Hocheiser - 16.07.2006


Nachdem wir die Woche vorher gemeinsam bei strömendem Regen auf die Schärtenspitze gegangen sind - nur damit der Kuchen auf der Blaueishütte auch verdient ist -, sollte es nun endlich eine Hochtour sein.

Und wer Yak kennt, der weiß, dass er eigentlich nur Tagestouren mag. Aber er hat da auch schon eine Idee: der Hocheiser soll es sein, schließlich gibt es da bei Kaprun einen Bus, der einen zu den Gletscherseen auf 2.000m Höhe bringt, und dann sind nur noch 1.200 Höhenmeter zu bewältigen.

Wir treffen uns also zu sehr humaner Zeit um 7h in Saalfelden, lassen ein Auto stehen und erreichen gemütlich um kurz nach halb acht das unsägliche Parkhaus oberhalb der Kapruner Gletscherbahnen.

Zum Glück hab ich schon im Internet recherchiert und weiß, dass der Bus 16,50 € kosten soll... wir wären auch nicht auf die Idee gekommen, nachzufragen, vor uns in der Schlange tut's aber einer, und so zahlen wir als Alpenvereinsmitglieder "nur" 14,90 €.

Um 8h geht's also los mit dem ersten Bus, der im ersten Streckenabschnitt fast nur durch einen einspurigen Tunnel fährt, es ist stockduster, für uns in der letzten Reihe scheint es so, als ob der Fahrer ordentlich Gas gibt. Nicht drüber nachdenken und auch nicht wundern über die Bagger und sonstigen Gerätschaften, die in einigen Buchten und Seitentunnels geparkt sind.

Wir verlassen den Tunnel und erreichen einen Parkplatz, jetzt geht es weiter mit dem Schrägaufzug. Das ist eine Art Plattform, die an zwei Drahtseilen schräg den Berghang hinaufgezogen wird. Auf die Idee muss man erstmal kommen...
Aber der Busfahrer lässt uns nicht aussteigen? Der Aufzug kommt, eine Schranke geht hoch und der Bus fährt auf den Aufzug. Aber nicht ganz, wir in der letzten Reihe ragen noch ein ganzes Stück über den Aufzug hinaus... und über uns stehen nicht nur Büsche im Weg, sondern auch Mauern. Der wird doch nicht...? Doch, der Aufzug setzt sich in Bewegung, und offensichtlich ist die ganze Sache millimetergenau ausgemessen. Ich bin froh, dass wir auf der Bergseite sitzen und nicht auch noch nach unten schauen dürfen.

Sehr seltsam das alles hier, und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass das Unglück mit der Standseilbahn wohl nicht von ungefähr hier in Kaprun passiert ist. Wo den Bergen mit soviel Technik zuleibe gerückt wird...

Oben geht es weiter, der Bus fährt wieder durch ein paar Tunnels und schlängelt sich dann die Serpentinen hoch, bis wir endlich am Stausee ankommen.

Der Busfahrer wünscht allen Bergsteigern, die zum Großen Wiesbachhorn wollen, viel Spaß, vom Hocheiser wird nicht gesprochen. Komischerweise rennen aber alle Bergsteiger aus dem Bus dorthin.

Erstmal frühstücken und den Magen beruhigen. Ich bin froh, dass Yak immer ausreichend Cola dabei hat ;-)

Außer uns sind eine Zweiergruppe, eine Dreiergruppe mit Firngleitern und ein Alleingänger unterwegs. Wir machen uns nach unserem Kurzfrühstück als letzte um 9h15 auf den Weg - die Fahrt nach oben hat eine gute Stunde gedauert.

Ein wunderschöner Wanderweg führt zum Kleinen Grießkogel (2.669m), die Wegweiser geben 90 min. an. Aber Yak jammert recht, hat Halsschmerzen, ist nicht fit und erzählt was von 250 Höhenmetern Geschwindigkeit, die er heute höchstens schafft. Tut er auch, aber in den ersten 30 min. So schlimm kann es also nicht sein.

Wir wundern uns nur, dass der Hocheiser mit 5 Std. angegeben wird, das erscheint uns doch recht übertrieben, bestimmt um die Touristen abzuschrecken, zumal es vom Kleinen Grießkogel ja nur noch 550 Höhenmeter sind...
Der ist kein wirklicher Gipfel, man erahnt nur, dass man ihn erreicht hat, weil hier die Markierungen enden. Ab und an sieht man noch einen Steinmann, aber da es jetzt nur noch über Blockwerk geht, sind die nicht wirklich leicht zu erkennen.

© Yak 2006
Vor uns der Große Grieskogel, den es auf dem Weg zum Hocheiser zu überwinden gilt

© Yak 2006
Erste Schneeberühung noch vor dem Großen Grieskogel

Inzwischen reißen die Wolken wenigstens ab und an mal auf und wir können endlich ein wenig von der Umgebung erkennen.

© Yak 2006
Links der Bildmitte im Hintergrund der Kaindlgrat, Yak faselt irgendwas von einem der schönsten Firngrate der Ostalpen...???

Bald nach dem Kleinen Grießkogel kommt ein großes Firnfeld, die drei mit den Firngleitern steigen da durch, aber da die anderen links davon fast gleichschnell vorwärts kommen, entscheiden auch wir uns für den Normalweg. Das übliche Blockgekraxel, das in dieser Höhe halt so vorkommt, ein kleiner Gendarm ist zu umgehen und kurz vor 13h sind wir auf dem Großen Grießkogel (3.066m). Von hier aus haben wir auch unser Ziel gut im Blick.

© Yak 2006
Kurz vorm Gipfel des Großen Grieskogel kommt unser Ziel in Sicht: der Hocheiser

Erstmal wieder 50 Höhenmeter durch weitere Blöcke absteigen bis wir den Gletscher erreichen. Und dann, das sieht ja auch ganz easy aus bis zu dieser Kante. Die anderen gehen alle ohne Seil, und auch der Alleingänger, der uns im Bus noch zweifelnd nach Spalten gefragt hat (Yak verweist natürlich auf die Kompass-Karte, da sind keine eingezeichnet...), hat sich entschlossen, weiterzugehen.
Und der Gipfelgrat? Geht aber steil da rechts runter, oder? Und der Hang ist ja auch blank in der Mitte... Nicht sehr hochtourenerfahren regt sich ein bisschen das - wie Climby so charmant sagen würde - Weichei in mir, aber Schmarrn, gar nicht drauf hören, Yak hat sicher recht, es ist viel weniger steil als es aussieht. Und ich kann schließlich meine Füße voreinander setzen, ist ja nicht der erste Berg auf den ich gehe, außerdem ist mir Schnee das liebste aller Elemente...

Wir rechnen damit, dass wir noch eine Stunde zum Gipfel brauchen, das wäre dann genau zum Umkehrzeitpunkt, denn wir wollen ja wieder mit dem Bus runterfahren. Und der letzte geht SAN-unfreundlich um 16h45...
Also los, wir machen natürlich keine halben Sachen und gehen brav am Seil, Yak spurt trotz Halsschmerzen, das Tempo ist so für mich sehr angenehm.

© Yak 2006
Blick auf die wunderhübsche Staumauer und den niedrigen Wasserstand im Stausee

Der Hang am Gipfelgrat ist natürlich wirklich nicht so steil, aber gut, einen Abgang möchte man da trotzdem nicht machen. Trotzdem alles wunderbarer Firn, gut zu gehen, sogar Yak bricht selten ein. Nur die Spur am Rand der Wächte legen wir etwas tiefer, vor allem im ersten Teil scheint das angebracht, man sieht auch eine nette Abrisskante, durch die man fast durchschauen kann...

© Yak 2006
Die Gipfelwächte...

© Yak 2006
... zumindest im oberen Teil nicht sehr überhängend und ohne Abgrund

Tatsächlich sind wir um 14h am Gipfel, schnell ein Eintrag ins Gipfelbuch, ein paar Stücke Schokolade und schnell ein paar Fotos. Die 5 Stunden haben wir tatsächlich gebraucht, allerdings waren die anderen alle etwa 1 Std. schneller als wir, ohne Halsschmerzen ist da sicherlich noch was drin.

© Yak 2006
Großes Gletscherschmelzen...

© Yak 2006
Auch vom Gipfel sieht der Kaindlgrat nicht besser aus...

© Yak 2006
Diesmal sieht man ihn wirklich nicht, den Großvenediger, nur den Großglockner

Und dann schnell wieder runter, denn nun drängt die Zeit schon etwas.
Der Abstieg über den Gletscher dauert aber schon ein wenig, und dann ist da ja noch der Gegenanstieg zum Großen Grießkogel und das Blockwerk, in dem man auch nicht wirklich rennen kann.

Im Abstieg nehmen wir dann die Schneefelder soweit möglich, und der Schnee ist weiter unten zum Glück auch ziemlich fest, so dass der Abstieg wirklich angenehm ist.
Den Kleinen Grießkogel umgehen wir und ab dem Zeitpunkt wo wir den Weg erreichen, geht es im Galopp weiter.

So schaffen wir noch den vorletzten Bus, und kommen sogar in den Genuss echten Heldenfeelings - die Touristen staunen schon mächtig über unsere Pickel und Steigeisen ;-)
Und diesmal dürfen wir auch aussteigen und im Schrägaufzug die frische Luft genießen.

Es dauert ewig, bis wir endlich unten sind, aber noch zwei Stunden Abstieg nach dem Galopp, den wir jetzt schon in den Beinen spüren? Nein danke! Wir sind wirklich froh über die Sitzplätze im Bus, man wird halt doch älter ;-)
Zum Glück steht das Auto im Parkhaus angenehm kühl (im Kofferraum die Original Sachertorte, die ich zwei Tage vorher auf Yak's Bestellung aus Wien mitgebracht habe - natürlich nicht für ihn, sondern für Claudia...) und wir schauen, dass wir nach Zell am See kommen, wo wir uns noch einen völlig überteuerten Eisbecher zwischen Unmengen von Saudis gönnen. In Saudi-Arabien ist Zell am See offensichtlich der letzte Schrei, laut Kellner machen die alle Honeymoon hier - aber natürlich mit der ganzen Sippe...

© Yak 2006
Im Abstieg fließt es schon überall, wo morgens noch Schnee war -
sieht nicht gut aus für die Pasterze (die durch einen 12km langen Tunnel die Kapruner Stauseen speist)!

Eine schöne Hochtour, die wirklich gut als Tagestour zu gehen ist.
Die ganze Infrastruktur - Parkhaus, Stauseen, Busse, Schrägaufzug - ist schon extrem, allerdings waren wir ja Nutznießer und so fahren die ganzen Touristen wenigstens nicht alle mit ihren Autos da hinauf.

Wer schnell mal einen Dreitausender mit Gletscherberührung machen möchte, dem sei der Hocheiser wärmstens empfohlen.

Fotos by Yak, Text & Bearbeitung by Pet

 

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