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Mensch denkt, Berg lenkt (Gelesen: 1724 mal)
hupfziege
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---> Geschwindigkeit ist
Sicherheit <---

Geschlecht: male
Mensch denkt, Berg lenkt
01.01.1970 um 01:00:30
 
Der Wetterbericht für für das Wochenende war gut, Freitags Regen, oberhalb von 2500 m Schnee, Samstags Schauer und fortschreitende Wetterbesserung. Südlich des Alpenhauptkammes war Traumwetter gemeldet, genauso wie für Sonntag für den nördlichen Teil der Alpen. Die sonstigen Vorzeichen für die geplante Tour waren sehr durchwachsen, die körperliche Fitness der einzelnen Teilnehmer durch irgendwelche Wehwehchen doch ganz schön angegriffen.
Also fuhr ich Freitag Mittag bei Nieselregen und recht kühlen Temperaturen los. Der Rucksack wog ganz schön schwer, komplette Hochtourenausrüstung und ein klein wenig Kletterausrüstung, denn es sollte ja etwas Kombiniertes sein. Schon nach wenigen Kilometern zeigte sich das der geplante Zeitablauf sich für heute nach hinten verschieben wird. Na ja egal, im Auto ist Biwackausrüstung und etwas zu Essen können wir uns ja noch kaufen.
An der Mautstelle erkundigte sich der Mann im Kassenhäuschen erst nach unserem Ziel, knöpfte uns dann 13 Euro ab und sagte noch: Aber fahrt langsam oben ist ganz dichter Nebel. Rasch ging es Höhenmeter um Höhenmeter nach oben, alle drei bemerkten wir dabei unsere doch etwas angeschlagene Gesundheit. Feststellung auf knapp 2000 Meter: Der Mann log nicht! - im Gegenteil er untertrieb. Und nass von oben war es auch noch, und doch verdammt kalt. Ob die Idee mit dem Biwack so gut war??? Egal weiter fahren vielleicht wird es auf der anderen Seite vom Pass besser. OK etwas besser sieht es im Süden schon aus, aber unter freiem Himmel schlafen, und dann am nächsten morgen die über 1000 Höhenmeter laufen? Versuchen wir doch lieber noch eine Unterkunft zu finden!
Der erste Teil hat dann doch noch super geklappt. Ein Naturfreundehaus nahm uns super freundlich auf und gab uns drei dann auch noch ein eigenes Zimmer mit Waschgelegenheit im Zimmer und warmen Wasser!!! Dekadent! So was wollen Bergsteiger sein! Das Frühstück ließen wir bereits am Abend servieren, wir wollten ja um kurz nach 6.00 Uhr los.
Der Wecker klingelte um 6.00 Uhr. Frühstücken, Rucksack neu packen und lange Diskussionen über die richtige Wahl der Kleidung ließen Minute um Minute vergehen. -  Wie ist eigentlich das Wetter???  Es regnet ein klein wenig, Temperatur nicht besonders viel im positiven Bereich. Regenüberhose ist nun beschlossen, ein Teilnehmer vertraut dann auch noch auf die wärmende Kraft einer langen Unterhose unter der Hochtourenhose und der Gore - Überhose. Schließlich kann man sich ja nicht mehr weiter anziehen wenn der Gurt erst mal angelegt ist. Nach etwa 5 Minuten Fahrt sind wir dann auch endlich da wo wir schon vor 1,5 Stunden sein wollten. Parken möglichst so das das Auto nur von einer Seite aus angefahren werden kann, weil wir stehen hier ja 2 Tage. Da ist ein schöner Parkplatz, zwischen einem Auto voller Bergsteiger und der Betonwand. Der passt perfekt für unsere Verhältnisse!
Wir sehen uns unsere Route mal kurz an, ich zeige mit der Hand den Routenverlauf, meine Seilgefährten sehen mich etwas skeptisch an und was ist das? Brüllendes Gelächter aus dem Auto neben uns wegen dem anscheinend recht ausdrucksstarken Gesicht meiner Bergpartnerin. Na die haben eh keine Ahnung denk ich mir, die wollen bestimmt nur zur nächstgelegenen AV Hütte. Ach der Gletscher beginnt in so kurzer Zeit, legen wir doch gleich hier alles an, dann haben wir nur noch die Steigeisen und etwas Verpflegung im Rucksack. Gesagt getan.
Na dann mal los! Das Wetter will uns noch mehr als 2 Std. Verspätung mit auf den Weg geben, aber nicht mit uns, wir gehen auch bei dem heftigem Schauer los. ca. 300 bis 400 m Abstieg. Man vor 10 Jahren war der Gletscher aber noch gar nicht so weit weg denk ich mir immer wieder. Jeden Meter weiter nach unten den muss ich ja schließlich auch mehr rauf. Oh je jetzt am Einstieg des Gletschers zieht so richtig der Nebel von Norden kommend rein. Nach wenigen Minuten die ersten Debatten, sollen wir heute wirklich auf diesen Berg? - immerhin ist es der höchste Österreichs. Wetterprognose ist aber nach wie vor gut und das Barometer ist auch um wenige Meter gestiegen. Also weiter geht es! Die Pasterze, die Hälfte an der Großglocknerseite ist ja so voller Schutt das man beinahe nicht erkennt das sich darunter noch Eis befindet, ist gut zur Hälfte geschafft, jetzt kommt auch noch Graupel dazu und im prasseln der Regentropfen und des Graupels vernehme ich den Ruf meines Namens von weiter hinten. Ich bleibe stehen, drehe mich um und sehe wie ein Drittel unserer Seilschaft auf den Steigeisen humpelnd mir folgt. Was ist passiert? frage ich. Die Antwort so logisch wie ernüchternd. Ich bin umgeknöchelt. Was nun? Kurz weiter versuchen? Ja. Nach ca. 20 m allerdings die Feststellung das wir die ca. 1400 Höhenmeter vor uns so wohl nicht schaffen werden. Also Umkehr, aber kurz noch die Frage was machen wir jetzt? Wir sollen alleine gehen, die Partnerin verweilt derweil im Naturfreundehaus Karl Volkert das uns die letzte Nacht beherbergt hat. Nee kommt nicht in Frage ist die Meinung der beiden anderen. Ok ,neuer Vorschlag: Entweder Tagestouren hier von der Franz - Josefs Höhe aus, Versuch vom Hohen Sonnblick (dort ist ja das Wetter deutlich sichtbar besser) oder gemütlicher Ausflug nach Südtirol. Kurze Diskussion, Entscheidung: Dreischusterhütte im Innerfeldtal bei Innichen.
Nun darf ich auch noch ein Auto fahren das ich noch nie gefahren bin, und das gleich mal eine Passstraße runter wie das Hochtor. In Südtirol angekommen erleiden wir drei erst mal einen Hitzeschock: satte 30° C höhere Temperatur als noch vor kurzer Zeit auf der Pasterze. Wir sind zu nichts mehr zu gebrauchen, und sind froh die Telefonnummer der 15 Minuten entfernten Hütte am Parkplatz auf einem Schild zu lesen. Ja!!! Lager sind noch ein paar frei, auf gehts. Völliges Umschlichten des Gepäcks und es entsteht ein riesiges Chaos im Kofferraum des Kleinwagens. Langsam (und nicht nur weil wir Rücksicht auf den verletzten Fuß nehmen) geht es dann zur Dreischusterhütte.
Wir werden sehr freundlich empfangen, einzig störend ist das Akkorden das mittels eines Verstärkers das gesamte Tal mit Volksmusik beschallt. Aber auch das lässt sich ertragen, denn irgendwie tut diese Ausgelassenheit unserer Laune ziemlich gut. Und die Pausen sind auch reichlich und lang. Als die Tagesgäste die Hütte mit zunehmendem Ausmaß verlassen verstummt das Akkorden für die restliche Zeit unseres Aufenthaltes. Vielleicht sogar etwas schade, nicht ganz so laut und es wäre richtig schön gewesen. Was tun wir aber morgen? Seit Stunden sitzen wir nun in der Sonne auf der Hüttenterrasse, lassen uns alle möglichen kulinarischen Köstlichkeiten (und die sind wirklich lecker!) servieren und haben keine Ahnung was wir morgen machen könnten. Auf einen Besuch in den Sextner Dolomiten waren wir nun wirklich nicht vorbereitet. Wir leihen uns kurz mal die Wanderkarte vom Nachbartisch aus und suchen uns wenigstens eine Wanderroute. Ortskundig hier sind wir alle drei, nur die zündende Idee fällt uns nicht ein, auch nicht mit Karte.
Waren da vorhin nicht Sportkletterer hier? Ja! Wo ist denn hier ein Sportklettergarten? Den Hüttenwirt fragen! Der erklärt ca. 10 Minuten Fußweg an die Wand dort links. Er verschwindet in der Hütte und kommt nach ein paar Minuten mit einem Blatt Papier heraus. Ein Klettertopo!!! Super, gehen wir morgen Sportklettern? JA! Aber sehen wir uns den Klettergarten doch erst mal an. Was sich uns zeigt ist ein wunderschön gelegener und bestens versicherter Klettergarten mit Routen von 4a bis 7a+. Ein Traum! Egal wir haben keine Kletterschuhe (ich wollte schon immer mal mit steigeisenfesten Bergschuhen klettern üben), nur ein Halbseil und Expressschlingen können wir uns selbst aus den Karabinern und Bandschlingen basteln.
Am nächsten morgen Frühsport zum Auto und Kletterausrüstung holen, dann klettern und abseilen. Leider ging dieser herrlicher Tag viel zu schnell seinem Ende entgegen, denn wir mussten ja noch nach Hause fahren.
Drei Dolomitenliebhaber wollten eine Hochtour in Österreich machen, im Endeffekt waren sie in den Dolomiten und jedem einzelnen wurde wieder einmal bewußt warum sie die Dolomiten, das Land und die Leute in Südtirol so lieben. Eine Gastfreundschaft auf der Dreischusterhütte der AVS Sektion Drei Zinnen (voller Stolz kann ich sagen das ich seit einiger Zeit dort Mitglied bin) die ich bisher auf keiner anderen Alpenhütte erlebt habe. Richtig diese Hütte hat es schon leicht, ist mit dem Auto zu versorgen und hat auch bestimmt mehr Einkünfte wie eine Hochgebirgshütte, aber das sind nicht unbedingt die Vorraussetzungen für Freundlichkeit, Hygiene, und perfekte Lager. Ein Lager kostet dort 8 Euro, ist aber nichts anderes wie ein Bett das mit 7 weiteren Doppelstockbetten in einem Raum steht. Den vom Lager aus zu erreichenden Balkon mit Stühlen und Tischen können alle nutzen um Brotzeit zu machen oder sich etwas abseits vom Hüttentrubel zu entspannen. Waschgelegenheit mit warmen Wasser bietet sich sowohl auf dem Zimmer als auch wie auf jeder anderen Hütte auch. Für wertvolle Ausrüstung oder einfach zum Verstauen hat jedes Lager ein abschließbares Schrankfach in das problemlos ein 75 Liter Rucksack passt. Die Preise sind trotz perfekter Bedienung und bestem Service vergleichsweise niedrig. Eines steht für mich fest, diese Hütte werde ich bestimmt wieder aufsuchen, denn abends oder morgens wenn das Tal richtig ruhig ist kann ich mir kaum einen schöneren Talort vorstellen.
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