17.-18.09.2005 Similaun oder
Schlechtes Wetter gibt es nicht


Eine Tour geht noch, entschieden das Phantom Hasei und ich. Wohin: Ötztal, Vent, Similaun, genau das ist es. Und schon ging es an die Planung. Wer geht mit oder nur zu zweit? Es meldeten sich noch Angelika (Nordlichtangel) und Gisela. Jörg zu überreden, hat auch nicht lange gedauert.

Das Phantomhasei entschloß sich, vorher noch kurz nach Kroatien zum Klettern und Baden zu fahren. Von diesem Ausflug ist er bis heute noch nicht zurückgekommen. Hoffentlich kommt das Ersatzteil für den Bus bis zum Winterraumfondue bei ihm an!!! Armes Hasei.

Ich erhielt noch eine traurige Phantommehl, daß es mit der gemeinsamen Tour nun nix werden würde und er mindestens bis Montag festsitzt. Nunmehr war Angelika ihrer Mitfahrgelegenheit beraubt und stieg aus.

Aufgrund der Wettervorhersage bröckelte Gisela, die die weiteste Anreise hat, auch ab. Übrig blieben die Wellnessbergsteiger, die Wind und Wetter trotzen. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung und fehlende Motivation.

Für das WE sollte es ziehmlich dicke kommen, sagten alle. Fast hätte ich es auch geglaubt. Das finale Studium aller zur Verfügung stehenden Wetterdienste ergab aber: in Vent wird es garnicht so schlecht am Sonntag. Gut am Samstag ist Sauwetter im Aufstieg auf die Martin Busch Hütte, aber das nehmen wir lässig in Kauf. Wir sind ja nicht aus Zucker.

Ich starte schon mal am Freitag abend spät in Richtung Farchant, weil ich keinen Bock habe, mich in endlosen Kolonnen über den einspurigen Arlberg zu wurschteln. Davon bekomme ich immer schlechte Laune.

Samstag 17.09.2005

Da am Samstag nur der Aufstieg angesagt ist - die Kreuzspitze können wir glatt vergessen - braucht man auch nicht so früh los. 15:00 in Vent reicht. Dort angekommen, regnete es erst mal tüchtig. Da kann man nur eins machen: erst mal in die nächste Kneipe auf einen Kaffee und warten bis es schneit, denn sonst werden wir ja noch naß. Dieser Temperatursturz muß doch bald kommen. Mit uns standen am Parkplatz noch einen Gruppe aus Bayern, die auch einen recht mißmutigen und unentschlossenen Eindruck machte. Irgendwann ging der Regen dann in vortreffliches Schneegestöber über. Zeit zum Aufbruch.

© Lisanne 2005
Schneetreiben in Vent

Also dieser 8km lange Weg durch das Niedertal hat schon etwas zermürbendes an sich. Vor allem es geht einfach nicht bergauf.

© Lisanne 2005
das Niedertal..... langwierig und weiß

Das kommt dann wieder auf den letzten Metern. Kaum zu glauben irgendwann tauchte die Martin Busch Hütte (hereinafter called MBH) vor uns im Nebel auf. Fast wären wir dran vorbei gelaufen, so dick war die Suppe mittlerweile geworden.

© Lisanne 2005
das ist die MBH, kaum zu erkennen

Antizyklisches Verhalten am Berg hat so seine Vorteile. So auch hier. Normalerweise ist die MBH hoffnungslos überfüllt. Heute war sie schön leer und die Wirtsleute sehr freundlich. Es gab ein gemütliches Zimmerlager und somit war die Nachtruhe auch gesichert.

Wir trafen auch tatsächlich jemanden, der das Phantomhasei kennt. Wir sollen dich nett von Mike grüßen, Hasei. Dank Eintrag im Hüttenbuch konnte uns der gute Mike sofort als SAN Mitglieder und somit mögliche Bekannte von Hasei orten. Vorbildliches Verhalten am Berg macht sich immer bezahlt.

Sonntag, 18.09.2005

Wir spuren erst selbständig ab 4.000 m, somit war klar, daß wir am Sonntag morgen nicht die ersten sein würden, die losziehen. Das laß mal hier andere machen. Wir haben für unsere Verdienste um die bergsteigende Menschheit im Wallis weder Maut noch Dank bekommen und deshalb werden wir heute die Konsumhaltung einnehmen. D.h. immer im gebührenden Abstand zur spurenden Truppe und wenn sie stehen bleiben, den Rucksack abnehmen und eine längere Pause simulieren.
Aber leider gab es kaum was zu spuren. So viel Schnee war es nun auch nicht. Vor uns die Truppe um Mike. Hochmotiviert durch die vorabendliche Hochtoureneinweisung. Vor uns ebenfalls eine Runde Ökospinner in selbstgestrickten Pullovern und Knöchelwärmern, ohne Rucksack mit schlechtem Schuhwerk und tatsächlich im Rock, aber jede Menge kaum zu ertragender Sprüche auf den Lippen. Warum eigentlich keine Jesuslatschen, das hätte noch besser ins Bild gepaßt. Ich hab ja schon viel schlimmes Volk am Berg gesehen, aber das hat es wirklich übertroffen.

© Lisanne 2005
auf dem Weg zur Similaunhütte

Die waren wirklich ein Grund besonders langsam zu gehen, denn das Gelaber konnte man kaum ertragen, wie sich dann später auf der Similaunhütte heraustellte.

Mittlerweile wurde das Wetter so, wie wir es erwartet hatten. Der Schneeschauer hörte auf und die Sicht wurde besser. Das Objekt der Begierde, der Similaun kam sogar aus den Wolken hervor.

© Lisanne 2005
der Similaun

Der Weg zur Similaunhütte ist nett und abwechslungsreich. Man muß den Weg im Schnee finden und ein paarmal den Bach mit vereisten und rutschigen Steinen überspringen. Wer zuerst reinfällt, hat verloren.

Die Similaunhütte, herrlich über dem Schnalstal gelegen - gut das Drumherum mit der alten Hütte und der Materialseilbahn sieht nicht ganz so schön aus - tauchte recht schnell vor uns auf.

© Lisanne 2005
Blick über Gerümpel ins Schnalstal

© Lisanne 2005
na, war doch gar kein schlechtes Wetter

Der Wind blies heftig und von vorn und es war klar, daß nun eine kleine Einkehr angesagt war. In der Hütte empfingen uns schon zweisprachige Schilder. Aahhh,... endlich wieder daheim in Italien. Nun weiß ich auch was "Steigeisen draußen ausziehen" auf Italienisch heißt. Das ist die richtige Methode für einen Sprachkurs.

Mhhhhhhmmm..... ein heißes Getränk und eine Suppe zur Stärkung. Ach eigentlich ganz schnuckelig diese Similaunhütte, die müssen wir uns mal merken. Ist auch billiger als die MBH. Nach mehrmaligen Zügen an den bewährten Konditionsstoppern - auch Zigaretten genannt - vor der Hütte, verkündete Jörg, daß es ziehmlich kalt und windig draußen sei. Das ließ mich aufhorchen. Mal sehen wie sich die Tour weiterentwickelt. Bäh... nach der schönen warmen Hütte wieder raus in die feindliche Wildnis??? Nein, es muß sein. Wir sind schließlich nicht zum Vergnügen hier, sondern es geht um die Bezwingung eines 3.000ers.

Mir schlug ein etwas eisiger Wind entgegen. Ein Blick in Jörg's Gesicht verriet mir die Antwort. Also: wegen mir müssen wir nicht noch die 600 hm bis auf den Similaun.... Hatte ich doch richtig geraten. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich auch keinen Bock mehr. Einkehr demoralisiert. Also gehen wir noch an die Ötzi Fundstelle. Hinter der Similaunhütte führt ein übersicherter Weg Richtung Hauslabjoch, wo irgendeine Gedenksäule stehen soll. Dann gehen wir da mal hin.

Neuschnee auf Fels hat die Neigung zu Vereisung, was meist durch die zunehmende Anzahl von Fußgängern noch verstärkt wird. Diese Weisheit stellte sich auch hier wieder unter Beweis. Die Übersicherung nahmen wir dann ganz gern zur Hilfe, denn an einigen Stellen wäre ein Abgang nicht so passend gewesen. Nichtsdestotrotz war es eine lustige Turnerei über einen zackigen Grat, der über ein eingeschneites Band mit Seilversicherung nach unten führte.

© Lisanne 2005
Turnerei im Neuschnee

© Lisanne 2005
dito

Ach nee, wir lassen es mal gut sein für heute. Außerdem hörte ich diese Ökospinner wieder labern. Die müssen wir nun wirklich nicht vor uns haben oder im Rücken. Die magische 3.000er Marke haben wir ja schließlich geknackt. Ich schätze mal der namenlose Gipfel war ca. 3.200. Das reicht für heute.

© Lisanne 2005
Abstieg gaaaannnzz vorsichtig

Bis wir so wieder am Auto waren - zwischendrin lag die MBH und noch 2 Bier - war es dann mit flottem Schritt auch 18:00 und zurück in Farchant 20:00. Also ein ausgefüllter Bergtag. Mike meinte auf der Hütte nur: Na ihr habt aber nen stressigen Tag gehabt. Stimmt! Die schönste Kneipentour auf 3.000m.

Noch schnell ein Eintrag uns Tourenbuch. Doch was sehe ich ein paar Tage später: Andrea, Yak und Climby haben auch keinen Ehrgeiz mehr. Knödelhorn - Nomen est omen - und fortwährendes Fressgelage am Berg.

Das Heldentum im erfüllten Tourensommer fordert einfach seinen Tribut. Irgendwann hat man keine Lust mehr darauf. Wir igeln uns jetzt langsam für den bevorstehenden Skitourenwinter ein. Schließlich haben wir nur noch maximal 6 Wochen Zeit bis zum Skiopening.

Fazit: Der Similaun ist ganz klar ein Skitourenberg und das nächste Mal gehen wir dann auf die Similaunhütte. Das uns das nicht gleich aufgefallen ist???

Lisanne

 

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