Es galt das Gwächtenhorn (3.420 m) zu besteigen. Weil der Normalweg zur Tierberglihütte mittlerweile den gleichen Brechreiz wie Spaltenbergungsübungen hervorzubringen drohte, entschied man sich tollkühn den Hüttenaufstieg über den Klettersteig (KS 2/3) vorzunehmen. Heroisch hangelte man sich an den Drahtseilen entlang zur rettenden Hütte.




Todesmütig trat man von dort aus den mit AD- bewerteten Weiterweg an. Nun galt es ein unübersichtliches - aufgrund des Neuschnees auch nicht unbedingt sichtbares - Spaltengewirr zu überwinden. Vom Enthusiasmus beflügelt erreichten die Musketiere schnell und unfallfrei einen ca. 50° steilen Firnhang, der in gerader Linie zum Westgrat aufwärts führte.











Das Obermusketier ermutigte das Vorstiegsuntermusketier in bekannt „einfühlsamer“ Weise mit dem Hinweis, es stünde mitten auf einer Spalte, auch diesen Anstieg möglichst zügig (und vor allem ohne zu zaudern) vorzunehmen und so erreichte man den rettenden Felsgrat. Jippie, brüchiger Fels (I, II und eine Stelle III)!!! Über diesen ging es weiter in Richtung Gipfel.










Am Grat galt die Devise: Vertraue auf nichts, was kein Musketier ist. Klartext: Das Ding war so brüchig, das man sich selbst an mannsgroßen Felsbrocken nicht guten Gewissens festhalten durfte. Diese Tatsache hätte die mutigen Musketiere dann auch fast um zwei Musketiere reduziert (aber nur fast, denn die Musketiere hatten brav die zuvor erlernten Sicherungstechniken angewandt, was die Erklimmung des Felsgrates allerdings arg in die Länge zog – einer für alle, alle für einen !!!). Nach vielen, vielen Stunden, eingeklemmten Seilen, herausgefallenen Sicherungen und verlorenem Material trafen die aufgrund des kontinuierlich niedrigen Geh bis Stehtempos konditionell mittlerweile wieder erstarkten Musketiere auf dem Gipfel ein.










Man fiel sich in die Arme, aß und trank und freute sich des Lebens (und verrichtete die Notdurft). Nun stieg man zügig über den Normalweg zur Hütte und dann ins rettende Tal ab. Zurück im Hotel feierten die Musketiere (diesmal mit Käsefondue) wiederum bis tief in die Nacht. Und wenn der Kurs nicht mittlerweile zu Ende ist, feiern sie wahrscheinlich noch heute … oder sie gehen bergsteigen. Man munkelt, manchmal seien sie bei dieser Tätigkeit tatsächlich anzutreffen.

Vielen Dank im Namen des ganzen Kurses an den Kursleiter Alex, der sich fürsorglich um uns gekümmert und uns wirklich viel beigebracht hat (so schlimm war das mit der Theorie und den vielen Spaltenbergungsübungen in Wirklichkeit übrigens gar nicht, und der Alex ist auch kein Sadist).

Text : Mali, Bilder : Alex

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