Immer dem großen "R" nach


Gestern wurde ein neuer Papst gewählt. Alle Welt zerbrach sich den Kopf darüber, ob er ein fortschrittlicher oder eher konservativer Pontius Maximus sein würde. Für uns aber war es bei der Anreise viel wichtiger, den richtigen Weg in den Thüringer Wald zu finden und was uns der Wetterbericht für die nächsten Tage prophezeien sollte.
Eine Rennsteig-Schnuppertour sollte es werden. Vorbereitung auf eine künftige Wanderwoche, stattfindend 2006 oder so. Zu Hause regnete es noch wie aus Kübeln - hier war es dagegen von oben trocken, es blies nur ein kühles Lüftchen aus Osten.

© Usch 2005
Frauenwald

Unser Stützpunkt war Frauenwald, 1218 erstmals urkundlich erwähnt, auf den Höhen des Thüringer Waldes an der alten Geleitstrecke Nürnberg - Würzburg gelegen. Eine alte Verbindung, die von Illmenau kommend über den Kamm des Sonneberges weiter nach Nürnberg führt.

Unser erster Tag galt also der Erkundung der allernächsten Umgebung. Über den so genannten "Eselspfad" wanderten wir abwärts Richtung Trinkwassertalsperre Schönbrunn, vorbei an der Vorstaumauer und über das Tränkbachtal wieder bergauf und zurück nach Frauenau. Kalt war der Wind, der uns um die Ohren pfiff. Wir allerdings waren zunächst vor allem froh, dass der graue Himmel kein Wasser auf uns herab regnete. Ein leckerer Kerner aus dem Weinbaugebiet Unstrut/Saale und ein liebevoll zubereitetes Abendessen unserer Wirtin stimmten uns auf die kommenden Tage ein.

Ausgangspunkt unserer ersten "richtigen" Rennsteigwanderung war die "Alte Tränke". Zunächst stellten wir ein Auto am Endpunkt bei Oberhof am "Rennsteiggarten" ab. Hier wollten wir am Abend ankommen. Womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten war der Altschnee, der etwa zwei Drittel der heutigen Etappe den Weg bedeckte. Die Idee nur in leichten Trekkingschuhen zu gehen ließen wir schnell fallen, die "richtigen" Bergschuhe wurden geschnürt. Handschuhe wären gut gewesen, aber die lagen im Hotel im Schrank. Der Wind war kalt. Gerne zogen wir Mütze und SAN-Buff über die Ohren.

© Usch 2005
sonniges Plätzchen gesucht

Statt der erwarteten weichen Waldwege und Wurzelpfade eierten wir über ausgewaschene und halb weggeschmolzene Langlaufspuren, Blankeiswege, von der vorangegangenen Frostnacht bockelhart gefrorenen Schneewehen und dann wieder vom Schmelzwasser aufgeweichten Sumpf - je nachdem wie weit die Sonne ihre Arbeit schon getan hatte.

© Usch 2005
Schnee- statt Rennsteig

An unserem heutigen Weg lag nicht nur das traditionsreichste aller Rennsteiggasthäuser, die "Schmücke", sondern auch eine Wetterstation des Umweltbundesamtes mit einer informativen Schautafel und dem aktuellen Wetterbericht mit Vorschau für die nächsten Tage. Der sah für uns sehr gut aus! Zwar kalt aber trocken und freundlich. Die Schmücke ließen wir, völlig entgegen unserer sonstigen Gewohnheit, rechts liegen. Wir hatten alles im Rucksack, was zwei gestandene Wandersfrauen so brauchen! Der Höhepunkt unserer heutigen Tour war der höchste Punkt des Rennsteig überhaupt, der Große Beerberg (982m). Auf der Aussichtsterrasse von "Plänckner's Aussicht" (Erforscher des Thüringer Waldes) machten wir unsere Mittagsbrotzeit und genossen die warme Sonne und die herrliche Aussicht.

© Usch 2005
weit über Zella Mehlis reicht der Blick

Über Zella Mehlis hinweg konnten wir weit Richtung Westen blicken und am Horizont die beiden Gleichberge und die Rhön mit Kreuzberg und Wasserkuppe ausmachen. Endpunkt des heutigen Tages war der "Rennsteiggarten" bei Oberhof. Er war erst am vergangenen Wochenende nach einem langen Winter mit Schneehöhen bis 1,20m wieder geöffnet worden. Entsprechend mager war das Ergebnis unserer suchenden Blicke. Seidelbast, Krokusse und einige Steinbrecharten zeigten ihre Blüten. Sonst herrschte noch weitgehend Winterruhe.

© Usch 2005
Restschnee im Rennsteiggarten

Im Sommer ist das hier sicher ein Paradies! Unser Abendessen bekamen wir heute nicht wie geplant in der "Schmücke", die hatte, obwohl es erst ca. 18 Uhr war, geschlossen. Ein hilfsbereiter Hausgeist gab uns den Tipp in den nächsten Ort, nach Gehlberg, zu fahren. Der Hotel-Gasthof "Daheim" erwies sich als wirklich gute und preiswerte Adresse. Wir würden sagen: sehr empfehlenswert!

Unsere nächste Tour führte uns direkt vom Standquartier weg, nach Allzunah, wo wir dann auf den "Rennsteig" trafen. Der Aussicht wegen machten wir einen kleinen Abstecher zum "Großen Hundskopf" (824m).

© Usch 2005
Auf dem Großen Hundskopf

Eine neu erbaute Aussichtsterrasse mit Bank in der warmen Sonne entschädigte uns für den kleinen Anstieg. Hier wäre ein ideales Biwakplätzchen? weg von der Straße, weg vom Hauptweg, mit Hüttchen und weichem Gras.

© Usch 2005
Biwakplätzchen

Heute hatten wir Glück mit dem Wetter und mit dem Weg. In der Sonne schön warm, der Weg schneefrei und größtenteils auf Wald- u. Wiesenboden. Knieschonend! Im Gasthaus am "Dreiherrnstein" wollte man uns das gewünschte Glas Wein nicht wirklich verkaufen, also gingen wir wieder im sicheren Bewusstsein, dass auch heute alles in unserem Rucksack war, was wir brauchten. Ziemlich genau auf der Mitte unserer heutigen Tour fanden wir dann auch ein gemütliches Brotzeitplätzchen mit Tisch und Bank, wo wir erst einmal ausgiebig Rast hielten und die warme Frühlingssonne genossen.

© Usch 2005
narrensichere Wegemarkierung

Danach folgte wieder ein leichter Anstieg und wir erreichten den "Großen Burgberg" (817m). Weiter ging's auf Wald- u. Wiesenwegen, kurz noch einmal die Straße entlang, bis wir unseren heutigen Endpunkt in Neustadt am Rennsteig erreichten. Leider hatte die Glasbläserwerkstatt - es war Freitagnachmittag - geschlossen. Glück hatten wir dagegen im

© Usch 2005
Cafe Lusky und Rennsteigmuseum

Cafe Lusky (empfehlenswert!) wo wir nicht nur leckeren hausgemachten Kuchen bekamen, sondern eine freundliche, redselige Wirtin uns viel über den Rennsteig zu erzählen wusste und dafür sorgte, dass wir auch noch das Museum besuchten konnten und die uns vor allem eine Telefonnummer fürs Taxis zurück heraussuchte. Mit der geplanten Busfahrt war das nämlich nichts - der nächste Bus wäre erst wieder am Montagmorgen gefahren.

Unsere Abschlusstour gestaltete sich dann etwas anders als geplant. Das Wetter war herrlich, die Temperaturen fast angenehm. Wir fuhren also Richtung Oberhof um uns das Teilstück zwischen dem "Grenzadler" und der "Eberswiese" näher zu anzusehen. Die Sonnenterasse der "Rennsteighütte" bremste für die Dauer des Genusses eines Kreislauf fördernden Getränks zunächst unseren Tatendrang. Eine auf dem Rost zubereitete original Thüringer Bratwurst gehörte auch noch zum Pflichtprogramm, aber dann marschierten wir los. Nur kurze Zeit später tauchten wir wieder in die Stille des Waldes ein und nichts erinnerte an den Trubel auf dem Parkplatz vor dem Biathlonstadion.

© Usch 2005
Wegezeichen

Aber heute war irgendwie der Wurm drin. Wieder standen wir nach nur wenigen Kilometern auf eisglatten Wegen oder in knöcheltiefem Morast. Alles nicht wirklich schön. Wir wechselten die Richtung und schlugen den Weg zur Hohen Möst ein, aber wieder landeten wir auf einer Schlittschuhbahn. Dann hatten wir endgültig genug. Wir kehrten um und marschierten soweit zurück, bis wir eine gemütliche Brotzeitbank in der Sonne fanden und packten erst einmal unsere Schätze aus dem Rucksack aus. Manchmal glaubten wir leisen Neid in den Augen der vorbeikommenden Radfahrer und Wanderer erkennen zu können, ließen es uns aber trotzdem gut schmecken. Wenn man bereit ist einen Rucksack zu tragen, hat man eben auch was auszupacken. Heute hatten wir einen traumhaften Tag genossen - ein richtig gemütlicher Abschluss.

© Usch 2005
Dorothee und die Eiche die eine Buche war

Generell ist zu sagen, dass der Rennsteig hervorragend markiert und ausgeschildert ist. Man muss sich schon recht ungeschickt anstellen, um hier den Weg zu verfehlen. Insgesamt sind entlang des Rennsteigs, links und rechts absteigend, sehr viele weitere Wanderwege angelegt und hervorragend ausgeschildert. An der Landstraße, die mal mehr oder weniger weit vom "Rennsteig" entfernt verläuft, sind unzählige Parkmöglichkeiten mit Orientierungstafeln vorhanden, von wo man immer wieder leicht "Zustiege" zum Rennsteig findet. Man kann davon ausgehen, dass in etwa Halbstunden-Abständen Brotzeitplätzchen, teils mit Schutzhütten und bequemen Sitzgarnituren stehen, wo es sich gut sitzen und Jausnen lässt. Gaststätten am direkten Weg sind rar. Meist muss man 1 - 2 km Umwege in Kauf nehmen. Jetzt im April, völlig außerhalb der Saison, waren viele Gasthäuser ganz geschlossen. Pause zwischen einem langen Langlaufwinter und dem bevorstehenden Wandersommer. Erschütternd die Hinterlassenschaften der Wanderer und Langläufer! Tetrapacks, unzählige Papiertaschentücher, Getränkedosen und -Flaschen, Lila-Kuh-Tüten ? eben alle Arten von Verpackungen und Unrat. Schade!

Der Rennsteig verläuft auf seinen knapp 170km weitgehend im dichten, hohen Wald. Für mich dauerte die Anreise 4 Stunden, ins Allgäu sind es grade mal 90 Minuten. Mein persönliches Fazit: Ich hab den Rennsteig gesehen, es waren schöne Wanderungen in ruhiger und erholsamer Umgebung. Ob er Ziel einer Wanderwoche werden wird, ist noch nicht entschieden. Zu den Preisen ist zu sagen, daß die Unterbringung im Hotel teurer ist als z.B. in unserem Standquartier im Lechtal; dort wird dagegen ungleich mehr geboten. Aber, schön wars. Danke Dorothee, fürs Mitwandern!

Usch

 

zur Hauptseite


Copyright (c) 2005 Sektion-Alpen.Net