Andy
Bergfreak
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Auffi muaß I
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Anisag
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Langsam fängt das dauerhaft gute Wetter an zu nerven... Nie kann man zu Hause bleiben, faul sein und über das schlechte Wetter jammern, das einem die schönen Touren vermiest. Rolf hat sich mal wieder ein schönes Ziel für eine Wochenendtour ausgesucht und das Wetter spielt mir keine gute Ausrede zu. Also, auf gehts in die Bernina.
Rolf hat sich eine schöne Tour auf den Piz Bernina ausgesucht von der Bovalhütte. Da ich zur Zeit viel zu Tun habe und höchstwahrscheinlich keine Zeit bleibt, um eine Hochtourenwoche in den Westalpen durchzuführen, kann man ja so wengistens über ein Wochenende mal auf einen 4000er kommen. Zumal wir beide ja noch nicht in der Bernina waren, obwohl es eigentlich gar nicht so weit weg ist. Voller Erwartung machen wir uns also Samstag mittag auf den Weg. Rechtzeitig zum Abendessen sind wir auch auf der Bovalhütte. Von der Terasse aus machen wir die Route für morgen aus. Mir wird dabei mulmig. Das sieht ja verflucht steil aus! Zerrissen und blankeisig noch dazu. Da führt doch kein Weg hoch! Rolf tut das als meine übliche Jammerei ab. Langsam glaube ich es ihm. Wie oft war es nicht schon harmloser als der Blick darauf glauben machte. Ich fange allerdings wieder zu zweifeln an, als der Hüttenwirt nach der Frage nach unserem Ziel etwas stutzt und meint: Da müsst ihr aber früh aufstehen. Das wissen wir zwar und planen auch um 2:00h aufzustehen (ist ja bei 4000ern eine nicht so ungewöhnliche Zeit) - aber das stutzen des Wirts irritiert mich. Außer uns geht auf jeden Fall niemand an diesem Tag von hier zur Piz Bernina - der letzte Eintrag im Hüttenbuch mit diesem Ziel stammt aus dem September letzten Jahres. Sind nur wir so blöd? Da stimmt doch was nicht. Rolf tut das ab: "Die Leute sind zu bequem." Ja, die meisten, aber alle? Mir wird wieder leicht mulmig. Egal. um 1:45h geht der Wecker. Anziehen, frühstücken und los gehts.
Der Weg führt erst lange auf einem sehr schmalen bröseligen Moränenkamm - der Moräno-Grat - wie wir ihn taufen. Dann über zerrissenes Gletschergelände. Durchaus unterhaltsam - aber wenig schwierig. Dann steilt es auf, wir sind also im Steilgelände, das wir gestern gesehen haben. Das Eis ist natürlich blank, hat eine etwas unangenehme Konsistenz. Es ist stockdunkel. Es wird steiler und steiler - ich werde beklommener und beklommener. Ist ja bei mir nicht sooo ungewöhnlich im steileren Eis. Ich schlucke es also lange hinunter - Rolf kennt ja meine Steileis-Jammerei zur Genüge. Irgendwann murmele ich doch: "Rolf, ich fühle mich hier nicht mehr wirklich wohl". Als er antwortete "Das ist auch nicht so toll hier" weiß ich, dass es wohl wirklich schlechte Verhältnisse hat, denn Rolf redet ja gewöhnlich alles schön. Wir beschließen also wieder weiter runter zu steigen und es nochmal etwas weiter links zu probieren. Aber auch dort kommen wir bald wieder in unangenehmes Gelände. Wir beratschlagen uns, was nicht zu produktiv ist, weil wir keinen Rat haben.
Schließlich beschließen wir, dass wir diese Route aus Rolf Tourenbuch von 1850 oder so aufgeben. Wir wollen nun auf die Route von der Diavolezza queren und dort zur Piz Bernina aufsteigen. Ist zwar eine lange Route, aber sollte harmlos sein. Wenns zu Lang wird, gäbs ja dort auch noch die Bellavista-Gipfel. Wieder im flachen Gelände angekommen, lösen sich doch glatt Rolfs Steigeisen auf. Nicht auszudenken, wenn das im Steilgelände weiter oben passiert wäre! Das wars für die Piz Bernina an diesem Tag.
Wir gehen wieder zur Hütte, wo wir 4h zuvor aufgebrochen sind und ohne Ergebnis. Der Wirt schüttelt den kopf als er hört, welche Route wir gehen wollten und meint, das wäre vor 30 Jahren noch eine schöne Route gewesen aber sei jetzt ungangbar. Als Ausweichroute gehen wir noch auf den Piz Boval, der auf dem Weg zur Piz Morteratsch liegt und steigen über die Tschiervahütte wieder ab. Von oben sehen wir auch, dass die Route, in die wir heute morgen einstiegen, nicht gangbar ist.
Unterwegs finden wir noch Teile eines abgestürzten Flugzeugs und haben viele interessante und anregende Ausblicke in die Schönheit des Berninagebiets.
Alles in allem haben wir viel gesehen und erlebt, auch wenn uns die großen Gipfel versagt blieben. Aber schließlich ist die Bernina ja nicht so weit weg... Wir werden also zurück kommen!
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