Expeditionstagebuch Mustagh Ata


 

Das Expeditionstagebuch schildert in chronologischer Reihenfolge Entschlußfindung, Vorbereitung und Durchführung der Mustagh-Ata-Tour 2005. Mit Rücksicht auf die Nicht-DSL-Surfer sind die Bilder nur als Vorschaubildchen eingefügt, anclicken öffnet jeweils eine neue Seite mit einer größeren und kommentierten Version.

Viel Vergnügen beim lesen.


Oktober-Dezember 2004 :
Nach dem x-ten vergeblichen Versuch mal ne Auslands-Tour auf nen höheren Berg mit den lieben deckchenhäkelnden Sektionskameraden zu verwirklichen packt Yak der Frust. Wälzen von Katalogen der großen Bergreiseveranstalter bringt nicht wirklich Erleichterung. Viele große Namen tauchen auf und die Lust ihnen mal näher zu kommen. Cho Oyu (8201m), Pik Lenin (7134m), Pik Pobeda (7439m), Baruntse (7129m), Shisha Pangma (8013m) und noch viele andere.
Dann nach vielem Gegrübel und Kalender-Wälzen und Sparschwein schlachten eine Entscheidung : Für einen 8000er ist nicht genug Zeit und Geld aber ein 7000er könnte gehen, einer der technisch nicht so schwierig ist, die Höhe ist erst mal Herausforderung genug. Einer der irgendwo in ner Wüste liegt. Der Erfolg am Ojos del Salado (6893m), Yaks bisher höchster Berg war auch deshalb problemlos weil das Wetter dort stabil ist. Es kristallisiert sich heraus : Optimal wäre der Mustagh Ata (7546m). Wahnsinnig hoch, da fehlt gar nicht mehr viel bis zum 8000er, also genau das richtige um mal zu sehen was geht, zudem kaum Schwierigkeiten und wenn dann im Eis. Außerdem im Sommer recht warm und in der Taklamakanwüste ziemlich trocken für einen so gewaltigen Klotz.
Noch ein wenig vergleichen der Veranstalter, am sympathischsten ist die Tour vom DAV Summit-Club, denn auch wenn Yak schon viel schlechtes über den gelesen und gehört hat, so ist der Preis für die Tour doch ziemlich niedrig und die Anreise erfolgt über Kirgisien. Das behagt Yak mehr als Pakistan bei der aktuellen politischen Lage, zudem ist die Anreise kürzer und nicht so ungewiss wie über den oft gesperrten Karakorum-Highway, das Stück auf der chinesischen Seite ist meist in gutem Zustand liest man.
Also buchen wir das einfach und gut ist.


März 2005 :
Alle Versuche einen der lieben deckchenhäkelnden Sektionskameraden dazu zu bewegen sich der Herausforderung ebenfalls zu stellen waren über die Monate erfolglos geblieben, was auch nicht wirklich überrascht hat. Die Überraschung erfolgte dann von anderer Seite. Andrea war inzwischen Mitglied unserer kleinen, feinen Sektion geworden nachdem sie auf einer Tour an der Winnebachseehütte die enormen menschlichen Qualitäten der Sektionsmitglieder kennenlernen konnte. Speziell Yak und hasei taten sich da wie immer besonders hervor.
Die Frage ob sie denn nicht Lust hätte ne nette kleine Wellness-Tour nach China mitzumachen wurde aber nicht mit dem üblichen Gefloskel beschieden sondern nach kurzer Zeit bejaht ohne dass weitere Überzeugungsarbeit notwendig gewesen wäre. Tatsächlich : Yak muß den ersten 7000er der Sektion nicht alleine angehen, Andrea kommt mit.


April-Juli 2005 :
Die Vorbereitung zum großen Bergabenteuer wird natürlich mit dem SAN-typischen Ernst und Understatement angegangen : "Den Knogel haun wir eh weg, wozu da groß was trainieren ?" Da Yak viel zu faul (und auch viel zu fett, die Waage zeigt 100kg) zum joggen ist werden halt die Donnerstags-Touren ausgedehnt und beschleunigt, zudem ab und an mal gemütlich auf die Astn (zumindest verglichen mit denen die tatsächlich fit sind ), das wird wohl reichen. Immer neue Meldungen aus dem Frankenland über Joggingstrecken (heute bin ich die 15km recht flott gelaufen und hab noch den Moritzberg mitgenommen) lassen allerdings die bange Frage aufkommen ob sich da am Ende ein peinliches Disaster anbahnt ?! Also schnürt auch Yak die Joggingschuhe und siehe da, nach ein paar eher ärmlichen Läufen lassen sich die 10km tatsächlich wieder unter einer Stunde runterwürgen, das ist aber jetzt schon flott für jemanden der das joggen so sehr haßt wie Yak ! Auch Die Linie profitiert davon, joggen macht schlank, Yak wiegt nur noch 99,9kg.
Überhaupt dieser Moritzberg, Yak kann sich da nicht viel drunter vorstellen. Berge im engeren Sinne gibt es in Franken ja wohl nicht, oder doch ? Yak weiß da etwa so viel wie über das zu besuchende Kirgisien, ist ja auch nicht weit auseinander. Von Rosenheim aus gesehen ist das alles irgendwo in der Nähe von Krosnojarsk. Aber das Internet gibt sicher Auskunft : 
"Durch die Eingliederung der Gemeinde Haimendorf gehört nun auch der 603 m hohe Moritzberg zum Stadtgebiet Röthenbach. Auf seinem Gipfel steht die im Jahre 1419 erbaute Kapelle, die dem hl. Mauritius geweiht ist. Der Nürnberger Patrizier Herdegen Valzner ließ das Kirchlein errichten. Die jetzige Bergwirtschaft war früher die Behausung eines Einsiedlers."
Aha, 603m hoch und oben drauf ne Pommesbude, sehr lustig. Wenns kein Druckfehler ist und die ne null vergessen haben ist da also zumindest nicht von einer Extremberglaufstrecke auszugehen, andererseits, Röthenbach liegt doch irgendwo auf Meeresspiegelniveau, da wären 600Hm ja schon wieder so viel wie auf die Astn. Nur dass Andrea oben keine Schweinshaxe mit anschließendem Kaiserschmarrn verdrückt vermutlich. Da bleibt Yak nur eins : weiter abspecken, die Waage zeigt 99,8kg, es ist also ein massiver Erfolg bereits sichtbar, so muß es weitergehen.

Das Expeditionsvorbereitungstreffen in München bringt keine wahre Erhellung über das was uns erwartet, aber man verspricht uns Marzipanschoki und Cola, der Gipfel scheint also machbar. Statt der im Katalog angegebenen 15 Personen Maximalteilnehmerzahl sollen noch ein paar Skitourenrennläufer mitkommen die einen neuen Rekord aufstellen wollen, na wen interessierts. Außerdem ist der Rückflug von der Fluggesellschaft abgesagt worden, wir fliegen jetzt einen Tag später und nach Hannover. Aha. Das klingt nach Summit-Club, aber das ist auch kein Beinbruch, jetzt gehts erstmal den letzten Rest Fitneß rauskitzeln.
Nach ein paar Eiswänden, ein wenig Westalpen und vielen Trainingstouren ist es Zeit fürs große Finale. Den Habichtlauf. Leider hat Andrea keine Zeit, aber Yak, inzwischen zum Skelett abgemagert (99,5kg) ist wild entschlossen hasei mal zu zeigen wos langgeht. Die Taktik langsam anzufangen und dann schwer nachzulassen geht auch fast auf, leider nur fast. Immerhin ein neuer persönlicher Rekord, mehr als 10 Sekunden schneller als beim alten Rekord. Offensichtlich konnte die persönliche Fitness erheblich gesteigert werden verglichen mit den Vorjahren :((
Also wird es Zeit zu packen und abzufliegen, vorher noch ein gemütliches Wochenende und am Montag den 1.8. geht es los.

Freitag 29.7.2005 : Rosenheim 470m
Alles rechtzeitig erledigt in der Firma, die letzten Einkäufe gemacht, die gesamte Ausrüstung beisammen, selbst die Expeditionsgamaschen sind endlich da, jetzt nochmal schön relaxen. Um 17 Uhr klingelt das Telefon. Eine Dame vom Summit-Club meldet sich und berichtet dass der Flug abgesagt wurde, wir müssen einen Tag früher fliegen und mit Aeroflot und außerdem morgens. Na klasse, das gemütliche Wochenende ist am A..
Aber hilft ja nix, fällt das Wochenende also aus, stattdessen packen und etwas in Hektik verfallen. Ein paar Telefonate mit Andrea, naja, ärgerlich aber was solls, wir treffen uns in München am Flughafen am Sonntag vormittag, bis dahin wird den gesamten Samstag Ausrüstunf verstaut, wieder hervorgekramt, gewogen, aussortiert und wieder eingepackt.

Sonntag 31.7.2005 : Rosenheim 470m -> Bishkek 750m
Verabschiedung daheim von Frau und Hund, dann mit den schweren Taschen mit Bahn und S-Bahn zum Flughafen. Geht sogar, denn das erlaubte Gewicht von 25kg überschreitet Yak nur minimal, da mußte dann doch das Zusatzpaket Marzipan zuhause bleiben. Am Flughafen wartet der Bergführer mit den neuausgestellten Tickets und Andrea ist auch schon da. Beim einchecken dann erste Probleme (wer hätte das gedacht ?) Das Visum für Kirgistan gilt erst ab dem 2.8., wir werden aber am 1.8. ankommen, die Dame am Schalter will uns wieder wegschicken (Aye, Du kömmst hier nicht rein !). Aber der Großorganisator vom Summit-Club ist auch anwesend und macht irgendwie glaubhaft das ein zusätzliches Tagesvisum gefunden werden kann. Dann weiterer Verdruß : Obwohl wir natürlich zusammen fliegen wollten ist Andrea auf einen Flug über Düsseldorf gebucht worden, sie muß schnell ins andere Terminal und wir werden uns dann in ein paar Stunden in Moskau wieder treffen, naja, wenn das alles ist an Schwierigkeiten, was solls ? Ein letzter Besuch beim Burger King, einen Expeditions-Whopper mit Cola runterschütten und in die Maschine. Aeroflot leistet sich für die Europastrecken einen Airbus, aber der Pilot fliegt russisch, die Landung in Moskau ist hart. Der Flughafen dort gelinde gesagt langweilig. Warten auf Andrea bringt keinen Erfolg, zumindest funktioniert das Handy. Die Teilnehmer die über Düsseldorf geflogen sind, fliegen immer noch irgendwo in Deutschland rum, der Flug war überbucht, was nicht weiter verwundert und sie werden erst so spät in Moskau ankommen dass die Maschine nach Bishkek schon weg ist, denn wir fliegen um 22 Uhr weiter. Aber der Summit-Club organisiert ein Tagesvisum und ein Hotel, also auch kein wirklicher Beinbruch aber ärgerlich, Andrea wird sich mit den anderen drei Moskau ansehen während der Rest der Gruppe schon in Bishkek ist. Der Flug ist hart und die Landung auch, die Sardinenbüchse aus dem Hause Tupolev stürzt aber wenigstens nicht ab. Das Gepäck ist vollzählig und das Visumproblem wird mit einigen Dollars geregelt, soweit läuft alles reibungslos. Das Hotel am anderen Ende von Bishkek erweist sich als Riesenbetonbunker aus Sowjetzeiten, aber wir sind ja nicht zum Spaß hier, außerdem hat so ein Klotz auch was, erinnert irgendwie an vergangene Zeiten als Ost und West noch eindeutige Begriffe waren.

Montag 1.8.2005 Bishkek 750m
Inzwischen ist längst ein neuer Tag angebrochen, aber die Müdigkeit hält sich im Rahmen. Auch in Bishkek ist guter Handyempfang, ein Anruf bei Andrea fördert aber wenig erbauliches zutage. Sie hockt mit den anderen inzwischen in Moskau aber dort war niemand um sie abzuholen, sie sitzen in der Transitzone fest und haben zudem keine Bordkarten für den Weiterflug der auch erst in 16 Stunden ist. Langsam steigt massiver Ärger auf, es wird klar warum der Summit-Club so einen miserablen Ruf hat, mehrere Anrufe beim zuständigen Mann in München werden erst vertröstet dann nicht mehr angenommen. Mist, wären wir doch besser mit Amical gefahren, aber hinterher ist man immer schlauer. Das große Glück ist noch dass Andrea überhaupt ein Handy dabei hat, denn sonst wüßte man beim Summit-Club gar nichts über den Verbleib der Restgruppe.
Der Tag in Bishkek ist eher langweilig, die Stadt wenig sehenswert und extrem westlich orientiert, keine Spur davon mitten in Zentralasien zu sein. Die Bunnys sind der Hitze entsprechend nach neuster europäischer Mode gekleidet was den Tag wenigstens etwas kurzweiliger werden läßt, aber außer etwas einkaufen gibt es nicht viel zu tun. Unsere kirgisische Reiseleiterin mit dem klingenden Namen Nasgula (das erinnert an Herr der Ringe) ist ein echter Wonneproppen und immer gut gelaunt. Mehrere Nachfragen bei Andrea in Moskau lassen dort Müdigkeit und ausgesprochen schlechte Laune vermuten, wen wunderts, 20 Stunden auf dem häßlichen Miniflughafen rumlungern wo alles in Euro zu bezahlen ist, das macht sicher keinen Spaß. Abends dann die frohe Botschaft : Sie haben die Bordkarten, dürfen Aeroflot-Buisness-Class fliegen und sind morgen früh in Bishkek. Das Abendessen in einem Restaurant mit lauter kirgisisch-russischer-Live Musik endet mit landestypischem Nachtisch : Wodka. Entsprechend ist der Schlaf.

Flusslandschaft bei Bishkek - anklicken !    Click to enlarge

Dienstag 2.8.2005 Bishkek 750m
Am frühen morgen trifft dann auch endlich Andrea ein, allerdings natürlich ohne Gepäck, das wäre ja auch zu einfach sonst. Morgen geht es weiter Richtung China, wenn das Gepäck also morgen nicht am Flughafen ist hat Andrea ein Problem. Aber das Bunny ist clever, die wichtigsten Sachen sind im Handgepäck und mit Yaks Zusatzausrüstung ist sicherlich sogar Lager II erreichbar wenn nicht mehr, das heißt auch wenn das Gepäck nicht sofort nachkommt sondern erst eine Woche später ist noch nichts verloren. Das Frühstück im Sowjetbunker ist ungewohnt aber genießbar und um 10 Uhr geht es los zu einem Ausflug in die Berge. Nasgula mag nicht in der Stadt bleiben, es ist ihr zu heiß und von unserer Seite gibt es da natürlich keine Einwände. Andrea ist überraschend fit und hat den Zwangsaufenthalt gut weggesteckt. Wir fahren im abgetakelten russischen Reisebus mit russischen Schafören in die Berge. Das Wetter ist mäßig aber ein Blick auf den Höhenmesser läßt ahnen dass die nicht sichtbaren Gipfel die 4000er Marke überschreiten. Die unternommene Wanderung ist kurz und interessant zumal wir einer chinesischen Reisegruppe bei einer Bachüberquerung zuschauen können. Mittags gibt es Fladenbrot mit Wurst und Wodka. Erscheint uns das jetzt noch spartanisch wird uns diese Kost bei der Rückkehr aus China wie eine unvorstellbare Köstlichkeit vorkommen.

Mittwoch 3.8.2005 Bishkek 750m -> Naryn 2030m
Das fehlende Gepäck ist da und Nasgula hat es auch geschafft es durch den Zoll zu bekommen ohne dass Andrea nochmal zum Flughafen mußte. Wir starten also relativ pünktlich und tuckern mit dem alterschwachen Bus in Richtung Südosten. Erst sind die Strassen noch passabel, aber schnell wird der Zustand schlechter und der Busfahrer übt sich in Sorge um sein Schätzchen im Schlangenlinien fahren, bremst immer wieder ab so daß sich die Durchschnittsgeschwindigkeit auf 30 oder 40 reduziert. Entsprechend spät kommen wir in Naryn an. Das "English Guesthouse" präsentiert sich einfach aber sauber, das Essen ist hervorragend und es gibt einen Internetanschluß im Büro. Der wird gleich dazu benutzt im Forum zu posten, was aber schwieirg ist, da der Monitor klein und das Modem langsam ist. Wer hat nur die SAN-Seite dermaßen schlecht gestaltet und keinerlei Rücksicht auf Menschen genommen die nicht über Hi-Speed-DSL und 25 Zoll-Monitore verfügen ? Was würde der Internetreferent jetzt sagen ? Genau : Heul doch !

       

 

Donnerstag 4.8.2005 Naryn 2030m -> Kashgar 1300m
Wir stehen in aller Frühe auf, denn die Weiterfahrt geht über schlechte Straße und auf einen Paß, den der Oldtimer gerade so mit einigen Pausen zum abkühlen schafft. Wir sind an der Grenze, Hassan unser neuer Begleiter erwartet uns, Nasgula wird tränenreich (?) verabschiedet. Wir müssen das Gepäck ausladen und 100m in den anderen Bus schleppen, der einsame chinesische Grenzsoldat läßt uns dafür büßen dass er hierhin strafversetzt wurde. Was solls, wir sind noch voller Kraft und Elan, das ist schnell geschafft. Auf dem Weiterweg nach Kashgar müssen wir die Prozedur allerdings nocheinmal hinter uns bringen, die eigentliche Zoll- und Grenzstation ist ein supermoderner Bau mitten in der Einöde. Jede Menge diensteifrige chinesische Grenzbeamten begutachten Gepäck und Pässe von allen Seiten. Auch das ist irgendwann ohne Probleme überstanden und noch bevor es dunkel wird erreichen wir unser Hotel in Kashgar.
Das Abendessen ist sehr chinesisch aber gut und abwechslungsreich und auch das chinesische Bier ist halbwegs trinkbar

 

       



Freitag 5.8.2005 Kashgar 1300m -> Karakul See 3600m
Um Kashgar näher zu begutachten bleibt keine Zeit, wir halten auf dem Weg zum Berg nur kurz in einem Vorort für ein paar Fotos. Es gibt ein wenig westchinesisches Dorfleben zu bestaunen. Nicht uninteressant und sehr asiatisch, was heißen soll : laut, dreckig, quirlig, lebendig. Aber es gibt eine nette Verkäuferin mit einer großen Kühltruhe voller Cola. Chinesische Coca-Cola genauso wie heimische Future-Cola. Egal, Ein größerer Vorrat wird angelegt, für den Berg ist schon etwas Doping nötig.

           


Weiter geht die Fahrt in eine Schlucht hinein, deren Seiten sich schnell zu imposanten Bergen auftürmen. Nach einigen Kurven taucht links dann auf einmal ein Gigant auf : Der Kongur, ein mehrgipfliges Massiv mit mehreren Erhebungen oberhalb der 7000 Meter Marke, der Hauptgipfel mißt sogar stolze 7719m und ist damit über 150m höher als der Mustagh Ata. Welchen der Gipfel wir durch die Wolken sehen wissen wir nicht, es ist auch egal, der Anblick ist gewaltig. Wir haben nicht einmal die 3000m Marke erreicht und schauen somit fast 5000 Meter in die Höhe. Die Landschaft ist wild und karg, eine Wüste nur mit wenig Sand. Der taucht dann am anderen Ufer eines kleinen Sees auf. Wir machen mittag und fotografieren.
Etwas später ist dann der Karakul-See erreicht. Von hier haben wir einen guten Blick auf unser Ziel. Der Mustagh Ata erhebt sich gewaltig hinter dem See und uns wird erst einmal mulmig. Haben wir uns da nicht doch zu viel vorgenommen ? Erneut gibt es Schwierigkeiten. Wir sollen hier jeweils zu acht in einer traditionellen Jurte übernachten, aber es fehlt das Gepäck. Der LKW auf den es aufgeladen wurde ist noch nicht hier. Wir verbringen die Zeit mit einer Akklimatisationswanderung auf einen recht hohen 3000er der aber nur ein Schutthaufen ist und wenig imposant im Vergleich selbst zu den umliegenden höheren Schutthaufen die teilweise die 4000m Marke weit überschreiten. Nach dem Abendessen weiteres warten auf unser Gepäck, das kommt aber nicht. Wir sollten Hassan lynchen, der ist aber mal wieder nicht auffindbar. Schließlich legen wir uns in voller Montur auf und ihn die Kameldecken, die Nacht unbequem zu nennen wäre eine Untertreibung.

        

  



Samstag 6.8.2005 : Karakul See 3600m -> Shubbash 3700m
Am nächsten Morgen ist unser Gepäck da, aber wir brauchen es jetzt nicht mehr und lassen es gleich auf dem LKW. Die Fahrt geht weiter, aber nur wenige Kilometer. Wir schlagen hier in Shubbash das erste Mal Zelte auf und stellen interessiert fest dass der Summit-Club bei den Zelten nicht spart. Es sind die späteren Hochlagerzelte, stammen von Fjäll Raven und sind sehr groß und hochwertig. Der nachmittag bringt eine Akklimatisationstour. Wir haben inzwischen 3700m erreicht, so dass ein 4000er eine leichte Übung ist. Betont langsames gehen ohne sich anzustrengen ist wichtig, so dauert es doch eine ganze Weile bis wir einen Punkt oberhalb der 4000er Marke erreicht haben. Der Berg selber ist locker 4500m hoch und selbst das Dynafit-Team entscheidet sich es nicht bis zum Gipfel zu treiben. Die Nacht im geräumigen Hochlagerzelt wird von den ersten Akklimatisationstoilettengängen unterbrochen, kein Wunder, wir trinken sehr viel und befinden uns bereits knapp auf Gipfelhöhe der höchsten Erhebungen Tirols, das ist erst einmal ungewohnt. Im Gegensatz zu einem Großteil der anderen Reiseteilnehmer plagen uns aber keinerlei gesundheitliche Probleme so dass wir effektiv gut schlafen.

     

     


Sonntag 7.8.2005 : Shubbash 3700m -> Basislager 4450m
Die Zelte zusammenpacken, zuschauen wie das Gepäck auf die Kamele verladen wird und dann endlich, endlich geht es los : Wir gehen Richtung Basislager. So langsam wie es geht um die besten Voraussetzungen für eine gute Akklimatisation zu schaffen, Zwischendurch immer wieder anhalten für Fotos, ein Bach ist zu überqueren und in einer kleinen Nomadensiedlung gibt es Mittagessen. Insgesamt sind wir einen halben Tag für die Strecke unterwegs die auf dem Rückweg nur zwei Stunden dauert, aber wir kommen ohne irgendwelche Beschwerden im Basislager an. Hier ist erst mal Orientierung angesagt. Das Camp liegt an einer Moränenseite auf relativ ebenem, schneefreiem Gelände. Es gibt festgemauerte Toiletten, einige Hütten und Jurten von Einheimischen und viele Zelte von verschiedenen Expeditionen. Neben uns sind die Franzosen die aber momentan am Berg unterwegs sind, eine 20-Köpfige spanische Gruppe die von unserer Küchenmannschaft mitverpflegt wird, die andere Summit-Club Gruppe mit acht Österreichern, die Amical Gruppe, eine größere japanische und eine kleinere amerikanische Expedition und jetzt noch unsere zwanzig Zelte.
Aufbauen, sich häuslich einrichten, Zelt gegen Wind und Schnee sichern, Abendessen und das gute Gefühl endlich am Berg zu sein prägen den Nachmittag und den Abend. Es wird kalt nachts, aber das Wetter ist gut, man kann Sterne sehen. Morgen ist Ruhetag, aber eine kleine Wanderung im Umkreis kann nicht schaden.

             

Montag 8.8.2005 : Basislager 4450m
Es rasselt seltsam am morgen, ein komisches Geräusch. Aber die Blase drückt, also trotz Kälte raus aus dem Zelt....
....und rein in den Schnee. Es schneit aus grauem Nebel und sieht überhaupt nicht mehr toll aus. Schnell erledigen was zu erledigen ist und wieder rein in den Schlafsack. Der Tag zieht vorbei ohne dass sich das Wetter ändert. Matthias der Bergführer macht auf Optimismus und bleibt bei der Planung für den nächsten Tag : Aufstieg ins Lager 1. Der Tag wird mit packen, essen und schlafen verbracht, ein Ruhetag ganz wie geplant.

Dienstag 9.8.2005 : Basislager 4450m -> Lager 1 5400m -> Basislager
Der Tag beginnt mit klarem Himmel, eisiger Kälte und guter Laune: Das war also nur eine Kapriole des Wetters und nicht der Anfang vom Ende. Nach dem Frühstück geht es los in Richtung Lager 1. Die Zelte müssen wir nicht selber tragen, das erledigen die Esel. Wir bemühen uns extrem langsam zu gehen, eine Kunst die Yak wie kein anderer beherrscht. Nach 6 Stunden erreichen wir weit nach den anderen das Lager 1 sind aber kaum angestrengt und haben weder Kopfschmerzen noch Atemprobleme. Die stellen sich dann beim freipickeln der Lagerplätze ein. Eine Plattform ins Blankeis zu hacken ist eine ungeahnt anstrengende und langwierige Aufgabe. Daß unter der ersten Schicht dann Spuren eines ehemaligen Toilettenplatzes zum vorscheinen kommen macht das arbeiten nicht angenehmer. Nach fast drei Stunden steht das Zelt, wir steigen wieder ab, das geht in gut zwei Stunden recht flott und wir sind vor Dunkelheit wieder im Basislager.

          



Mittwoch 10.8.2005 : Basislager 4450m
Heute wieder ein Ruhetag. Eine kleine Wanderung in die Umgebung, die Gletscher wälzen sich fast bis zum Lager hinunter und es gibt einige interessante Fels- und Eisformationen, allerdings wird das Wetter am Nachmittag schnell schlechter. Wir packen für den nächsten Tag, die Rucksäcke sind schwer, denn wir wollen gleich weiter zum Lager 2 wenn es uns gut geht nach der ersten Nacht im Lager 1. Wir haben ja trainiert auf der Capanna Margherita und dort ging es auch so halbwegs und zwar ohne vorangegangenen Höhenaufenthalt, aber dafür nach einer sehr anstrengenden Tour.
Aber was mitnehmen ? Alles was man braucht aber auch nicht mehr, aber was braucht man ? Wir sind zum ersten Mal auf einer solchen Expedition und gehen ein halbes Dutzend mal im Kopf durch was an Material benötigt wird. Nachdem der Rucksack gepackt ist, wird schnell klar : Das ist zuviel, das können wir nicht alles hochwuchten. Also wieder umpacken. So geht der Tag schnell vorbei.

Donnerstag 11.8.2005 : Basislager 4450m -> Lager 1 5400m
Wir starten wieder als letzte und gehen das gleiche unglaublich langsame Tempo. Sechs Stunden für knapp tausend Höhenmeter. Aber der Lohn der Mühe : Keine Anzeichen von Höhenproblemen und mit der Tatsache dass wir lange nach allen anderen ankommen, können wir gut leben. Das Wetter ist heute etwas wolkiger und kälter, aber niederschlagsfrei und wir hoffen morgen auf einen schönen Tag. Die Nacht verläuft gänzlich ereignislos bis auf die üblichen sehr unbequemen Toilettengänge. 

  


Freitag 12.8.2005 : Lager 1 5400m -> Lager 2 6200m -> Lager 1
Andrea klagt zwar morgens über völlige Schlaflosigkeit, aber Yak kann das nicht bestätigen, das ist wohl mehr Einbildung, das Bunny hat fast die ganze Zeit tief und fest geschlafen. Wir machen uns fertig und starten natürlich wieder als letzte. Der Hang ist mäßig steil, aber die Höhe fordert Tribut, das Tempo ist unglaublich langsam, jede Versuch der Temposteigerung wird mit schnell hämmerndem Puls bestraft, der darf aber möglichst nicht weit ansteigen, so etwa 120 maximal, sonst drohen Höhenprobleme, also weiterkriechen. Zwischendurch reichlich Trinkpausen. Der Weg ist diesmal weniger eintönig, es geht durch einen spektakulären Gletscherbruch, leider ist das Wetter eher schlecht, es ist wolkig und ab und an schneit es ganz leicht. Wir erreichen das Lager nach fast 8 Stunden, sind aber noch gut in Form und haben weder Kopfschmerzen noch sonstige Probleme, nur Zeit haben wir keine mehr. Wir deponieren etwas Material in einem Zelt das die vorangegangene Summit-Club Expedition zurückgelassen hat und machen uns wieder an den Abstieg, aber nicht ohne vorher Andreas neuen Höhenrekord mit einer Cola zu feiern. Doch die Zeit drängt. Das Wetter wird jetzt sehr schlecht, die Sicht verringert sich rapide und ohne die Markierungsfähnchen wäre die Wegfindung im Zwielicht problematisch. Es beginnt stärker zu schneien und der Wind ist stürmisch. Wir erreichen das Lager 1 kurz vor Dunkelheit, das wird zur Gewohnheit.

     


Samstag 13.8.2005 : Lager1 5400m
Das Wetter ist ausgezeichnet und unsere Verfassung auch. Keine Höhenprobleme dafür Bärenhunger. Wir beschließen im Lager 1 zu bleiben während der Rest der Gruppe absteigt. Wir verbringen die Zeit mit essen, der Inspektion des Materialzeltes, unterhalten uns mit anderen Expeditionsteilnehmern, schauen Bergsteigern beim auf und absteigen zu und trinken viel. Der Tag vergeht schnell. Wenn das Wetter morgen gut ist wollen wir erneut ins Lager 2 und dort übernachten. Mehr ist dann nicht mehr drin, denn es fehlt Ausrüstung, vor allem hat Yak noch seine Lederschuhe dabei und nicht die Thermo-Plastikstiefel, eh schon etwas verwegen, aber der Ojos ging auch mit Lederschuhen, also nicht das Weichei markieren.

Sonntag 14.8.2005 : Lager 1 5400m -> Lager 2 6200m
Der Aufbruch zieht sich, das Bunny trödelt mal wieder, das rumstehen vor dem Zelt und die Steigeisen bringen Yak kalte Füße und schlechte Laune. Liegt sicher auch an einem fatalen Fehler : Die Socken waren nicht trocken, obwohl genug Paare im Rucksack sind, aus Faulheit die feuchten Socken angelassen. Solche Fehler werden oft hart bestraft, aber es geht alles gut, die Lederschuhe sind beweglich, der Fuß wird durchgeknetet und im Gletscherbruch sind bei strahlendem Sonnenschein die Füße wieder warm.
Eine fantastische Szenerie diesmal bei genialem Wetter, wir lassen uns wieder mal Zeit, die Rucksäcke sind schwer und wir wollen heute nacht in einer Höhe übernachten in der auch Yak noch nie geschlafen hat. Also langsam, langsam, bloß nicht verausgaben.
Das Lager 2 ist nach über 7 Stunden erreicht aber die Mühsal hat noch kein Ende. Das Zelt hat den Schnee unter dem Boden geschmolzen, um gerade liegen zu können müssen wir erst wieder Schnee unter das Zelt schaufeln. Das dauert mehr als eine Stunde und ist sauanstrengend. Danach dann wieder Schnee schmelzen und Tee kochen. Yak kann das eklige Zeug schon lange nicht mehr sehen und versorgt sich mit Brausetabletten aber auch die schmecken inzwischen eher mäßig und Cola kann man nicht in beliebigen Mengen hier hoch wuchten. Aber eine Belohnungsflasche ist natürlich schon dabei. Der Travel-Lunch schmeckt ähnlich scheußlich wie Tee, also verlegen wir uns auf Salami mit Knäckebrot und Marzipanschokolade.
Der Sonnenuntergang ist diesmal ein Traum in gelb-weiß-rot.
Die Nacht verläuft ereignislos, die Sorge dass wir Probleme mit der enormen Höhe bekommen könnten war unbegründet, wir schlafen ausgezeichnet.

        



Montag 15.8.2005 : Lager 2 6200m -> Basislager 4450m
Die Höhe macht sich langsam in beginnender Apathie bemerkbar. Wir brauchen ewig, um ein wenig Schnee zu schmelzen und zu frühstücken und besonders das Schuhe anziehen ist ein Kraftakt sondergleichen. Wir gehen noch etwas weiter in Richtung Gipfel, ganz ohne Gepäck und brauchen für weniger als 150Hm glatt eine Stunde, fast kommt es uns vor als wären wir kaum ein paar Meter von unserem Zelt entfernt. Wieder ein neuer Höhenrekord für Andrea : 6350m. Der Gedanke wie wir es mit schwerem Rucksack ins Lager 3 schaffen sollen schieben wir beiseite.
Dann zusammenpacken und Abstieg. Die Schneeschuhe und Verpflegung sowie ein paar Klamotten lassen wir im Zelt, der Abstieg ins Lager 1 ist bei gutem Wetter kein Problem, unterwegs begegnen wir einem Teil der Gruppe die ihrerseits heute ins Lager 2 gehen, um dort zu übernachten. Das Basislager ist fast verwaist, nur Andre der die Höhe nicht gut verträgt und Ralf der zwar die Höhe verträgt sich aber einen furchtbaren Sonnebrand geholt hat sind dort, außerdem Javier vom Dynafit-Team, der ebenfalls Probleme mit der Höhe und mit der Ernährung hat. Der Abend dient dazu die Flüssigkeitsreserven des Körpers wieder aufzufüllen, gut dass genug chinesisches Bier da ist.

  


Dienstag 16.8.2005 : Basislager 4450m
Wir verbringen erneut einen Ruhetag der auch nötig ist. Andre und Ralf starten am Vormittag zum Lager 1 und wollen dort oder im Lager 2 auf uns warten, dann kommt nach und nach der Rest der Gruppe herunter. Matthias erfragt erneut in Innsbruck die Wettervorhersage, aber die hat schon gestern und heute nicht gestimmt. Yak mag sich nicht auf die Vorhersage verlassen, hat lieber Reserve. Auch wenn Matthias zu einem weiteren Ruhetag rät sind wir uns einig : Wir machen nur heute einen Ruhetag und steigen dann in einem Zug über die Lagerkette zum Gipfel wenn das Wetter mitspielt. Der Rest des Tages vergeht mit packen, optimieren und letzten Vorbereitungen. Keinesfalls dürfen wir etwas wichtiges vergessen, aber natürlich auch nicht ein Gramm zuviel mitnehmen, sonst werden die Kräfte schon im Aufstieg verpulvert. Nach zweistündiger Optimierung ist der Rucksack so schwer wie ein Kleinwagen. Na gut, was solls, wenn schon dann in Würde scheitern, also noch ne Flasche Cola rein, auf das Kilo kommts jetzt auch nicht mehr an. Der Rest des Tages vergeht mit grübeln, trinken, rumschlendern und Artgenossen oder andere Zotteltiere fotografieren und natürlich essen... 

     


Mittwoch 17.8.2005 : Basislager 4450m -> Lager 1 5400m
Yak wacht früh auf, Übelkeit, das Frühstück fällt aus. Abwarten ? Nein, niemals, das ist ein Tiefenkoller, nichts wie los und ab Richtung Gipfel. Wir starten relativ spät aber vor dem Mittagessen und brauchen wieder fast 6 Stunden bis zum Lager. Yak geht es schnell besser, Andrea hat sowieso keine Probleme, also alles wieder im grünen Bereich. Wir treffen im Lager 1 nur noch Andre an, Ralf ist schon ins Lager 2 gegangen. Andre will morgen mit uns weiter ins Lager 2, wir versuchen diese Planung via Funkgerät ins Basislager zu kommunizieren aber das Funkgerät versagt. Der weitere Ablauf ist Routine : Schnee schmelzen, ein Salamibrot machen, schlafen.
Was sich so einfach anhört ist in Wirklichkeit eine kleine logistische Meisterleistung. Um einen Topf voll Wasser zu bekommen muß man einen großen Sack voll Schnee in einen wackligen Topf stopfen der auf einem noch wackligeren Kocher steht. Um dabei nicht festzufrieren mummelt man sich ein wie ein Michelinmann muß aber die dicken Handschuhe bspw. immer wieder ausziehen um den Deckel abzuheben, neuen Schnee nachzuschieben oder Wasser in Flaschen zu füllen. Dabei bröseliges Knäckebrot mit mühsam abgeschnitten Salami-Scheibchen belegen oder mit Nutella beschmieren und in den Schlafsack schmeißen gehört zum Ritual dazu. Aber es ist verblüffend wie sehr man sich der Zivilisation entfremdet wenn man eh schon zwei Wochen keine Bett und keine Dusche mehr gesehen hat und das essen nur noch aus Snacks und Süßigkeiten besteht. Aber Cola muß immer genug dabei sein, dann paßt das schon ! 
Soll ich auch noch über Hochlagertoilettenlöcher und chinesisches Klopapier philosophieren ? OK, dann halt nicht, überlassen wir diese Erfahrung jedem selber, wer sich mal auf eine solche Tour begibt...

Donnerstag 18.8.2005 : Lager 1 5400m -> Lager 2 6200m
Wir starten wir immer recht spät und Andre ist schon vorgegangen. Das letzte Mal Aufstieg durch den Gletscherbruch. Wir sind etwas schneller als die letzten Male und erreichen das Lager 2 lange bevor es dunkel wird. Ralf ist nicht dort, er ist anscheinend alleine weiter ins Lager 3 gegangen. Wir hoffen das er weiß was er tut, alleine im Lager 3 zu übernachten ist riskant, wenn das Wetter umschlägt könnte er dort festsitzen. Es gibt im Lager 3 bereits ein Zelt von der vorangegangenen Expedition. Wir haben Glück denn da wir die ersten sind brauchen wir nicht selber ein Zelt zu schleppen, allerdings wird es zu viert sicher reichlich eng werden. Der Gedanke noch ein weiteres Zelt mitzunehmen wird aber verworfen. Ein Zelt wiegt über 6kg, selbst wenn wir es dritteln müßte die Cola zurückbleiben, der Anstieg mit schwerem Gepäck ins Lager III ist möglicherweise die Schlüsseletappe, also lieber quetschen.

  


Freitag 19.8.2005 : Lager 2 6200m -> Lager 3 6800m
Andre hat in der Nacht schlecht geschlafen und steigt ab, für ihn ist der Berg gelaufen. Schade aber wenns nicht paßt kann man nichts erzwingen gegen den eigenen Körper. Damit ist auch die Zeltproblematik etwas entschärft allerdings auch jede Chance noch ein Zelt mitzunehmen. Wir starten wieder spät mit schweren Rucksäcken. Doch noch etwas viel Cola drin vielleicht, jedenfalls ist der Weg Tortur. Das Wetter wird schlechter, die Sicht nur mäßig, wir kennen den Weg noch nicht, erreichen dann aber doch nach 8 Stunden das Lager 3. Das sieht völlig verlassen aus. Ralf liegt im Zelt und hat sich den ganzen Tag nicht gerührt, hat das Zelt nicht verlassen und nichts gegessen und getrunken. Alleine hochzugehen war ein Fehler, er hat nicht bedacht wie apathisch man in der Höhe wird und wie wichtig es ist dass man nicht alleine unterwegs ist. Wir zwängen uns in das Zelt dessen Boden auch ausgeschmolzen ist und fangen wieder an zu kochen. Auf dieser Höhe (schon wieder Höhenrekord für Andrea, für Yak fehlen noch 100m) ist alles brutal anstrengend, es reicht gerade um in 2 Stunden drei Liter Wasser zu bereiten die wir auch sofort austrinken, auch der Liter Reservecola muß dran glauben, aktiviert aber wieder Kraft die schon verloren geglaubt war. Zum essen reicht es aber nicht. Wir dämmern zu dritt in der Zeltmitte zusammengequetscht in einen unruhigen Schlaf.

  

Samstag 20.8.2005 : Lager 3 6800m -> Mustagh Ata 7546m
Das Wetter ist perfekt, heute ist der Gipfeltag, keinen Zweifel. Kein Wind, keine Wolke, relativ warm, etwa –20 Grad. Das Schnee schmelzen dauert Ewigkeiten, diesmal für drei Personen. Ralf will mit uns zum Gipfel, wir raten ab, er sieht zu fertig aus, aber nach einigen Bechern Tee und einem Schokoriegel beginnt er mit dem Schuhe anziehen. Das dauert mehr als eine halbe Stunde, inzwischen ist Yak draußen fast festgefroren. Bis Andrea dann startklar ist vergeht eine weitere knappe halbe Stunde, es ist schon wieder extrem spät, diesmal ist das ein Problem, trotzdem starten wir endlich um 10 Uhr. Diesmal mit nur einem Rucksack den wir abwechseln wollen, denn Andreas Rucksack hat schon ein hohes Eigengewicht. Es geht unglaublich langsam voran, aber es geht voran, ein Skitourengeher der aus einem Nachbarzelt mit uns gestartet ist bleibt zurück, auch Ralf kann das unvorstellbar langsame Tempo nicht mithalten. Wir erreichen um kurz vor 12 die 7000m Marke, es ist kaum eine Erwähnung wert. Eine weitere Stunde vergeht, der Höhenmesser zeigt gerade 7050m aber langsam beginnt Yak dem Gerät zu mistrauen, da sehen wir etwas das wie eine menschliche Gestalt aussieht direkt neben einem Fähnchen an der Aufstiegsspur liegen. Ein übler Scherz den sich da jemand erlaubt hat, einige Ausrüstungsteile sind so plaziert worden dass es aussieht als läge dort ein Mensch im Schnee. Etwas später wird klar dass es kein Scherz ist. Dort liegt ein Toter. Die Gedanken rasen, wir stehen nur da und gaffen ohne etwas zu verstehen. Das ist doch nicht der K2 hier, der Berg ist sicher verdammt noch mal, hier stirbt man nicht. Yak gibt sich einen Ruck und geht hinüber. Das Gesicht ist eingefallen, gelb und runzelig, es sieht aus wie ein Asiate der seit Wochen tot ist, der Rucksack liegt nur wenige Meter entfernt, ist aber fast leer. Wir überlegen was wir tun sollen, da sehen wir von unten drei Skitourengeher kommen. Es sind offensichtlich Benni, Basti und Christoph, das Dynafitteam die von Lager 2 bei dem Superwetter einen Gipfelversuch unternehmen. Wir warten auf die drei und verlieren dadurch viel Zeit. Als sie ankommen ist Bastis erster Kommentar nur : „Das ist doch nicht wonach es aussieht oder ?“ Leider doch. Basti ist zwar Tierarzt aber trotzdem etwas abgebrühter, nimmt eine Haarprobe und macht ein Foto, er weiß was in so einem Fall zu tun ist. Die drei wissen auch mit wem wir es zu tun haben. Ein deutsches Pärchen wird vermißt seit vorgestern (!), das was ich für einen Asiaten gehalten habe der seit Wochen hier liegt ist die Frau, die wahrscheinlich gestern erst gestorben ist, der Mann ist nicht zu sehen. Was sollen wir tun ? Die Leiche zu bergen scheint nicht möglich, Hilfe leisten können wir auch nicht mehr, also entscheiden wir zum Gipfel weiterzugehen. Nachdem die Entscheidung gefallen ist brechen wir rasch auf, weg von diesem Ort der Düsternis inmitten eines sonnendurchfluteten Schneehanges. Es dauert eine Weile bis uns die drei Leistungssportler überholen. In der Skispur der Dynafittler geht es etwas besser weiter, aber die Kraft läßt massiv nach und es wird spät, zudem wird es langsam wolkiger. Das Dynafitteam zieht davon, wir machen eine weitere Pause auf etwa 7300m. Nach einer weiteren Stunde auf ca. 7400m treffen wir die drei wieder, sie waren am Gipfel der für uns noch eine gute Stunde entfernt ist. Yak wird der Rucksack zu schwer, die Thermosflaschen werden deponiert, nur eine kleine Gipfelcola kommt noch mit. Andrea spurt inzwischen und muß immer wieder aufs Yak warten. Der Weg zieht sich endlos und der Höhenmesser zeigt nur noch Blödsinn an. Wir werden es wohl nicht schaffen, leben wir überhaupt noch ? Es geht weiter wie in Trance, die Sicht ist inzwischen miserabel, es schneit und stürmt, die Felsen rechts sind kaum zu erkennen, es zieht sich und zieht sich, weiter und weiter, will kein Ende nehmen. Dann aber ändert sich unmerklich etwas, Andrea ruft etwas von Kälte und Erfrierungen, will ihre Gesichtsmaske.Sturm ? Felsen ? Wieso sind wir da an Felsen vorbeigegangen, hier sind doch gar keine Felsen, nur Eis, erst ganz kurz vorm Gipfel sollen Felsen sein. Yak setzt Andrea seine eigene Gesichtsmaske auf, so kalt ist es noch nicht aber der Wind ist aprupt sehr stark geworden und wir stehen in einer Waschküche, aber vor uns im Nebel ist das grau anders, davor sind einige Fähnchen, es ist geschafft, wir sind oben, es geht nicht weiter, da vorne ist möglicherweise eine Wächte, bloß nicht weitergehen, da bricht der Mustagh Ata einige Tausend Meter in die Tiefe ab. Andrea versteht erst langsam dass wir am Gipfel sind. Wo ist der höchste Punkt ? Auf alten Bildern im Internet war eine große chinesische Fahne zu sehen an einem kleinen Steinhaufen, aber hier sind mehrere Steinhaufen außerdem ist es so neblig dass man nicht weiter als 20m sehen kann. Egal, ein Bild machen, Gesicht im Nebel, 7546m, es sieht aus wie überall im Nebel auf einem Berg, wir freuen uns nicht, wollen nur weg, der Abstieg ist so weit und flach, langsam wird es wieder steiler, wir waren oben. Oben ? Wir müssen runter ! Gipfelzeit : 18:35 Uhr, verdammt spät, klar Yak hat das schon einkalkuliert, es ist Vollmond und immer noch relativ warm, die Gesichtsmaske hat Andrea wieder abgenommen. Aber Yak ist erschöpft kann das Bunnytempo nicht mithalten, drängt auf eine Pause. Andrea will nicht, will runter, sie hat ja recht, aber dann bitte langsamer, altes Yak ist kein D-Zug und trägt immer noch den verfluchten Rucksack der viel zu schwer und dessen Inhalt überflüssig ist. Wir treffen Benni und Basti, die steigen erneut auf, bei ihrer Abfahrt haben sie an der Abbruchkante ein Bündel bemerkt dass sich dann als der Vermisste entpuppte, als Basti eine Haarprobe nehmen wollte hat er festgestellt dass der Mann noch gelebt hat. Die beiden versuchen ihn zu bergen. Wir können nicht helfen, steigen die letzten Meter ab ins Lager 3 und sinken erschöpft ins Zelt. Einige Zeit später kommen Benni und Basti, sie haben es geschafft den Mann ins Lager zu schaffen, eine Wahnsinnsleistung, es sind vom Lager 3 wieder etwa 350 Höhenmeter aufzusteigen und das bei inzwischen widrigem Wetter. Die Bergung war aber im Endeffekt wertlos, wie wir am nächsten Tag erfahren stirbt der Mann noch in der Nacht.

     

Sonntag 21.8.2005 : Lager 3 6800m -> Basislager 4450m
Wir haben es geschafft. So richtig ist das auch am morgen noch nicht realisiert, aber es ist ein geiles Gefühl um 8 Uhr aus dem Zelt zu krabbeln und den anderen bei den Startvorbereitungen zuzusehen. Matthias drängt zum Aufbruch, er steht schon eine Weile draußen und friert, der Rest der Gruppe ist erst teilweise fertig. Einige haben Probleme mit den Fellen, andere mit den Schuhen, am Ende startet nur ein Teil der Gruppe. Wir machen es uns erst mal wieder gemütlich, trotz der extremen Anstrengungen am Vortag geht es uns recht gut, wir fühlen uns etwas ausgelaugt aber sonst prima. Das Wetter ist viel schlechter als gestern, es ist wolkig, windig, bestimmt 5 Grad kälter. Wir schmelzen mal wieder Schnee und packen langsam zusammen. Der Weg ins Lager 2 ist im Abstieg schnell geschafft. Wir treffen mal wieder die amerikanische Gruppe, die im Aufstieg ist, aber nicht genug Kraft hat, nach einer Stunde drehen sie wieder um und steigen zurück zum Lager 2, es wird auch für sie keinen weiteren Versuch geben. Wir packen unsere Habseligkeiten zusammen und machen uns auf den Weg ins Lager 1, ein letztes Mal der Weg durch den Gletscherbruch. Wir waren oben ! Ganz langsam macht sich dieser Gedanke im Kopf breit, aber noch ist der Abstieg beherrschend. Im Lager 1 ist noch einiges an Ausrüstung, dort legen wir eine längere Pause ein, schlürfen noch eine Cola und packen das Zelt zusammen. Was unter dem Zeltboden zum Vorscheinen kommt will der Leser gar nicht im Detail wissen, breiten wir den Mantel des Schweigens darüber, Expeditionen und Zivilisation passen einfach nicht zusammen. Der Abstieg ins Basislager wird von einem rumpeln unterbrochen. Wir suchen Schutz zwischen in paar Felsblöcken, ein Gewitter, ganz plötzlich und relativ nahe, aber es geht vorbei ohne noch näher zu kommen. Wir erreichen mit unseren Monsterrucksäcken das Basislager. Nach uns kommen noch einige der Restgruppe. Das Wetter war zu schlecht sie haben aufgegeben, nur drei haben den Gipfel erreicht, genau wie wir im dicken Nebel.
Das Abendessen aus matschigen Nudeln und verkochtem Gemüse kommt uns fantastisch vor, wir haben zwei Tage nichts gegessen und das Bier schmeckt wie von den Göttern selbst gebraut.

  

Montag 22.8.2005 : Basislager 4450m
Das ist wirklich ein genußvoller Ruhetag. Solange liegen bleiben bis der Rücken nicht mehr mitmacht, aufstehen, umsehen, den Blick in die Ferne und übers Lager geniessen. Wir waren oben ! Wir sind einfach die tollsten ! Das muß heute gleich an Pet weitergekabelt werden, unser Triumph muß bekannt werden. Aber erst mal frühstücken und rumlungern. Das zieht sich über Stunden, mit einem Stuhl vor das Zelt in die Sonne setzen, Musik aus dem MP3-Player und immer wieder den Blick in der Ferne verlieren. Wir haben es geschafft, wir waren oben.
Nach und nach treffen die restlichen Teilnehmer ein, sind teilweise gezeichnet vom Gipfelversuch oder dem Abstieg. Klaus hat Erfrierungen an den Fingern, war zudem wohl auch leicht höhenkrank. Am abend wird deutlicher : Das sind schwerere Erfrierungen, zum Glück sind nur die Fingerkuppen und -spitzen betroffen aber die werden jetzt blauschwarz. Auch das ein Bild was wir bisher nicht live kennen und auch nicht kennen wollten, aber er ist halt doch kein Reishügel, der Mustagh Ata, der Vater der Eisberge. Wir versorgen Klaus mit Medikamenten gegen Erfrierungen die wir dabei haben, ein Forumeintrag von Alex im Juli hatte Yak noch dazu veranlasst die Apotheke etwas aufzustocken.

Dienstag 23.8.2005 : Basislager 4450m
Der Tag verspricht mal wieder ein guter Tag zu werden, das Wetter ist perfekt. Zudem ein spannender, Matthias, Benni und Basti sind um 4 Uhr in der Nacht gestartet um einen außergewöhnlichen Versuch zu wagen. Sie wollen heute in einem Rutsch zum Gipfel und wieder runter. Die drei sind mehr oder weniger Profis und ausgezeichnete Tourenskigeher aber trotzdem wäre das eine gewaltige Leistung. Sie gehen fast ohne Gepäck, mit superleichter Ausrüstung, schiefgehen darf da nichts. Im Lager 1 ist Andre und bereitet Getränke, im Lager 2 wartet Christoph. Wir sind gespannt und genießen derweil einen gemütlichen Tag. Sortieren und packen zusammen, halten immer wieder inne um den Gipfelerfolg richtig zu realisieren. Yak sortiert die Schneeschuhe aus, sie haben die Tour nicht überstanden, der Kunststoff ist gebrochen, aber die Harschkrallen waren eh runtergeschliffen, sind viel benutzt worden und haben erst im Abstieg endgültig den Geist aufgegeben.
Am nachmittag dann tauchen 3 Gestalten am Hang auf, mit einem Irrsinnstempo legen die drei den restlichen Weg zurück, sie haben es nicht nur geschafft den Gipfel bei Traumwetter zu erreichen, sie haben Auf- und Abstieg vom Basislager zum Gipfel und zurück in einer Zeit von unter 11 Stunden geschafft. Da können wir nur staunen, das ist eine andere Dimension aber sicherlich die Zukunft des Höhenbergsteigens. Nicht mit unendlicher Langsamkeit und viel Material und Lagern sondern leicht und schnell. Die drei sehen völlig ausgezehrt aus, sind offensichtlich stark dehydriert, machen aber ansonsten einen recht frischen Eindruck wenn man bedenkt was sie gerade geleistet haben. 

     

Sie werden gefeiert und lassen sich feiern, am abend kommt dann noch Javiers Geburtstag dazu mit einem Kuchen, Bier und viel Wodka. In unserem Mannschaftszelt versammeln sich mehrere Expeditionen, die Spanier, die Schweizer und eine japanische Truppe, die Stimmung wird ausgelassen, es wird gesungen in spanisch und deutsch (?), zum Glück finden alle ihre Zelte wieder...

Mittwoch 24.8.2005 : Basislager 4450m -> Kashgar 1300m
Abreise, Zelte zusammenpacken, alles in die Taschen, die Taschen auf die Kamele und zurück nach Shubbash. Wir haben keine Lust mehr auch nur einen Meter zu gehen und sind vom Vorschlag auf Kamelen hinunterzureiten begeistert. Das ist natürlich eine Schnapsidee, es ist so unbequem wie man es sich nur vorstellen kann, die Tiere haben ja keinen Sattel, nur einige windige Decken auf dem Rücken. Aber man muß alles mal ausprobiert haben !?
Wir nehmen nach 2 Stunden dankbar im engen Bus Platz. Die Rückfahrt ist unspektakulär, wir kennen den Weg ja schon, der Ausblick kann uns nicht mehr umhauen, so verbringen wir die Zeit mit dösen und trinken.

        

 

Am abend erreichen wir Kashgar, bevor wir ins Hotel kommen gibt es außerhalb noch eine Party. Die Helden werden empfangen, vor allem die Leistung der drei Dynafittler wird gefeiert, an einer riesigen Tafel wird alles aufgefahren was Kashgar zu bieten hat an kulinarischen Genüssen, es ist eine Orgie, nur dass wir nach den Wochen der Askese gar nicht viel essen können.
Vollgefressen fahren wir ins Hotel, inzwischen ist die Luft voller Elektrizität, ein schweres Gewitter geht über der Stadt in der Wüste nieder. Aber nach knapp drei Wochen endlich wieder ein Bett und eine Dusche, die Zivilisation hat uns wieder in ihren Armen. Auch das Handy funktioniert endlich wieder. SMS nach hause schicken benötigt weitere Zeit.

  

Donnerstag 25.8.2005 : Kashgar 1300m
Eigentlich sollte Erholung anstehen, aber Hassan ist der Meinung wir haben eh nix geleistet und können früh aufstehen. Es geht auf Stadtbesichtigung. Erwartet hatten wir ene kleine quirlige Oase in der Wüste, ehemalige Handelszentrale der Karawanen auf der alten Seidenstrasse, aber Kashgar ist eine moderne Großstadt, das Zentrum Westchinas und zählt insgesamt zwei Millionen Einwohner. Die alten Moscheen sind nicht wirklich interessant, auch der berühmte Bazar ist eher langweilig, ein paar Gewürze und etwas Schmuck, mehr wird dort nicht eingekauft. Das Mittagessen ist dagegen ein Erlebnis. Dieser Teil Chinas ist weniger von Chinesen sondern mehr von Turk-Völkern geprägt, vieles macht eher einen türkischen Eindruck, auch die Sprache ist ähnlich und heute auch das essen. Der Tag geht im Endeffekt schnell vorbei. Noch ein kleiner Spaziergang, ein paar Fotos und schon ist wieder Zeit fürs Bett denn morgen, man glaubt es kaum, müssen wir mal wieder früh aufstehen, es ist ein weiter Weg zurück nach Kirgisien.

     

  

Freitag 26.8.2005 : Kashgar 1300m -> Naryn 2030m
Wir verlassen Kashgar in aller Frühe und fahren auf bekannter Strecke zur Grenzstation. Erneut wird Fieber gemessen um uns als SARS-frei zu identifizieren, erneut werden die Gepäckstücke durchleuchtet und die Pässe von vielen eifrigen Beamten überprüft, aber im Prinzip geht alles reibungslos vonstatten. Wir erreichen die Grenze wo Nasgula und „unser“ abgetakelter russischer Reisebus wartet. Habe wir auf der Hinfahrt noch geschimpft über das alte langsame Gefährt sind wir jetzt voller Begeisterung über ausreichende Verpflegung in Form von Limo und Schnittchen. Endlich wieder Käse und Wurst. Ein Gedicht. Dann noch leckere kirgisische Schokobonbons und Wodka. Das Essen in Kirgisien ist um Längen besser als in China, auch der Grenzübertritt ist bei den kirgisischen Grenzbeamten ziemlich locker, es wird gescherzt und gealbert, die Rückfahrt ist wie ein heimkommen, vielleicht hätten wir gleich in Kirgisien bleiben sollen, 7000er gibt es hier auch.

  


Samstag 27.8.2005 : Naryn 2030m -> Issyk Kul See 1600m
Jetzt beginnt das Ferien-Programm : Wir fahren auf miserabler Strasse zum riesigen kirgisischen Badesee Issyk Kul was soviel heißt wie warmer See. Ist er auch halbwegs so mit geschätzten 19 Grad, aber das Wetter lädt nicht zum baden ein. Es hat gerade erst in den Bergen geschneit bis etwa 1000m oberhalb des Sees, die Umgebung sieht winterlich aus, aber wunderschön. Kirgisien ist landschaftlich einfach eine Wucht. So viel Weite und überall hohe Berge, eine abwechslungsreiche Landschaft und eine sehr offene und herzliche Bevölkerung. Eigentlich ist es unverständlich dass sich der Tourismus aus Europa bisher in Grenzen hält. Es gibt sogar Skigebiete aus der Sowjetzeit, die Preise sind niedrig und es ist nicht wirklich weit weg von daheim. Wir sind fast überzeugt dass sich da in den kommenden Jahren ändern wird. Das Hotel in dem wir untergebracht sind kann europäischen Standard durchaus halten, das einzige was wir nicht verstehen ist : Warum gibt es abends an diesem riesigen See keinen Fisch zu essen sondern Hacksteak wie fast immer in Kirgisien ? Offensichtlich sind die Kirgisen einfach keine Fischer sondern Viehzüchter auf den großen Ebenen die zwischen den Bergketten immer mit guten Weidegründen überzogen sind.

  


Sonntag 28.8.2005 : Issyk Kul See 1600m -> Bishkek 750m
Am morgen Beachlife. Es ist immer noch recht kalt, aber etliche Urlauber tummeln sich in Bikini und Badehose am Strand. Wir bevorzugen Fleece und Windstopper. Es ist angenehm in der Sonne aber heiß ? Nein, die Russen und Kirgisen haben ein anderes Kälteempfinden scheint es.
Nachmittags ein letztes Mal Busfahrt entlang der Bergketten, wir müssen langsam Abschied nehmen von diesem Land das uns mehr berührt hat als das kleine Stück das wir von China gesehen haben. Wir sind uns sicher dass wir irgendwann wiederkommen, es gibt so viele Berge, etliche noch unbestiegen, da ist noch eine Menge zu tun. Wir erreichen Bishkek, packen alles fertig für den Abflug und feiern am Abend noch einmal mit russisch-kirgisischer Livemusik und Wodka.


Montag 29.8.2005 : Bishkek 750m -> München 550m
Es gibt noch etwa Probleme mit dem Übergepäck aber das kann uns nicht mehr wirklich aufregen. Auch der Flughafen in Moskau scheint an uns vorbei zu gehen, die Verpfelgung im Flieger war was für den hohlen Zahn also muß am Flughafen noch ein völlig überteuertes Sandwich her. Das schmeckt ehr gut, verursacht aber am nächsten Tag und auch die Tage danach einen brutalen Durchfall. Ironie einer Reise : Das essen in Westchina, bei Nomaden und im Hochlager unter teilweise haarsträubenden hygienischen Bedingungen hat uns nicht mal ansatzweise gesundheitliche Probleme bereitet. Aber ein abgepacktes Sandwich am internationalen Flughafen von Moskau für 8 Euro wirft Helden der Berge mehrere Tage zu Boden.
Am Flughafen großer Empfang für das Dynafit-Team. Wir verkrümeln uns recht flott, verabschieden uns auch voneinander und kehren langsam wieder zurück in unser Alltagsleben. Erstmal keine Berge heißt das jedenfalls für Yak, Andrea haut schon am nächsten Wochenende wieder einen Gipfel weg, da sieht man mal wieder wer die eigentlichen Freaks der Berge sind...

FAQs :

Fazit ?
Eine lange, schöne Reise mit vielen Eindrücken, einigen Ärgerlichkeiten und einem Gipfelerfolg. Was will man mehr ? Eigentlich nichts.
Noch einmal so ? Nein, bitte nicht !
Weder mit Hauser/Kobler noch mit Amical und erst recht nicht mit dem Summit-Club. Eine zusammengewürfelte Gruppe ist nicht die zweitbeste sondern die schlechteste Lösung. Eine Trekkingtour zu einem 6000er mag so noch gehen, einen richtig hohen Berg sollte man als eingespieltes Team angehen, alles andere ist Unsinn und sorgt eher für Frust als für Bergbegeisterung. Der Bergführer war überflüssig, eher schädlich als nützlich, wir haben ihn meistenteils ignoriert, das hat uns den Gipfel gesichert. Die Ausrüstung konnte überzeugen, das ist sicher ein Argument für eine solche organisierte Tour, trotzdem : Nicht noch einmal so, wenn es auch nur irgendwie anders geht. Wenn man natürlich nur Deckchenhäkler kennt wird es schwierig, da bleibt einem vielleicht keine Wahl.

Wie schwer war es wirklich ?
Technisch leicht, auch skitechnisch nicht kritisch wenn man in der Lage ist auch in extrem dünner Luft mit einem schweren Rucksack und auf meist hartem, windgepreßtem Schnee noch sicher zu fahren, konditionell natürlich extrem fordernd aber wichtiger als absolute Top-Kondition ist Höhenverträglichkeit und physische Toleranz gegenüber fremder Ernährung, mangelnder Hygiene und Dyhydration und Unterernährung. Auch eine gewisse körperliche Leidensbereitschaft muß vorhanden sein. Erfahrung in großer Höhe, Kälte und biwakieren auf Eis sind von großem Vorteil. Wer noch nie auf einem 5000er war sollte sichs aber noch mal gut überlegen...

Schneeschuhe oder Ski ?
Pro Ski : Aufstieg in Spur leichter, Abfahrt schneller
Pro Schneeschuh : Füße werden besser bewegt und nicht so schnell kalt, leichter zu tragen, wer nicht sehr gut Ski fahren kann hat keine Wahl.

Was kommt ?
Es wird natürlich entgegen anderslautenden Bekundungen nicht die letzte Tour gewesen sein. Die „Seele des Himalaya“ spukt Yak schon länger im Kopf herum und der Spuk wird sich wahrscheinlich verstärken in den nächsten Jahren. Alex hat sich schon weit vor die Tür gewagt, zu weit um wieder reinzugehen. Wie die Organisation ablaufen wird ist völlig offen, aber drei Wochen einen Berg zu belagern macht einfach keinen Spaß und hat keine Zukunft. Besser ist es mehrere Berge zu besteigen mit zunehmener Höhe. Dann wenn man gut akklimatisiert ist ran an den Haupt-Berg und schnell hinauf und wieder herunter. Lager in großer Höhe vermeiden. Der Feind ist Höhenkrankheit, Apathie und Kälte. Wenn es nicht klappt dann halt nicht, es sind ja dann schon ein paar niedrigere Gipfel im Kasten, was solls, die Finger, Zehen und das Leben sind wichtiger als ein Gipfelerfolg.
Ja, es ist noch mehr drin als 7546m beim Yak und bei Andrea sowieso. Da kann man noch 617m draufpacken und auch die technischen Schwierigkkeiten noch etwas verschärfen, nur latschen ist öde. Also gibt es ein Ziel irgendwann und das verhindert natürlich dass man sich zur Ruhe setzt nach einem so hohen Gipfel wie dem Mustagh Ata.

Zufrieden ? 
Ja, natürlich, das macht sich gut im Tourenbuch. Gelohnt hat es sich auf alle Fälle, es war das größte Bergerlebnis bisher und wird es auch noch eine Weile bleiben. Es verschafft einen Moment etwas Ruhe der rastlosen Bergsteigerseele, etwas Frieden, eine so große Dosis der verhängnisvollen Droge, aber irgendwann ist der Zeitpunkt sicher da, wo es nicht mehr geht ohne.....

Text : Yak, Bilder : Andrea + Yak

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