VRP
Vorwort an alle selbsternannte Sittenwächter, Blockwarte, IMs und sonstige "korrekte" Denunzianten: Es handelt sich nicht um eine Völkische Reichspartei oder ahnlichen Blözinn, sondern um das
Vorgezogene
Rentner
Programm. Also bitte belästgt nicht den Webmaster, der hat nämlich zwischendurch auch mal Wichtiges zu tun.
Mich quält nämlich seit 6 Wochen eine Epicondylitis. Umgangssprachlich bezeichnet man das als Tennisarm und jegliches Klettern ist damit absolut ausgeschlossen.
Das hat eine Nebenwirkung, die jeden Kletterer vordergründig freuen würde: Das schlagartige Einstellen jeglicher Tätigkeiten, bei denen Kraft über die Hände übertragen wird, bringt meine Körpermasse in den Freifall, fast ein Kilogramm jede Woche - nur hat das eher mit Abbauen als mit Abspecken zu tun und damit kann kein sportlich aktiver Menschen wirklich glücklich werden. Wiederaufbau dauert vier Mal so lang.
Um nicht im Fernseh- resp. Computersessel festzuwachsen und zu verfetten geht es deshalb am schönsten Tag der Woche im Rahmen des VRP zum Thaneller. Christian und seine Freundin Diana sind so nett und nehmen mich mit bis nach Heiterwang. Vor der bequemen Mitfahrt ist jedoch der Schweiß gesetzt, und weil man am Wochenende gern ausschläft, müssen die für die 2 km resp. 220 Höhenmeter 15 Minuten ausreichen. Die Tour selbst soll eher gemütlich werden, Diana ist nicht so gut im Training, gesundheitlich angeknabbert und ohnehin eher ein "zierlicher" Typ.
Am Bf starten wir den neu gebauten Weg direkt zum Jochplatz, und danach die erste Überraschung: Der Regen letzte Woche hat dem Steig ins Thanellerkar übel mitgespielt, gerade an den steileren zu querenden Hängen mit dem "festen Feinschutt" hätte ich mir fast schon Steigeisen gewünscht. Sind aber nur vier Mal je etwa 5-10 Meter. Latschen abhangeln ist einfacher, was dann auch viele (eigentlich alle die keine Stöcke mithatten) gemacht haben.
Auch für Badetouris ideal.
Dann gleich die zweite Überraschung: Es geht ca. 200 Meter hinunter. Man hätte auch vorher auf die Karte schauen können. Das macht die lockeren 1340 Höhenmeter schon gleich zur richtigen[tm] Wandertour. Der Steig schlängelt sich gekonnt durch die Nordflanke. Es gibt kaum Kletterstellen, allerdings erneut etliche schmale Stellen und Gegenverkehr. Die Platzierung der Stahlseile erscheint unmotiviert und ist nicht wirklich nachvollziehbar. Vielleicht sieht man das bei nicht so optimalen Verhältnissen anders.
Die Nahblicke sind denen in einer Klettertour jedenfalls ebenbürtig.
Doch dass ich noch lang nicht in Rente gehen kann, wird mir "in der Wand" klar, als mich ein 76- Jähriger überholt. Ca. eine halbe Stunde lang kann ich mit dem rasenden Rentner mithalten, dann ist er weg. Von wegen VRP - die Rente werde ich mir wohl noch hart erarbeiten müssen. (Bevor Fragen kommen: Christian, Diana und ich haben abgesprochen, den Steig zum Gipfel jede(r) in seinem Tempo zu gehen.)
Oben merkt man, dass Herbst ist: Starker Wind lässt uns trotz warmer Jacken und Handschuhe in wenigen Minuten auskühlen. Diana sieht total abgefertigt aus, aber Berwang ist knappe 1000 Meter unter uns, also nur etwa 1 1/2 Stunden weit weg. Irgend wie werden wir von dort schon zum Auto kommen, notfalls mit dem Taxi. Bus fährt Samstags nur morgens und vormittags.
Der Abstieg geht südseitig runter und 100 Meter weiter unten ist wieder Sommer. Es ist so schön, dass wir doch noch den (je nach Wanderwegweiser- Schildermaler) Geissteig, Geißsteig, Gaissteig oder Goassteig bis zum Auto zurück laufen wollen. Auch Diana will das. Sind halt noch mal 300 Höhenmeter hoch.
Oben dann Überraschung 3: wir stolpern kilometerweit über Latschenwurzeln- dem zügigen Vorwärtskommen auch nicht förderlich. Das Panorama ist jedoch einmalig, bei Abendlicht erst recht. Die letzten 700 Meter geht es mit einer gefühlten Hangneigung von -110° hinab zum Auto. Dennoch niemand bedauert die Weg- Zugabe.
Auf jeden Fall mal einen ganz fetten Respekt an Diana, die alles ohne zu klagen mitgegangen ist und nach eigener Aussage sogar genossen hat. (Was ich ihr bis heute nicht glaube.)
Die Rückfahrt ist doch recht stressig. Christian hatte etwa 1 1/2 Liter Wasser gekotzt. Man sollte halt nicht zwei Liter Isostar trinken, schon gar nicht überdosiert. Christian schläft erschöpft auf der Rückbank. So darf ich dann mit 2060 Höhenmetern in den Knochen im Dunkeln allein heimfahren. Es gibt dann noch einen Schrecken, weil ich Autos entweder ganz ohne Tempomat oder nur mit Abstandstempomat kenne. Da wäre ich doch fast jemanden in den Kofferraum gestiegen
Ein Aufschrei von Diana machte mich dann endgültig wach. Die Fahrer vor, links und hinter mir wahrscheinlich auch. Nur nicht den Christian. Der liegt immer noch auf der Rückbank & schläft wie ein Baby.
Die letzten 220 Höhenmeter vernichte ich in ca. 2 Minuten entlang der Alten Weinsteige, Tempo 30- Zone. Zum Glück lösen Fahrräder keine Starenkästen aus.
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Am nächsten Tag war ich dann zu nichz zu gebrauchen. Aber das soll ja gemäß der nicht unerheblichen Meinung vieler nicht ungewöhnlich sein.
Auf jeden Fall kommen vom Christian noch ein paar schöne Bilder nach.