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Wo sind all die Bergsteiger hin...... (Gelesen: 1959 mal)
YakGast
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Wo sind all die Bergsteiger hin......
30.07.2003 um 10:13:09
 
Eine Tagestour steht an, Ziel ist die Ruderhofspitze im Stubai, mit 3480m der dritthöchste Gipfel. Von der Franz-Senn-Hütte angeblich eine der großen Ostalpentouren, nun wir werden sehen.
Leider sind wir erst um sieben Uhr am Parkplatz, zudem ist der große Vorsitzende ausgesprochen lustlos, das ständig gute Wetter zehrt an den Nerven, kein Wochenende ist Zeit zu entspannen...
Wir legen ein Höllentempo vor denn auch um die Uhrzeit ist es im Aufstieg zur Hütte schon heiß. Naßgeschwitzt kommen wir noch vor 8 Uhr an der Franz-Senn Hütte an. Dort stehen viele schwerbepackte Gipfelstürmer, alle haben Steigeisen, Seile und Pickel dabei, wir erwarten einen Massenandrang zu "unserem" kleinen Ziel.
Doch schon nach wenigen Metern sind wir allein. Der Weg führt an einem lieblichen, reißenden Bach vorbei, fast eben auf die Gletscherwelt zu. Wir sehen keine Menschenseele mehr und das wird sich auch den Tag nicht mehr ändern, bis wir wieder zurück an der Hütte sind.
Es geht gut voran, aber der Weg ist sehr, sehr lang. Andy unkt wie immer von Gewittern und anderen Unbillen der Natur, das Yak ist natürlich wie immer anderer Meinung, das Wetter wird halten.
Wir erreichen über schönen, abwechslungsreichen Weg die Gletscherzunge des Alpeiner Ferners. Inzwischen strahlt auch dem Vorsitzenden wieder die Begeisterung aus dem Gesicht, der Weg ist einfach traumhaft schön und unglaublich einsam, schließlich ist Sonntag, bestes Wetter und Ferienzeit.
...
Wir betreten den Gletscher und bewundern den imposanten Eisbruch. Was ein Vergnügen müßte es sein bei anständiger Kälte dort durchzuklettern. Bei der Hitze wie sie heute herrscht scheint es uns aber geraten so weit wie möglich entfernt zu sein. Wir umgehen eine Spaltenzone, schlagen ein paar Haken und wundern uns über die Steilheit, von unten sah es viel flacher aus.  Als die Neigung so langsam die dreizig Grad überschreitet queren wir weiter nach rechts um in flacheres Gelände zu kommen, denn auf dem Eis liegt eine dünne, sulzige Schneeschicht, die den Halt deutlich verschlechtert.
...
Wir erreichen das obere Gletscherbecken und müssen feststellen dass die Ruderhofspitze noch sehr weit entfernt ist. Zwar ließe sich die Scharte wohl in einer guten Stunde erreichen, aber von dort geht es über einen vermutlich recht bröseligen Grat noch über 300Hm aufwärts, dafür scheint doch die Zeit zu knapp.
Wir entscheiden uns in die Wildgratscharte zu steigen und uns dort umzusehen, sie sieht auf der Karte einfach aus.
...
Der Weg führt über einen flachen, spaltenfreien Gletscher, aber eine Randkluft muß gequert werden. Wir sehen zwei Rinnen, in der rechten sind Markierungen, aber sie sieht schwerer aus, dafür scheint in der linken Rinne die Randkluft gefährlicher zu sein.
...
Wir gehen also die rechte Rinne an und müssen feststellen, dass sie wohl mit Firn recht einfach wäre, aber jetzt mit rutschigem Geröll, das teilweise auf Blankeis aufliegt alles andere als trivial ist. Lustig wirds dann langsam als Yak eine Steigeisenschraube verliert und das linke Steigeisen sich vorne öffnet. Trotzdem gelingt letztendlich der Aufstieg.
...
Der Ausblick von der 3170m hohen Scharte ist sehr schön, wir können den gesamten Alpeiner Ferner überblicken sowie auf der anderen Seite den Schrankogel bewundern. Den Gedanken eine der beiden Wildgratspitzen noch zu besteigen lassen wir schnell fallen, zu spät ist es schon, zu wild sieht der Fels aus, zu schlecht sind die Bedingungen, der ganze Berg scheint sich aufzulösen und abzubröckeln.
...
Für den Absteig entscheiden wir uns für die andere Rinne. Die ist auch zuerst recht einfach, aber die letzten Meter haben es in sich, ein steiles Eisfeld, extrem brüchiger Fels, loser Schutt und die Randkluft, wir haben langsam die Nase voll. Das Seil das wir bisher nur mit uns herumgeschleppt haben kommt jetzt doch noch zum Einsatz. Wir opfern eine Schlinge und seilen uns ab, Sicherheit geht vor Eleganz,
Für den Rückmarsch wählen wir eine etwas andere Route und können noch einmal die Aussicht in den Gletscherbruch genießen. Gegen 18:00 sind wir wieder an der Franz-Senn Hütte wo erneut viele Bergsteiger ihre Eisausrüstung sortieren.
Wo aber haben sich all diese Helden der Berge am Tage versteckt ? Wir haben auf unserer Tour, von der man viele Routen überblicken konnte keine Seele gesehen, den Alpeiner Ferne hat außer uns an diesem Tag niemand betreten.
Wo also sind sie alle geblieben, die Hochtouristen ?
Mit jeder neuen Tour dieses Jahr verstärkt sich die Vermutung, dass gerade die schönen, langen Hochtouren in wilder Landschaft immer mehr ihre Anhängerschaft verlieren, warum auch immer.
Vermutlich sind wohl Yak und Andy irgendwann die einzigen die sich an der Landschaft berauschen können, sind wir doch hochzufrieden wieder nach hause gefahren und das obwohl wir nicht mal einen Gipfel erreicht haben.
Oder sind die Bilder so häßlich ?
...
Also woran liegt es ?
??? ??? ???
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« Zuletzt geändert: 30.03.2005 um 12:07:40 von Systemchecker »  
 
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Re: Wo sind all die Bergsteiger hin......
Antwort #1 - 03.08.2003 um 23:16:02
 
Zitat:
Oder sind die Bilder so häßlich ?
??? ??? ???


Hi Andi,

so schön die Bilder für einen erfahrenen Alpinisten auch sein mögen, auf den durch die Werbewelt an Berge, die aus bombenfesten Granit bestehen und mit makellos weißem Schnee bedeckt sind, gewohnten Normalwanderer machen die Bilder einen eher abschreckenden Eindruck.

Die Felspartien erinnern im Detail eher an Bausschutt und die viele "Auflage" am Gletscher lässt vor Steinschlag fürchten vor dem auch kein Helm mehr schützt. UNd die großen Massen der Hochtouristen geht von der Franz Senn- Hütte auf einen Höhenweg, der dieses Jahr leider nur mit Pickel & Steigeisen begangen werden kann.  Traurig

Aber seid doch froh dass Euch niemand Eure Berge streitig macht. Zwinkernd
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