Ostertouren: mit Ski und Schneeschuhen durch die Silvretta, Teil 1


Dreiländerspitze mit Hindernissen

Samstag 19.03.05

Nervige Stauanreise mit Standeinlage am Pfändertunnel. Endloses Warten auf Ulli und Jense am Zimbapark in Bludenz. Die haben jeden Stau auf der Inntalautobahn mitgenommen. Der Bettenwechsel und die Geschwindigkeitsbeschränkung im Montafon (60) beschleunigen die Anreise nach Partenen auch nicht gerade. Mal wieder kein Parkplatz an der Vermuntbahn, ach halt da hinten in der Ecke doch noch.

Die Frankencamorra im mit 5 Mann besetzten Auto traf fast zeitgleich ein. Wie die da reingepasst haben? Auch der Weg aus dem Frankenland war eine ziemliche Geduldsprobe gewesen und begann für den armen Alex, der es bis zum Treffpunkt bei Gisela in Nürnberg am weitesten hatte, mit Aufstehen um 03:30Uhr. Das Bahnpersonal an der Vermuntbahn ließ sich wie üblich nicht aus der Ruhe bringen, erste Verständigungsschwierigkeiten über die Art des zu erwerbenen Tickets traten auf.

Also neue Vertragsverhandlungen, Tickets tauschen, rumreichen ........ Verzögerungen über Verzögerungen.

Endlich kommt die Bahn und alles klemmt sich rein. Oben schnell gehandelt und gleich den ersten Bus gekriegt und auf gehts zur Geisterbahnfahrt durch Tunnels unter den Stauseen. Ist schon ein Erlebnis. An der Bieler Höhe die übliche Logistik, bevor man endlich loskommt. Nun aber!!! Giselas Geduldsfaden erweist sich mal wieder als arg kurz, sie stapft kurz entschlossen schon mal los . Der Rest wartet auf Ulli, der sich fest vorgenommen hatte, im Schlittschuhschritt über den Silvrettastausee zu gleiten. Sah aber eher nach Stolpern aus und dauerte ewig lange.

© Lisanne 2005
Silvrettastausee

Das Feld der Aufsteiger zog sich immer mehr auseinander, Gisela voran, Berni und Christine, dann Jense, ich und zum Schluss Alex, Melanie und Ulli.

Durch gezieltes Trödeln sollte doch noch das Eintreffen auf der Wiesbadner Hütte nach Sektionsstil zu schaffen sein - im Dunkeln. Ich war so gegen 19:00 da. Gisela hatte dankenswerterweise schon die Lagereinteilung geregelt. Hüttenruhe wurde in Erwartung des morgigen Tages halbwegs eingehalten und man legte sich aufs gemütliche aber doch recht enge Lager. Die Wiesbadner ist halt recht beliebt.

Sonntag, 20.03.05

Los um 08:00 ab Wiesbadner Hütte in Richtung Dreiländerspitze bei strahlendem Sonnenschein. Die Skifraktion (Alex, Melanie und ich) und Schneeschuhfraktion (Gisela, Berni, Christine, Aiko, Thorsten). Ulli und Jense beschlossen, was anderes zu machen.

© Lisanne 2005
 
© Lisanne 2005
Ochsentalgletscher

Anfangs ging es gemütlich über den spaltenfreien Vermuntgletscher bis auf 3.000m, wo der Steilhang bis zum Skidepot beginnt. Der eigentliche Gipfel war noch in leichtem Gewölk, der Steilhang darunter schon ordentlich zerpflügt, und an einigen blanken Stellen bin ich blöd ins Rutschen gekommen mit meinen Ski. Das mag ich nicht so gern, denn die Aussicht so einen Hang runterzukugeln taugt nix. Im Ausstieg zum Skidepot am Westgrat hatte es mich dann fast gekriegt. Dankenswerterweise stellte sich ein beherzter Tourengeher unter mich, so daß ich nicht weiter abgerutscht bin. Kurze Schrecksekunde und dann Aufatmen meinerseits.

Etwas mulmig raus aus den Ski und rein in die Steigeisen. Ein kurzer Blick auf den Gipfelaufbau und schon wußte ich, was mich dort erwartet. Das würde nicht von Pappe sein. Gott sei Dank kam Alex auf die Idee, Fixseile zu verlegen. Ohne Seil hätte ich das nicht machen wollen. Gisela und Berni sind ohne Sicherung da durchgetobt, die Vorhut (Thorsten und Aiko) kam fast schon wieder runter *g*. Muss ja jeder selbst wissen. Ich komme überall durch, bin aber kein Held.

Erst ging es durch guten Firn auf einen sehr luftigen Vorgipfel, von dem man entweder abseilen oder abklettern mußte. Nun folgt der 45° steile Gipfelhang, den es hieß zu queren. Gisela und Berni hatten schon am Gipfelkreuz angeschlagen und befanden sich auf dem Rückweg. Ich war mit Melanie, Alex und Christine unterwegs, vor uns unsere beiden jungen Hamburger, die nochmal mitkamen, um den Gipfel nun auch im Sonnenschein zu erleben, und eifrig bei der Seilsicherung halfen.
Im Steilhang war ne schöne tiefe Spur getreten und der ließ sich gut gehen. Wenn nur nicht ständig diese Gedanken an den Lawinenbericht gewesen wären: Lawinenstufe 3, schlechter Schneedeckenaufbau und schon mittags um 14:00 der Hang in feinstem Sonnenschein. Mein Gott wenn der Hang abgeht ist es echt rum!!! Hinter uns drängelten schon Menschenmengen, die auch queren wollte. Schön rücksichtslos ohne Entlastungsabstände und am besten noch zu viert überholen. Jetzt gab es noch eine kurze leichte Kletterpassage zum Gipfelkreuz hin, deren letzte Stufe ich mir geschenkt habe. Mein einziger Gedanke: nur schnell wieder über diesen Hang. Alex teilte meine Bedenken in vollem Umfang. Auch ihm war es nicht mehr geheuer. Letztendlich habe ich mir doch lieber das Seil geben lassen. Es war mir einfach zu haarig und außerdem ist es ja mein Leben. Hab die Nerven gut im Griff gehabt und bin dann voll konzentriert wieder auf den Vorgipfel geklettert und am Seil wieder runter zum Skidepot. Hab mich wieder einmal über meine Unfähigkeit geärgert, Steilstufen in aufrechter Haltung abzugehen. Also umgedreht und frontal abgeklettert mit Pickeleinsatz. Sofort hab ich mich besser gefühlt. Ich denke mal, Übung macht den Meister. War ja erst mein dritter Gipfel mit Blockaufbau.

Die Abfahrt vom Steilhang war nicht so prickelnd, war eher Abrutschen, weil es teils blank war oder harschig. Aber nun das Sahnehäubchen: eine herrliche Firnabfahrt bis zur Wiesbadner Hütte mit kurzer tragischer Einlage.

© Lisanne 2005
Dreiländerspitze

Vor mir lag ein Häufchen Alex (huch, hätte ich fast übersehen), der sich nicht mehr rühren konnte. Was war passiert?? Er war in ein Sulzloch gefahren, auf seinen rechten Arm gefallen und hatte sich dermaßen in den Schnee gegraben, daß er sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnte. Melanie und Thorsten kamen ebenfalls zur Hilfe. Aber es half kein Ziehen und Zerren, also erst mal die Ski von den Füssen und dann kamen die Lawinenschaufeln endlich mal zum Einsatz. Und plötzlich denkt man wieder darüber nach, was passiert, wenn man allein unterwegs ist. Besser nicht! So witzig die Situation ausgesehen hat (nein, wir haben keine gemeinen Beweisfotos gemacht), eigentlich war es unter diesem Aspekt höchst ernst.

Um 16:00 auf der Wiesbadner angekommen erst mal runter mit dem schweren Rucksack und die letzten warmen Sonnenstrahlen auf der Terasse genießen. Vor allem das wohlverdiente Bier.

© Lisanne 2005
Wiesbadner Hütte

Alex gab noch nen kurzen Lawinenexkurs für den letzten Neuling auf diesem Gebiet - Melanie stellte sich selbstlos als Spaltenopfer zur Verfügung. Hatte ich keine Lust zu und hab es vorgezogen nen bisschen in Ruhe zu lesen. Müde waren wir alle ordentlich. Am nächsten Morgen wollten die anderen früh raus auf den Piz Buin. Ich hatte nur noch die Abfahrt bis Partenen und die Heimreise vor mir. Leider hatte mich ein - wie sich herausstellte völlig überflüssiger - geschäftlicher Termin ereilt. Eine Stunde Gelaber und dafür hab ich auf den Buin verzichten müssen. Nun schieb ich den auch schon bis nächstes Jahr vor mir her.

© Lisanne 2005
Piz Buin

Montag 21.03.05

Die Abfahrt morgens um 08:00 war wie erwartet vereist. Genau das, was ich um diese Uhrzeit wirklich brauche. Aber es hatte seinen Reiz, allein den Ziehweg zurück zum Silvrettastausee zu fahren. Einmal hat es mich noch geschmissen und so schnell bin ich noch nie aufgestanden mit schwerem Rucksack. In der Nähe hörte ich einen Skidoo brummen, der die Weicheitourengeher und Gepäck zur Hütte raufschaufelt. Da ich hinter einer unübersichtlichen Kuppe lag, hätte der mich ganz sicher erwischt und plattgemacht. Puh, gerade noch so geschafft.

Nun noch den Endloshatsch über den zugefrorenen Silvrettastausee. Hurra, da steht ja schon ein Tunneltaxi, das auf mein hektisches Wedeln mit dem Skistock noch wartete. Ulli saß auf dem Madlenerhaus mit Jense noch gemütlich beim Frühstück. Ja, wahre Bergsteiger lassen sich nicht den Tag durch frühes Aufstehen vermiesen. Also fahr ich dann mal allein runter mit der Bahn nach Partenen und warte im Auto. Ohne Auto und Wohnungsschlüssel (lag in meinem Handschuhfach) kommt der Ulli nicht weit.

Irgendwann um 11:00 kamen die beiden dann auch mal . Nun aber rasch heim, die beiden in Bludenz am Zimbapark rausgeschmissen und noch unter die Dusche vor dem Meeting.

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Lisanne

 

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