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Nordwand-Steigeisenbenutzer ? Wir doch nicht ! (Gelesen: 2895 mal)
Yak
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Um mani padme hum

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Nepal und Tibet
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Nordwand-Steigeisenbenutzer ? Wir doch nicht !
07.06.2004 um 10:52:01
 
Climbys Idee wars und eigentlich wollten wirs zu fünft angehen : Die Nordwand der Weißseespitze vom Kaunertal. Eine Anfängereiswand wie es im Buch so schön heißt. Nur 50-55 Grad und 500Hm hoch. Naja, also treffen wir uns Freitag abend auf dem Gepatschhaus, aber nur noch zu dritt . Climby, Jan und Yak. Der charismatische Vorsitzende hat sich wenig charismatisch mit Hinweis auf gar furchtbares Wetter und die gräßlich steile Wand wenige Minuten vor Abfahrt noch abgeseilt, hasei hatte schon im Vorfeld abgesagt weil er im Regen Steine aufschichten muß. Naja, jedem was er verdient...

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Zustieg zur Wand


Das Wetter ließ sich gut an, es regnete nur leicht und so war schnell klar : Morgen früh gehts um 4 Uhr los. Tasächlich brachen die Helden der Berge dann sogar schon um halb 7 auf bei besten äußeren Bedingungen. Der Regen hatte nachgelassen und die Sicht war ausreichend, zumindest zum Autofahren. Abmarsch am Parkplatz um 7 Uhr nach spartanischem Kofferraumfrühstück. Mit kompletter Ausrüstung, jeden schleppt was er gerade noch hochwuchten kann und hoch motiviert stapfen die Helden durch den Nebel. Climby, in Insiderkreisen auch Mr.Kompaß genannt fand den Einsteig auch ohne Sicht mit traumwandlerischer Sicherheit. Die Verhältnisse sind gut, der Schnee tief und wenig griffig, Steigeisen sind für Helden der Berge fürs erste unnötig. Schnell geht es aufwärts, im 45 Grad steilen unteren Abschnitt legen wir ein Höllentempo vor und haben um 10 Uhr schon 3100m erreicht.

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50 Grad steil, trotzdem mehr Wanderung als klettern



Dann stellt sich die Wand ein wenig auf, aber richtig spannend ist es immer noch nicht, zu tief ist der Schnee. Für die 200 Höhenmeter durch den 50 Grad steilen Mittelteil benötigen die Helden der Nordwand nur 2 Stunden, eine Leistung die Ihresgleichen sucht. Dabei ist die Sicht immer wieder gut, es ist kein Problem den Vorausgehenden noch zu sehen, wenn er sich nicht weiter als 5 Meter entfernt, auch der Schneefall ist nur mäßig stark, beste Bedingungen wie aus dem Bilderbuch halt. Als die Wand sich zurückneigt und es langsam zum Gipfelplateau geht und wir uns wieder anseilen, sind wir relativ enttäuscht, wir haben keine Steigeisen gebraucht und auch der Pickel war eher unnötig, Skistöcke wären erste Wahl gewesen, die liegen aber im Auto. Kaum ist es 14:00 Uhr stehen wir schon am Gipfelkreuz und genießen die Aussicht auf den 3 Meter entfernten Steinmann.

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Beste Sicht am Gipfel



Aber natürlich reißt es auch kurz auf und erlaubt einen umfassenden Rundblick. Wir beschließen die Tour abwechslungsreich zu gestalten und über den Touristenweg, den Westgrat abzusteigen. Dummerweise verschwindet der wieder im Nebel. Wir orientieren uns nach unserem Gefühl und landen sehr schnell im einem Gelände das deutlich steiler ist als die Wand durch die wir aufgestiegen sind, nach einigem Hin- und her steigen wir an Felsen vorbei durch eine Rinne ab, uns immer noch in der Nähe des Westgrates vermutend. Wie wir am nächsten Tag bei bester Sicht feststellen sind wir aber längst wieder in der Nordwand, an einer felsurchsetzten Passage rechts von unserer Aufsteigsroute. Durch die guten Schneeverhältnisse ist der Abstieg aber kein Problem, wir brechen nur bis zum Bauch ein, was dem Weg einen sportlichen Charakter verleiht. Der Test ob wir einfach in gerader Line weiter absteigen können fällt negativ aus (einige gerollte Schneebälle gewinnen an Geschwindigkeit und verschwinden dann plötzlich), also queren wir die Flanke so lange bis wir denken dass der Abstieg möglich sein sollte. ( Wie sich am nächsten Tag herausstellt sind wir oberhalb der Eisabbrüche entlanggequert, ein direkter Abstieg wäre sehr, sehr schnell geworden). Schon um 17:00 Uhr erreichen wir wieder die Skipiste und gehen die letzten Meter bei jetzt wieder guter Sicht zum Auto. Der Tag klingt uas bei Bier, Hauswurst und Hirschbraten im überraschend preisgünstigen Gepatschhaus.

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Blick zur Nordwand diesmal bei wirklich gutem Wetter


Der nächste Tag bringt nach anständigem Schneefall endlich strahlenden Sonnenschein. Wir wollen einen kleinen Muggel abbürsten der gute Sicht auf unsere Nordwand bietet und gehen diesmal ohne alles Gerät los, nur ein Eispickel kommt mit, nicht weil wir glauben den zu brauchen, sondern um auftauchende Skibunnys zu beeindrucken. Wieder geht es durch tiefen Schnee, Yak war aber diesmal so schlau die Schneeschuhe mitzunehem und spurt voran.

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Das Ziel sieht gar nicht so einfach aus


Der Weißjagglkopf wirkt auf einmal doch steiler als erwartet und kurz unter dem Gipfel stehen wir in einer Rinne die deutlich anspruchsvoller ist als die Nordwand von gestern. Hier soll doch ein Touristenweg verlaufen ?? Schwer vorstellbar ! Climby spurt voran, die Rinne ist fast 60 Grad steil und im oberen Bereich vereist.

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Am Gipfelgrat



Schön dass wir die Steigeisen heute im Auto liegen haben. Aber wir sind ja keine Steigeisenbenutzer, also gehts auch nur mit dem Eisgerät und viel Gewurschtel und Stufenhämmerei.

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Geniale Ausblicke



Der Gipfel bietet eine geniale Sicht in unsere Eiswand in der heute bei schönstem Wetter noch ein paar Seilschaften herumwerkeln und in unserer Spur hochkrabbeln.

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Wesentlich steiler als erwartet


Der Abstieg ist dann nocheinmal etwas heikel, aber schließlich kommen wir wohlbehalten und bester Laune am Skigbietspanoramarestaurant an und gönnen uns einen kleinen Schluck.

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Helden der Berge in Aktion


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Na also, geht doch !



Die Rückfahrt bietet nocheinmal Nervenkitzel : Wird an der Mautstelle kontrolliert ? Wir sind natürlich am späten freitag abend hochgefahren ohne die Mautgebühr zu zahlen, so weit kommt es noch dass wir neue Seilbahnen mitfinanzieren, aber es ist niemand da, wir können passieren und unser Geld zum McDonalds nach Imst tragen.

Insgesamt : Verkehrte Welt ! Die Weißseespitze Nordwand war problemlos und ohne alles Gerät zu duchsteigen, wenn man mal vom mühsamen spuren absieht. Der Abstieg durch eine andere Stelle der Nordwand war schon etwas kniffliger aber auch nicht wirklich problematisch. Der Touristenberg dagegen hätte Steigeisen gebraucht und war deutlich schwieriger.

Noch ein Wort zum Skigebiet : Dort war am Sonntag trotz bester Bedingungen (Neuschnee, strahlender Sonnenschein) fast kein Mensch, nur ein paar Clubs haben trainiert. Für wen die dort neue Seilbahnen bauen wollen bleibt völlig unverständlich, mehr Leute kommen deshalb sicher nicht und wenn doch, wo sollen die übernachten ? Der Bau einer Seilbahn auf den Gepatschferner wäre ein Dammbruch von dem die Gletscherbahnen Kaunertal kaum profitieren würden. Sölden würde nachziehen und ein Riesenskigebiet aufziehen und auch in Vent gäbe es kein halten mehr. Wildspitze ade, das ganze Ötztal würde zugebaut werden, aber ins Kaunertal käme immer noch niemand. Ich kann nur hoffen dass die Verantwortlichen dort zumindest den witschaftlichen Irrsinn einsehen werden, wenn ihnen der Umweltschutz schon am Ar... vorbeigeht.

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Nochmal unsere Nordwand. Hach sieht die toll aus !
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80 Millionen Deutsche können nicht bergsteigen

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Wir können es auch nicht, aber wir versuchen es wenigstens !
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pet
Held der Berge
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Pray for snow!

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Re: Nordwand-Steigeisenbenutzer ? Wir doch nicht !
Antwort #1 - 07.06.2004 um 12:44:06
 
ich bin stolz auf euch helden!
Lächelnd


aber ob die besucherzahlen im skigebiet kurz vor sommeranfang wirklich der maßstab sind? ich schätze, das sieht im spätherbst und winter doch ganz anders aus, und dafür wollen sie wohl neue lifte haben... zumal im winter ja eher weniger schnee liegt, als derzeit?
verkehrte welt eben!
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