Liebe Berggenossen,
Schöne Aussicht,
kein Straßenlärm, sondern Vögelgesang wecken mich, abends sehe ich den Abendseglern nach, und dennoch kann ich mich nicht darüber freuen.
Vor 3 Wochen etwa stellte sich bei mir leichtes Hinken ein. So etwas schenkt man keine Aufmerksamkeit, denn wer will schon sein Leben beim Arzt verbringen? Auf meiner Fortbildung in der Fränkischen Schweiz letzten Sonntag wird dies schlagartig schlimmer, doch das lange angesetzte Grillfest bei einer langjährigen, aber entfernungsbedingt seltenen Bekanntschaft mag ich nicht känzeln, die Rückfahrt mit dem Radl bis nach Lauf durch das idyllische Pegnitztal eigentlich auch nicht. Bis Sonntag gelingt es mir immer wieder, das Knie beweglich zu bekommen.
Am Montag dann der Absturz: Kein Auge zugemacht, Schwächeanfall und eine Stunde, um wenigstens mit zwei Stöcken ein paar Schritte gehen zu können. Das Radl behält die sich fürsorglich um mich kümmernden Elke. Sie fährt mich nach Pegnitz, eine 800er Ibu und etwa 2 Liter schwarzer Tee retten mich bis zum Stuttgarter Hbf, dann geht's mit Taxi zur Notaufnahme. An selber fahren ist nicht zu denken.
Immerhin bekomme ich dort ein paar Krücken, einen gelben Zettel (V.a. Meniskusliäson) für 4 Tage, nach einem Röntgen die Aussage, dass nichts gebrochen ist, und einen Termin fürs MRT für Donnerstag 14 Uhr, d.h. 2 Tage Zeit, im Geschäft die größten Baustellen abzudecken.
Donnerstag ist natürlich einer der MRT- Geräte außer Betrieb, ich komme mit etwas Wartezeit trotzdem noch dran. Und dann: Keine mechanischen Schäden am mittlerweile 2 Liter Flüssigkeit enthaltenden Knie. Was sagt der Arzt dazu? Die Keime haben ich mir wahrscheinlich beim Zähneputzen eingefangen, minimale Verletzungen sind dabei auch bei gesunden Zähnen alltäglich. Und jetzt hat sich das Knie davon entzündet.
Leider gibt es damit aber immer noch keine Diagnose. Jetzt lässt der doc im Marienhospital 2 Liter Eiter, Blut und sonstige Flüssigkeit aus dem Gewebe laufen, schweißt die ganze Plempe in eine Plastiktüte ein schickt sie in ein auf solche Analysen spezialisiertes Institut. Nicht auszudenken was passiert wenn ein mit mehreren tausend solchen Behältnissen beladener LKW havariert. Dienstag früh wird der Befund erwartet.
Bis dann wird erst mal die antibiotische Atombombe abgeworfen. Immerhin, das Verdauungssystem überlebt (bis jetzt).
Samstag kommt erst mal der große Verband runter, wird auch höchste Zeit bei der angekündigten Hitze. Außerdem kann ich zum ersten mal wieder duschen gehen. Am Duschhocker. Belasten lässt sich das Knie nämlich nicht. Und mein Innerstes ist mit einem evakuierten Plastikbehälter verbunden, der mich aussaugt. Ein neuer Behälter ist ganz schön schmerzhaft.
Sobald raus ist, was sich da in meinem Knie drin herumtreibt, soll selbiges ausgeschabt und evtl. etwas spezifischer "bombardiert" werden. Danach kommt sozusagen der Hauptwaschgang. Im Anschluss darf ich noch eine Woche bleiben und mir das schöne Wetter aus dem Krankenhaus anschauen. Gelegentliche Besuche im Patientengarten sind zugelassen. Dann 1-3 Wochen Vollzeit- Reha, anschließend noch Monate lang jeden Tag 2-3 h Physio. Die Sommersaison kann ich abhaken. Und beim Klettern ist an extreme Verrenkungen (Eindrehen, F.o.4, ...) vermutlich nie mehr zu denken, aber ich glaube das habe ich noch nicht wirklich angewandt.
Und für irgend ein Mal Zähneputzen hat meine KV jetzt einen vermutlich 5-stelligen Betrag am Hals. Fragt sich nur für welches Mal.