Hochtour: Kindergeburtstag auf dem Breithorn - 20.08.2005

 

Teilnehmer: Bergfreak1959, Lisanne + Großfamilie

Endlich war der ersehnte 9. Geburtstag für Ann-Sophie gekommen. Von Mama gab es - wie versprochen - einen echten 4.000er. Groß, weiß, voll Schnee und Eis.

Aber Mama beschloß, er sollte schon sehr simpel sein. Kamen also nur zwei Teile in Frage:

Allalinhorn (nein, nicht schon wieder)
und
Breithorn (hat Mama sich auch schon mal von unten angesehen).

Also Breithorn!! Auf ins Wallis.

Nach dem Großfamiliengeburtstagsfrühstück ging es dann über Lindau, wo wir noch den Bergfreak1959 eingesammelt haben (der hatte auch 4000er - Gelüste) den üblichen Weg in die geheiligten Gefilde der höchsten Alpenberge. Gelobtes Land - wir kommen wieder.

Am Abend bezogen wir dann wie üblich den Campingplatz in Randa, der mittlerweile schon einen Gruppentarif anbot. (Schließlich war ich schon zum 3. Mal dieses Jahr dort) Zur Einstimmung regnete es dann auch bald mal wieder und das Breithorn für den nächsten Tag war schwer in Frage gestellt.

Da brauchten wir auch nicht zu nachtschlafender Zeit aufzustehen, denn schließlich ist das Ding in 3-4 Stunden auch mit Kind weggebügelt. Es half also nur noch: Zeit gewinnen. Unglaublich: um 09:00 machte es langsam auf und durch einzelne Wolkenlücken konnte man erkennen, daß es oben gar nicht so mies aussehen würde. Sabrina und Au-Pair Nataliya hielten das Basecamp.

© Lisanne 2005
Bergfreak1959 auf der Rennmeile in Zermatt

© Lisanne 2005
Das Geburtstagskind

Der Sturm auf die Seilbahn konnte beginnen. Dank der Schweizer Verkehrspolitik können Kinder mit dem Juniorpaß sehr günstig Seilbahn fahren. 20 Sfr. Jahresbeitrag und dann sind sämtliche Bahn- und auch viele Seilbahnfahrten in der Schweiz in Begleitung eines Erwachsenen umsonst. Doll: da können sich Österreicher und Allemannen eine fette Scheibe von abschneiden.

In 3 Etappen ging es nun recht magenfreundlich auf Klein - Matterhorn 3.820m. Noch kurz auf dem Weg von und zum Klo akklimatisiert und dann konnte die Karawane langsam losziehen.

© Lisanne 2005
Kleinmatterhorn

Ann-Sophie schwang stolz ihren nagelneuen, Pickel.

© Lisanne 2005
Das Breithorn

Das Wetter war gemessen am Vorabend nun erstaunlich gut. Freie Sicht auf das Breithorn. Die Anzahl der Karawanen hielt sich in Grenzen. Tobias und Ann-Sophie kamen zu der freudigen Erkenntnis: Hach, ich merk nix von der Höhe. Na dann wartet mal ab, dachte sich die Mutter. Ich hab noch niemanden kennengelernt, der Höhe so mir- nichts- dir- nichts weggesteckt.

Wir gingen erst mal unangeseit, weil das ist auf dem Plateau bis zum Fuße des Breithorns nicht nötig. Ann-Sophie übte sich im Steigeisengehen und blieb auch nur einmal in der Hose hängen. Besser als Mama, die die Zackenlänge ihrer "Sarken" immer noch nicht so ganz im Griff hat.

© Lisanne 2005
Der Bergsteigernachwuchs

Am Fuße des Breithorns wurde aufgerödelt nach allen Regeln der Kunst. Und los ging die wilde Fahrt. Nein, gemach, gemach das wurde immer langsamer, wie es sich gehört, mit vielen Verschnauf- und Trinkpausen. Wir wollen das Kind ja nicht gleich am Anfang kaputt spielen.

© Lisanne 2005
Familienseilschaft

Aus dem anfänglichen Triumpf über die "nicht-merkliche" Höhe stellt sich dann wie erwartet doch das übliche Geschnaufe ein und man war über jede von Mamas Pausen erfreut. Auch der Gatte wurde langsam kleinlauter, auch wenn er das natürlich nie zugeben würde. So langsam machte es wieder dicht und Wolken zogen auf, die das Breithorn verhüllten. Der Wind frischte auf und verwehte die Spur. So langsam wurde es ungemütlich, denn der Wind kam heftig und von vorne. Aber es waren ja nur noch wenige Meter bis zum Gipfel. Ann-Sophie kämpfte sich tapfer weiter vor, aber mir war schon klar, daß nach dem Anschlagen am nicht vorhandenen Gipfelkreuz der Abstieg mal ganz schnell vonstatten gehen sollte, denn die Kondition von Ann-Sophie würde schnell nachlassen.

© Lisanne 2005
Gipfelsieg

Der Abstieg ging recht flott und nachdem die Familienseilschaft einigermaßen in den Tritt gefunden hatte, war man ruck-zuck wieder auf dem Gletscher. Im Abstieg kamen uns eine Menge Gratulanten für Ann-Sophie entgegen, die sich selbst mit verbissenem Gesicht auf ihren ersten und wahrscheinlich auch letzten 4000er kämpften.

Auf dem Gletscher war das Kind dann erst mal kaputt. Das Atmen ging schwer. Hinein mit den Müsliriegeln und dem pappsüßen Eistee und dann ging es wieder ein Stück. Die letzten Meter bis zur Seilbahn mit einer winzigen Gegensteigung haben es irgendwie in sich und man mag gar nicht mehr vorwärt. (geht mir an der Stelle immer so, obwohl es lächerlich ist).

Bald war jedoch das rettende und ungemütliche Seilbahncafé erreicht, wo die Erwachsenen sich das Gipfelbier gaben und Ann-Sophie Apfelpunsch mit gaaaanz viel Zucker. Bald war sie wieder fit und munter und die Abfahrt nach Zermatt konnte beginnen.

Zermatt ist immer wieder ein Schauspiel der ganz besonderen Art. Es gibt kaum eine schlimmere Touriansammlung in den Alpen, andererseits ist es auch wie Kino. Aber in jedem Fall Augen zu und schnell durch. Mittlerweile hatte der Himmel beschlossen, mal wieder etwas Wasser abzulassen. Ohje, auf dem Campingplatz warten Sabrina und Nataliya im Regen. Das abendliche Kochen fiel dann aus, weil es einfach nicht ging und wir zogen uns ins Campingrestaurant zu fröhlicher Runde zurück. Eigentlich wurde es immer ungemütlicher. Was hätte ich nicht wieder um einen Campingbus oder ein Wohnmobil gegeben.

© Lisanne 2005
Zeltstadt im Regen

Die ganz Harten leerten noch Gipfelsekt unter der Heckklappe meines Bergautos, der Rest zog in die Zelte.

Zum Glück hatte es morgens aufgehört zu regnen, so daß wir wenigstens im Trockenen den ganzen Kram abbauen konnten. Es wurde allgmeine Abreise beschlossen.

Bergfreak1959 zog ab Brig mit dem Zug ins Engadin, Tobias, Sabrina, Ann-Sophie und Nataliya fuhren zurück an den Bodensee. Und ich auf zu weiteren Taten nach Alagna, wo wir noch einen riiieeeesen Sack abzuholen hatten....... Doch das ist eine andere Geschichte.

Fazit: Kinder sind schon höhentauglich, wie immer wieder Tests (jüngster Test wurde im Berner Oberland durchgeführt) beweisen. Jedoch sollte man die Kondition nicht überschätzen. 350 Höhenmeterchen für ein Breithorn sind absolut ausreichend. Danach ist Ende. Der Kinderkörper hat dann keine Reserven mehr und wird von dem meist eisigen Wind regelrecht ausgelaugt. Ist einmal richtig die Luft raus, kann man das Kind nur noch Tragen. Die Technik mit Steigeisen und gehen am Seil, sowie das Gelände bereiten eher keine Probleme.

So ein Ausflug ist wirklich nur zu empfehlen, wenn das Kind auch den Willen zu so einer Unternehmung hat. Der muß schon stark sein. Schleppen es die Eltern nur so ungefragt hinter sich her, kann die Unternehmung schnell zum Desaster werden und die Hochtouren sind dem Kind ein für alle mal verleidet. Ann-Sophie hat beschlossen, nächstes Jahr mit dem Allalinhorn weiter zu machen. Dann muß Mama dann schon wieder rauf. Aber was soll's; bis ich 40 mal Breithorn zusammen habe, vergeht noch einige Zeit.

obadoba, 27.04.2019 17:58