Mieses Weismies! 22.07. - 24.07.05


Schon am Montag, 18. Juli stellte sich heraus, daß am kommenden WE wohl im Wallis alle Hütten überbelegt sein würden.

Den Traum vom Mont Blanc begraben wir für dieses Jahr, weil das Refuge Grands Mulets schon jetzt aufgrund der Spaltensituation nicht mehr erreichbar ist. Damit konzentriert sich alles auf den Normalweg über die Goûter Hütte, womit die Karawane noch unerträglicher werden wird. Nein dann lieber nächstes Jahr und zwar früher.

Das beliebte Ziel Signalkuppe war natürlich auch belegt, so wie die anderen Hütten auf der italienischen Seite. Mist, was tun. Da bleibt dann nur noch die Kombination Zeltplatz und Seilbahn.

Der Wetterbericht war so schlecht mal nicht für dieses WE und man konnte es wagen.

 

Freitag, 22.07.05

Wir probieren die landschaftlich schönere Anreise über Oberalp, Furka und Rhonetal und landen vor Visp in einem Feierabendstau, der uns 1 Stunden bis zum Abzweig in die Vispertäler kostet. Aber wir haben ja viel Zeit.

Fürs erste ziehen wir auf den Campingplatz in Randa, der freundlich und garantiert komfortabler ist, als diese grauenhafte Zeltwiese in Zermatt.

 

Samstag, 23.07.05

Am nächsten Morgen sind wir um 07:00 auf die erste Bahn gezogen, leider etwas eilig (warum kriegt man mich auch nicht wach!!) ohne Frühstück. Mir war klar: das taugt nichts.

An der Kleinmatterhornbahn war überraschend wenig los. Diese Seilbahn katapultiert einen etwas magenfreundlicher als die Aiguille du Midi Bahn in Chamonix auf 3.820m. Oben angekommen, empfiehlt es sich, die Rundumsicht einschließlich Matterhorn mal auf sich wirken zu lassen und zu verschnaufen.

© Lisanne 2005
Seilbahn

© Lisanne 2005
Matterhorn …da waren wir nicht

Die Breithornkarawane machte sich bereits startklar und ging nach letzten Instruktionen des Bergführer brav los. Ein Zermatter Bergführer schaufelt so 3 x Breithorn am Tag weg.

Bei strahlendem Sonnenschein und blitzblauem Himmel wandten wir uns dem Weg zu Castor (4.226) und Pollux (4.092) zu. Das wäre doch ein lohnendes Ziel.

© Lisanne 2005
Breithornsattel

Der Weg führt flach über den Breithornpaß (200m) in eine Senke, die natürlich mit einem eben solchen Gegenanstieg belohnt wird. Die Spaltenzone ist komplett unterkellert, was ständige Bohrproben meinerseits ergaben. Oha, wenn hier mal die Schneebrücken nachgeben! Die knacken immer beim 1.001 Begeher.

Über uns trohnte das Bivacco Cesare Volante auf einem Felssporn gegenüber der Roccia Nera und Pollux und Castor näherten sich verführerisch.

© Lisanne 2005
Bivacco

Meine Güte sah der Gipfelhang zum Castor schön aus. Ca. 40-45° steil und bester Trittfirn. Im Anschluß an den Castor erschließt sich der lange Lyskamm.

© Lisanne 2005
Castor

© Lisanne 2005
Pollux

Im Anstieg zum Zwillingsjoch (3.845) zwischen Pollux und Castor machte sich dann das fehlende Frühstück bemerkbar. Da halfen auch keine Müsliriegel und kein pappsüßer Eistee mehr. Die Energie war für heute im Eimer und Castor und Pollux gestorben. Es hat nicht mehr für die letzten 380hm gereicht, denn irgendwie muß man ja auch noch an den Rückweg denken.

Der zog sich dann erschöpfend lange mit vielen Pausen hin. So ein Anfall von absolutem Energiemangel ist dann in der Höhe garnicht so ohne und ist fast durch keine Pause oder Nahrungsaufnahme mehr zu beheben. Ich kann es nachempfinden, da ich auch schon mal 100m vor einer Hütte liegengeblieben bin. Bewegung funktioniert nur noch mechanisch unter Aufbietung sämtlicher Willenskraft.

Ein bißchen mulmig war mir durch die Spaltenzone. Als Seilerste habe ich lieber jeden Schritt abgecheckt, denn mir war klar, wenn ich einbreche, dann wird mein Begleiter mich in der Verfassung nicht halten können oder gar fixieren. Das macht dann die Zweierseilschaft doppelt brisant.

Irgendwann ging auch der mühsame Hatsch durch den Sulz zur Seilbahnstation von Kleinmatterhorn zu Ende.

Am Samstag Abend wechseln wir über auf den altgekannten Campingplatz Kapellenweg in Saas Grund.

www.kapellenweg.ch

 

Sonntag, 24.07.05

Der Wetterbericht für heute ist nicht so prall. Morgens eher Regen, ab mittag heiterer. Wir entschließen uns trotzdem, die erste Bahn nach Hohsaas zu nehmen und zum Weismies durchzustarten. Diesmal mit Frühstück und ohne Hetze. Das Zelt können wir dankenswerterweise stehen lassen. Service des Hauses, da erinnert man sich gern dran und kommt jedes Jahr wieder.

Wir nehmen die erste Bahn auf Hohsaas (3.100m) Auf Hohsaas sieht es genauso scheußlich aus, wie auf Allalin oder Kleinmatterhorn. Die Gegend ist eigentlich nur im Winter mit Puderzucker hübsch. Im Sommer sind dies alles Schutthügel mit mehr oder minder vielen Baggern, Seilbahnschrott, Beschneiungsanlagen und sonstige Materialschlachten um den zahlenden Skifahrkunden.

Mit uns starten noch einige Recken, doch die meisten übernachten für teuer Geld auf den Weismieshütten oder Hohsaas. Es geht aber auch als Tagestour. Darf allerdings nix schiefgehen, denn die letzte Bahn fährt um 16:30.

Das Wetter ist nicht wirklich schlecht, das Weismies, der Gipfel und die Karawane ist noch einwandfrei zu erkennen. Hoffnung keimt in uns auf. Wir steigen eine kurze Dreckhalde bis zum Triftgletscher auf, wo allgemeines Aufrödeln angesagt ist.

Wie immer geht es herrlich international zu. Es hat seine Vorteile, der einen oder anderen Sprache mächtig zu sein. Man lernt viele interessante Leute kennen.

Der Triftgletscher ist schon fast aper und hier lauern nicht so viele Spalte wie tags zuvor. Wir nehmen den ersten steilen Firnhang in den Eisbruch, der perfekte Bedingungen bietet.

© Lisanne 2005
Blick ins Saaser Tal

Auch hier keine Spaltendramatik und wenige, aber interessante Blankeisstellen.

© Lisanne 2005
Seilschaft im Eisbruch

© Lisanne 2005
Eisbruch Weissmies

Nun wird es etwas steiler (35°) und wir kommen ab 3.400m tüchtig ins Schnaufen. Nun muß man öfter anhalten. Gott sei Dank kommen zwischendurch auch mal etwas flachere Passagen. Natürlich kommen uns mittlerweile Heerscharen vom Gipfel entgegen und man könnte an den Schlüsselstellen bestimmt bis zum Abend warten, um alle vorbeizulassen. Irgendwann reicht uns das Entgegenkommen dann und wir bahnen uns den Weg, wobei wir versuchen, fair zu bleiben.

Das Wetter verschlechtert sich leider rapide und vom Gipfel ist keine Spur mehr zu sehen. Leichtes Schneetreiben setzt ein. Es ist klar, daß dazu natürlich auch noch Wind aufkommt. Wir kämpfen uns über die Steilhänge bis kurz unter dem Gipfelgrad bis auf ca. 3.800 vor. Es kommen schon die ersten Rückkehrer. Eine Gruppe Franzosen, die vor uns war, kehrt um und meint, weiter oben wären es bestimmt 100 km/h Windgeschwindigkeit und so langsam verschwindet die Spur im Schneetreiben.

Wir gehen noch ein Stück weiter, doch dann wird es mir nicht nur saukalt, sondern auch ein wenig mulmig. Die geäußerten Bedenken fallen auf fruchtbaren Boden und wir entschließen uns, diesen Berg nicht mit aller Gewalt zu berennen und uns diesen wirklich schönen und interessanten Hügel bei besserem Wetter noch einmal vorzunehmen, was dieses Jahr wirklich nicht so einfach wird.

Wir treffen noch im Abstieg auf eine 2-er Seilschaft, die von der Almageller Seite aufgestiegen war und den Gipfel überhaupt nicht kuschelig fand. Aha, die richtige Entscheidung: auf allen vieren über den Gipfelgrat im White out muß wirklich nicht sein. Schließlich wird das Weismies dieses Jahr nicht weggesprengt.

© Lisanne 2005
Vom Weismies eher nichts mehr zu sehen

© Lisanne 2005
Weissmies im Nebel

So ab 3.200 wird die Sicht wieder besser, jedoch der Wind läßt eher unwesentlich nach und drückt die Wolkendecke weiter nach oben. Im Tal scheint sogar zeitweise die Sonne! Der Gipfel der Gemeinheit.

Dieses Walliswochenende fällt mal wieder unter das bewährte Motto: Der Weg ist das Ziel!

4.000er sind keine Selbstverständlichkeit, die immer funktioniert. Leider. Es gibt einfach eine Menge Unwägbarkeiten, wie Tagesform und vor allem das Wetter und die Verhältnisse. Auch andere Tourenbücher weisen eine lange Reihe von Gipfelversuchen auf, die nicht immer mit Erfolg enden. Wir sehen es gelassen und ergeben uns in die nächsten Planung, auf dessen Mißerfolg der geneigte Leser schon wartet.

Lisanne

 

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