Österreich / Karwendel: Innsbrucker Klettersteig
Klettersteig
   
Art der Tour, Schwierigkeit mittelschwer, westlicher Abschnitt schwer
Gesamtdauer Tagestour
Gipfel Westl. u. Östl. Sattelspitze (2339+2369m), Kemacher (2482m), Westl., Mittl., Östl. Kaminspitze (2445, 2435, 2354m), Seegrubenspitze (2359m)
Anfahrt
Ausgangs-/Zielort Talstation der Nordkettenbahn (Innsbruck-Hungerburg)
Karten, Führer DAV-Karte 5/1 Karwendelgebirge Westliches Blatt, AV-Führer Karwendel Alpin, Rother Wanderführer Klettersteige Bayern Tirol, einschlägige Klettersteigseiten im Internet
Ausrüstung Klettersteigausrüstung (Helm, Anseilgurt, ggf. Brustgurt, Y-Klettersteigset, ggf. Standschlinge mit Schraubkarabiner, 2 lange Prusikschnüre, Handschuhe)
Stützpunkte Innsbruck oder die Bergstation Seegrube/Hafelekar
Beste Zeit Sommer - Frühherbst (Steig sollte schneefrei sein)
Die Tourentage: 03.07.2005
Wetter: Trockenes, klares Wetter
Voraussetzungen: Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, etwas Kletter(steig)erfahrung, Ausdauer

Tourenbeschreibung:
Wer mit "dem Innsbrucker" aus anfahrtstechnischen Gründen ein Wochenende füllen will, braucht - "logisch!", würde Christine sagen ;-) - ein Nachtquartier. Uns haben Lage und Hotelcharakter der Seegrube abgeschreckt, daher haben wir uns eine einfachere Alternative unter den wenigen bewirtschafteten Almen gesucht, die über ein paar Touristenlager verfügen. Unsere Wahl fiel auf die Höttinger Alm, von der aus für den ersten bzw. zweiten Bergtag etliche Touren außer "dem Innsbrucker" möglich sind: Brandjochkreuz (2268m), Hintere Brandjochspitze (2599m), Vordere Brandjochspitze (2559m), Hohe Warte (2597m).
Uns hat es im Juli 2005 dort gut gefallen - zivile Preise, nettes, auch bergsteigerisch kompetentes Team, schöne Lage, gutes einfaches Essen, Lesefutter für Regennachmittage, vorwiegend einheimisches Publikum - einziger Kritikpunkt: In der Gaststube wurde ordentlich gequalmt.

Die Fahrstrecke nach Hungerburg ist ausgeschildert. Von der Seilbahnstation (868m) aus führt ein gemütlicher Wanderweg zur Höttinger Alm (1487m), wechselnd Skipiste, romantischer Bergsteig und Fahrweg, bei gemütlicher Gangart in 2 Stunden locker zu schaffen. Anfang Juli konnten wir dort unterwegs jede Menge Walderdbeeren naschen. Von dort aus kann man, nachdem man den größten Teil des Rucksackinhalts schon mal deponiert hat, gleichfalls sehr gemütlich einen langen und wunderschönen Pfad immer am Hang entlang Richtung Westen zum Achselboden (1634m) wandern (die kleine Almhütte dort machte den Eindruck, als könne man dort einkehren). Weiter geht es direkt den Rücken über der Hütte hinauf, dann westlich gequert zum Brandjochboden (1967m), wo im Juli zahlreiche Kohlröserl wunderbaren Vanilleduft ausströmen, falls man die unscheinbaren Blümchen entdeckt und sich die Mühe macht, sich zu ihnen hinunterzubücken (lohnt sich!). Zum Brandjochkreuz (2268m, den Brandjochspitzen vorgelagerter Hügel) hinauf wird es etwas steiler, man bleibt aber weiter in harmlosem Mattengelände. Der Blick ins Inntal samt Innsbruck, Europabrücke und südlich angrenzenden Bergketten ist, sobald es aufreißt, atemberaubend.

© Berni 2005
Links Europabrücke, rechts die Kalkkögel (Foto: Berni)

Bei gutem Wetter (wir hatten heftigen Regen) wird das, was bisher ein hübscher Bergspaziergang war, erst richtig interessant, man kann nämlich vom Kreuz aus über den Südgrat zur Vorderen Brandjochspitze (2559m) hinaufturnen (Kraxelgelände, stellenweise leichte Kletterei II - III-, im AV-Führer beschrieben), vom Gipfel aus Richtung Nordosten den Julius-Pock-Weg (leichter Klettersteig) zur "Frau Hitt" und dann sehr steil (bei Feuchtigkeit lehmige Rutschpartie) nach Süden zur Höttinger Alm absteigen. (Als wir da waren, gönnte sich der Hüttenwirt diese Runde als Sonntagmorgenspaziergang.) Das ganze Gelände wimmelt von Schafen (und einigen Rindviechern), deren Hinterlassenschaften (vulgo "Tretminen") auch ausgiebig die Pfade und Matten zieren.

Der Innsbrucker Klettersteig wird normalerweise von der Seegrube aus in Ost-West-Richtung begangen, mit der Möglichkeit, am Langen Sattel - also östlich des "schweren" Abschnitts - die Tour enden zu lassen, falls man sich diesem westlichen Klettersteigdrittel nicht gewachsen fühlt. Sollte das der Fall sein, biegt man beim Aufstieg von der Höttinger Alm in halber Höhe rechts (kleine Holzplattform links vom Weg) Richtung Seegrube ab (Pfad hier nicht sehr deutlich) und schlägt nach einer Hangwanderung mit nur mäßigen Höhenunterschieden (ca. 1,5 h) und nach einer kurzen Seilbahnfahrt aufs Hafelekar (die einem ca. 300 Höhenmeter erspart) von dort aus die "Normalrichtung" ein.
Will man es anders herum angehen und auf diese Weise im anspruchsvollen Westteil des Klettersteigs noch ungestörte Bergeinsamkeit genießen, ist es sehr lohnend, die Marschrichtung umzudrehen und weiter zum Frau-Hitt-Sattel aufzusteigen, teilweise durch Schrofengelände, sehr steiles Geröll und Karwendelgries.

© Berni 2005
Die kleine Spitze rechts vom Sattel = Frau Hitt, mit etwas Phantasie erkennt man eine sitzende Frau. (Foto: Berni)

Wo das oberhalb eines Brunnens dicht an einer Felswand zur Linken (auf der AV-Karte deutlich zu sehen) entlangführt, rechts halten, dort verbirgt sich der hier etwas undeutliche Pfad (besser Trittspur). Die Alternative geht zur Not auch - immer an der Wand lang, dann links durch einen Durchschlupf, ein Stück weiter bergauf und, sobald man den Bergpfad sieht, der vom Brandjochboden herüberkommt, ein Stück den Hang gequert, bis man den allmählich kraxelig werdenden Steig wieder erreicht…

© Gisela 2005
(Foto: Gisela)

…und schließlich zu Füßen von "Frau Hitt" (2269m) im Sattel anlangt. Hier geht es gleich zur Sache mit der berüchtigten Leiter, 25m Trittbügel, teilweise versetzt, der Fels stellenweise überhängend.

© Gisela 2005
Anfang vom Einstieg mit Taferl… der Fels hängt stärker über, als das Foto vermuten lässt (Foto: Gisela)

Ist diese Schlüsselstelle überwunden, geht es - freilich mit Drahtseilsicherung - recht knackig und ausgesetzt zunächst eine lange Felsrippe hinauf…

© Berni 2005
(Foto: Berni)

dann über Steilwände und Grate zur Westlichen Sattelspitze (2339m), dem ersten benannten Gipfel der Tour, ein im Kontrast zu den Kraxeleien, die hinaufführen, sanfter Grasmugel mit fantastischer Aussicht außer ins Inntal usw. jetzt auch ins wilde Karwendel. Die Drahtseile leiten ihre Benutzer immer im gleichen Stil auf und ab, zuletzt eine Steilrinne hinunter und dann durch Gehgelände zur Östlichen Sattelspitze (2369m) und zum Langen Sattel, einer langen, gemütlichen, aussichts- und blumenreichen Wanderetappe mitten im Klettersteig. (Spätestens hier kommt einem dann die Karawane von der Seegrube entgegen.)

© Gisela 2005
Rechts Langer Sattel mit Kemacherspitze, links davon Karwendel (Foto: Gisela)

Von dort verläuft der Klettersteig etwas weniger anspruchsvoll, aber immer noch kurzweilig (nicht durchgehend gesichert) über abwechslungsreiches Felsgelände und recht ausgesetzte Gratstücke zum höchsten Punkt der Tour, der Kemacherspitze (2480m). Pause!

© Gisela 2005
Trotz "rush hour" Gipfelglück auf der Kemacherspitze (Foto: Gisela)

Danach kommt sie endlich, das Lieblingsspielzeug der Klettersteigarchitekten: Die Seufzerbrücke, 8m schwankende Hängebrücke über eine Scharte.

© Gisela 2005
Seufzerbrücke (Foto: Gisela)

Weiter geht es, mal links, mal rechts vom Grat, auf und ab…

© Gisela 2005
(Foto: Gisela)

…zur Westlichen, Mittleren und Östlichen Kaminspitze (2445m, 2435m, 2432m), einige sehr steile und knackige Wandstellen hinab und über einen Sattel zur Seegrubenspitze (2350m).

© Gisela 2005
Die Drahtseilsicherung verläuft mehr oder weniger auf der Gratkante (Foto: Gisela)

Das war's auch schon fast, jetzt muss nur noch beim Abstieg ins Hafelekar die - für die gewöhnliche Marschrichtung - Einstiegsschlüsselstelle, die die Spreu vom Weizen sondern soll, überwunden werden, ein fast senkrechter Abstieg durch eine (zumindest für kleinere Personen) trittarme Steilwand.

Wer nach der in dieser Gehrichtung doch recht langen Tour keine Lust mehr auf 1400m Fahrweghatsch ins Tal hat, nimmt nach Hungerburg einfach die Seilbahn.

Tourenbericht von Berni

Gisela

 

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