Lamл[tm]
Held der Berge
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... es zum Glück aber schneller tat als geplant. (Bilder folgen unten)
Vorspiel "Gänsefleisch mal ans Dellefon gömn?" - "Gänsefleisch mal ans Dellefon gömn?" - "Wennsesich ni augenblicklich ans Dellefon bewegen, werd ich ungemütlich" Welcher Trottel ruft mich denn mitten in der Nacht an? - OK. Es ist zwei Uhr und das Handy zeigt "Wecker". Genau die richtige Zeit für die Breithorn-Nordnordostwand, denn durch diese zieht sich ein Weg, wo nie endet. ^ Für die paar Stunden unruhigen Schlafs habe ich mich auch nicht umgezogen. Ich wälze mich aus dem Bett auf den Stuhl, vor dem mein am Abend bereits vorbereitetes Müsli steht. "Hat einer Kaffewasser aufgesetzt?" Ich glaube ich höre nicht recht. Aber Richtige Sachsen gehen morgens oft ohne Frühstück, ab und zu ungewaschen, aber nie ohne "Gawwee" aus dem Haus. Erst recht nicht für einen Weg, wo nie endet. Muss ich das Müsli auch nicht so schnell runterwürgen. 2 Uhr 40: Wir sitzen im Auto, es alternieren die Titel "Zerstören" und "Spring" (Rammstein). Leise ist was Anderes. Daran, dass ich 2 Minuten später wieder einschlafe, ändert das nichts. 3 Uhr 20: Tobi weckt mich mit einem unsanften Stoß, dass ich fast aus dam Auto falle. "Wir laufen jetzt los." Es ist stockfinster im Wald. Der Weg ist breit, seine Ränder als dunkelschwarze einen hellschwarzen Streifen begrenzende Linien deutlich erkennbar. Das Tempo muss den anderen geradezu als Schleichen vorkommen. Mir ist es recht. Nicht so wie vorgestern, wo mir Heiner und Tobi insgesamt fast eine halbe Stunde zum Einstieg der "Blue Moon" abgenommen haben. Das erste Mal kann ich Schritt halten. Die Energie brauchen wir noch. Für den Weg wo nie endet.
Zweites Wachwerden 3 Uhr 45: Ein deutlich vernehmbares Holz auf Holz weckt uns aus unserem Trott. Dirk hat ein Almgatter gerammt. Ab nun gehe ich vorne. Mit unten hochgewickelten Hosenbeinen haben meine Kameraden ein brauchbares Orientierungsmittel. Beginn der astronomischen Dämmerung, die für mich mit der bürgerlichen Dämmerung dank meines von Geburt an eingebauten Nachtsichtgeräts zusammenfällt. 4 Uhr 30: Seit einer knappen Stunde schrauben wir uns den sehr steilen Weg nach oben. Eigentlich ganz kommod. Für die 500 Höhenmeter haben wir nur wenige Minuten länger gebraucht als vorgestern für den unteren Teil des Zustiegs, als ich mir die Lunge aus dem Hals rannte. Doch jetzt heißt es, das bis zum Einstieg zu verfolgende Bachbett zu finden. Nach einer knappen Viertelstunde geben wir die Suche nach dem Steig auf und gehen in Richtung der sich bereits als Silhouette abzeichnenden Berge. "Hallo Leute, das hier ist nur ein kleiner Graben, und hier geht der Weg weiter." Ungläubig folgen mir die anderen. Aber was bleibt ihnen in der Dunkelheit außer den Stirnfunzeln, die gerade mal 10 Meter weit reichen? 100 Meter weiter sind wir im richtigen Bachbett. Vereinzelte Aufschwünge bis III nehmen wir im Sturm. Es ist nirgends ernsthaft ausgesetzt. Heiner über eine Platte, ich hangele lieber an Latschen.
Endlich gehts los 5 Uhr 45: Endlich am Einstieg. Dirk und Heiner gehen als erste, Tobi und ich als zweite. Eine halbe Stunde später sind wir alle vier im Weg wo nie endet. 10 Tage Regen in den letzten 14 Tagen haben die Wand so richtig gründlich eingeweicht. Doch der Fels ist wie ein Reibeisen, nass tausendmal rauer als das Meiste in den Tannheimern im trockenen Zustand. Nach dem genüsslichen Fünfer der erste Schrecken. Ich laufe, immer noch im Halbschlaf, direkt auf Stand 2 zu. Heiner kämpft mit der dritten Seillänge - Moment mal, der geht doch Achter onsite und aided jetzt in einer 6+ herum. Was ist da los?
Drittes Erwachen Patsch. Mein Kletterschuh steckt in einer Schlammpfütze. Zurücksteigen ist Mist. 15 Meter zum letzten Haken, zwar nur eine 30 Grad steile Platte, aber mit glibberigen Schuhen? Ich werfe dem Dirk mein Seil zu, er klippt den Standhaken. Spätestens jetzt bin auch ich wach. Tobi ist schnell nachgesichert. Heiner kämpft immer noch. Endlich, Heiner verlangt Seil, viel Seil. Auf "Stand" warten wir vergeblich. Nach einer Viertelstunde geht Tobi ein Stück zurück, um die Kommunikation mit Handzeichen zu ermöglichen. Heiner hat keinen Stand. Verstiegen, auf einem morastigen Band, mit einen zu 3/4 aus der Wand herausschauenden Rosti provisorisch an die Wand geheftet. Jede Heftklammer in 7 mm Sperrholz gibt mehr Sicherheit. Tobi steigt Länge 3, jetzt kein Problem, die Schlingen hängen ja. Dirk kriegt eines der beiden Nachstiegsseile und versucht sich im Nachstieg.
Ab und zu ist auch Turnen angesagt "Dirk, Weißt Du noch, Sonntag an der Steinplatte, das war ne 7+!" Alles Zureden war sinnlos, keine Chance. Kraftmeiereien sind sein Ding nicht. Der zwingend zu klemmende Riss ist total vermoost. "Klimmzüge sind für Turner *1, nicht für Bergsteiger." Nach einer erfolglosen Viertelstunde darf ich mal probieren. Mit 12 Kilo am Rücken, 59 Kilo Leistungsgewicht und 10 Kilo Ballast im Unterhautfettgewebe hauen die 10 Sekunden Hangelei gut rein. Ich bin oben, als Andenken bleibt ein etwas gezerrter rechter Bizeps. Aber den braucht man ab jetzt angeblich nicht mehr. Nun ja ... Die restlichen 20 Meter sind "Pillepalle". Heiner wird auch noch hochgesichert, und bevor wir jetzt zu dritt den Dirk haulen können, verlangt dieser das gelbe Seil ganz. Er kriegt was er will, und ehe wir uns versehen, läuft er schon in der die Wand links begrenzenden Rinne umher. Dirk hat sich, ohne mit Heiner zu sprechen, abgeseilt. Buchstäblich.
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