Zuerst schöpfe ich in einem verd(r)eckten Wasserloch richtig ein. Mit der (im Nebel gewonnenen) Aussicht, ohnehin gleich in der Bockkarscharte zu sein und keine Schweiß treibende Steigung mehr vor mir zu haben, packe ich mich das erste Mal auf dieser Tour in die Jacke. Aus den Schuhen muss ich raus, sonst habe ich in 5 Minuten Blasen. Zum Glück habe ich die Sandalen und nicht, wie sonst immer, die Badelatschen für die Hütte mit genommen.
Die Aussicht trügt. Zwar nur 200 Höhenmeter liegen vor mir, jedoch 10 Meter der bislang üblichen Stockarbeit brennen mir beide Trizeps weg und sorgen für Schweißausbrüche. Mit der Reduktion des Tempos auf 2/3 geht das alles, aber jetzt bin ich nassgeschwitzt. Der Schnee bleibt ab hier liegen, mit den Sandalen mit nagelneuer (Contagrip) Sohle ist das alles kein Problem - außer dass ich kalte Füße habe. In der Bockkarscharte geht ein eisiger Wind, mir ist das erste Mal kalt, die Entscheidung für den Abstieg ist schon seit langem klar. 20 Meter tiefer ist das Schlimmste vorbei.
Der kurze Klettersteig im Abstieg erfordert noch mal einiges Herumgeeiere, aber wegen 20 Metern will ich nicht zwei Mal Schuhe wechseln. Danach rutschen wir durch feinen Schutt fast bis zum Waltenberger Haus.
Dieses ist gerade in der Schließungsphase. Der Ofen ist aus. Dennoch nimmt der (super nette) Wirt meine nassen Socken in die Küche und kriegt sie fast trocken, aus meinen Wanderschuhen läuft das Wasser von allein ab, während ich eine Gemüsesuppe esse. Hauptsache warm, kräftig und leicht verdaulich, der Rest ist mir erst mal egal. Das schweißnasse T- Shirt ist auch nach einer Stunde trocken.
Am Abstieg nehmen wir noch ein paar Sachen der Hütte mit, die nicht überwintern können: etwas Tiefkühlkost, eine Druckgasflasche, Bettwäsche. Als symbolischen Trägerlohn kriegen wir eine Tafel Schololade. Schlechtes Wetter am Schlusswochenende ist für den Wirt der GAU: Während normaler Weise jeder Gast eine Kleinigkeit ins Tal mit nimmt, müssen heute und morgen 5 Leute 4-6 mal laufen.
Dann haben wir noch mal ein schönes Schlechtwettererlebnis: Ein Steinbock sitzt fotogen auf einer Felsnase.
In der Birgsau ist die Tour zu Ende. Ich bin froh, jetzt nicht mehr 3 Stunden im Dunkeln durch Regen Auto fahren zu müssen. Am Bahnhof in Oberstdorf essen wir für zwei Euronen leckeren Eintopf. Im Zug trocknen unsere Sachen, wir selbst schlafen, sortieren die Bilder der Kamera aus und schmieden Pläne für die nächste Tour.
Und wie gingen die Tests aus?Der Rucksack (Salewa Mountain Guide 30) mit den komfortablen Ringsrum- Reißverschlüssen ist zumindest mit meinen (nicht einmal übermäßig ausgeprägten) Nackenmuskeln nicht kompatibel. Wie das mit der im Produktnamen angesprochenen Gruppe klappen soll, weiß ich nicht, die Jungs sind doch meist kräftiger. Gerade aufgehängte Schultergurte sind bei einem Neupreis von 79 Euro für einen größeren Daypack eine eigentlich unverzeihliche Fehlkonstruktion. Aber trotz der Rauheit der verwendeten Materialien und der Feuchtigkeit hatte ich weder an Schultern noch am Rücken Hautverluste zu beklagen.
Die Sandalen haben i.W. das gekonnt, was sie sollten. (siehe anderen Thread).
Den Trinksack habe ich auch hingekriegt und ich weiß jetzt wie er zu benutzen ist, ohne mich zu bekleckern.
Ich selbst habe trotz bedenklich leichter Kleidung, mit der ich Überholte und Entgegenkommende teilweise in Schreckzustände versetzte ("Hilfe ein Yeti"), keine Erkältung davon getragen.
Vor allem eines: Wir beide wurden mal wieder daran erinnert, dass selbst Spazierwege bei den "richtigen" Verhältnissen absolut ungemütlich werden können. Und dabei hatten wir ja gar kein richtiges Unwetter.
Bis zum nächstes Mal, hoffentlich bei besserem Wetter ....