...oder die ewige Flucht vor der Sonne
Am letzten Samstag im Juli treffe ich Andreas (Knuddel[tm]) in Stuttgart am Bus. Die nächsten 16 Stunden werden wir Zadar entgegen dösen - von Schlafen kann nicht wirklich die Rede sein. Der Versuch, in Paklenica herausgelassen zu werden, scheitert daran, dass die neue Route über die neue Autobahn führt, die nicht an der Küste entlang geht.
Dafür gibt es in Zadar gegenüber des Busbahnhofs einen klimatisierten Großmarkt, der letzte Ort, an dem ich in der folgenden Woche angenehme Temperaturen erleben werde. Vollgepackt, nicht nur mit unseren Kletterzeug, sondern auch mit Fressalien erreichen wir am Mittag bei etwa 35 Grad im Schatten unsere Pension, Zimmer mit Dusche, WC und Küchenbenutzung für 11 Oiro pro Person und Nase.
Der Fußweg ins Klettergebiet zieht sich, wir hinterlassen Fußabdrücke im glühenden Asphalt. Die Sonne steht genau so, dass weder die links noch rechts von der Straße stehenden Bäume Schatten spenden. Etwa jeden km kommt eine Quelle, und jedes Mal saufen wir Wasser wie zwei Kamele. Am hinteren Parkplatz haben wir keine Lust mehr zu klettern. Zwei Eingeborene geben uns noch einen Tipp für eine Schattenroute. Dafür müssen wir noch mal 30 Minuten in dieser Gluthitze nach oben. Zu viel. Wir finden ein kleines Massiv, das im Schatten steht. Doch was ist das? An dem Fels verbrennen wir uns die Finger. Klarer Fall, das Teil stand den ganzen Vormittag in der Sonne.
Irgendwie kommen wir dann doch noch die 3 Seillängen nach oben. Der Weg endet in einer Scharte, wo wir einen leichten Wind genießen können. Zurück im Zimmer wollen wir noch mal ins Meerwasser. Auch dort keine wirkliche Erfrischung - pisswarm ist die Brühe, fast 30 Grad.
Geschlafen haben wir nicht wirklich gut. Auch nachts waren es nicht unter 30 Grad. Am Montag heißt es dann "früh" aufstehen, den Restschlaf am Mittag am Meer nachholen. Nur - früh aufstehen heißt für Andreas 7 Uhr und das bringt kaum eine Verbesserung. Dafür dürfen wir am Zugang Abgase pur einatmen - eine endlose Autoschlange quält sich durch das enge Tal zum Souvenirstand. Aber es findet sich, wie an allen folgenden Tagen auch, immer jemand, der uns mit nimmt. Irgend so einen Platten-Fünfer schleichen wir dann nach oben. Abseilen geht über die Sonnenseite. Mehr tot als lebend erreichen wir die schattige Nordwand. Für heute haben wir genug. Denken wir. Am Weg nach unten machen wir noch etwas Show-Klettern im Klettergarten 200 Meter neben dem Souvenirladen. Eine total krasse Französin in der Route neben uns zieht die Blicke von uns weg. Allerdings auch meine Aufmerksamkeit, so dass diesen Nachmittag nichts so recht glücken will. Bilder gibt es auch keine, weil die Kamera bei solch hohen Temperaturen den Dienst verweigerte.
Bereits Dienstag wollen wir Mosoraski (gespr. Mosoraschki) am Anica Kuk, die "Zieltour" des Urlaubs reißen. Um noch bei halbwegs annehmbaren Temperaturen dahin zu kommen, stehen wir um 5 auf. Aber die Hitze macht verdammt träge - um 6 Uhr 30 erst kommen wir aus dem Haus, denn am Vorabend gepackt haben wir natürlich nicht. Um 8 stehen wir am Einstieg und beschließen, uns noch einen weiteren Tag an das frühe Aufstehen und die Hitze zu gewöhnen. Wir gehen ein Stunde weiter zur NNE-Wand des und erschrecken, weil da ist noch Sonne drin. Jedoch ist der Einsiteg nicht so einfach zu finden, und eine große Grotte gibt uns bis 9 Uhr 30 Schatten, nach dem 2. Frühstück ist die Sonne auch hinterm Berg. Von unten sieht die Route fast lächerlich übersichert aus, aber das Lachen vergeht mir, an dem die erste Länge hängen bleibt, recht gründlich. Was man immer übersieht: 5+ ist dort, wo die Buchstaben erst beim Sechser losgehen, so schwer wie bei uns ein glatter Sechser. On Site ist das mit vier Liter Wasser am Rücken, von denen ein nicht unerheblicher Teil über die Hände herausgeschwitzt wird, nicht geschenkt. Die dritte Länge führt dann ganz logisch in eine total brüchig aussehende Verschneidung - ich traue mich da nicht hoch, zumal Andreas ohne jegliche Deckung auf einem Absatz steht. Nach einer halben Stunde vergeblicher Suche nach einer Umgehung steige ich dann halt doch hoch. Aber die Routenputzer haben gannze Arbeit geleistet, das gelb-braune bewachsene Zeugs ist bombenfest. Am 712 Meter hohen Gipfel, den wir nach etwa 100 Sprüngen durch Beinbruch-Karst erreichen, ist es trotz Abwesenheit von Schatten recht angenehm. Gemütlich geht es zurück zur Unterkunft. 100 Meter Richtun Dorfzentrum finden wir ein Gasthaus, das für 5 Oiro eine ganze gebratene Makrele oder ein Kilo leckerst zubereitete Cozze anbietet.