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Seit langem mal wieder .... (Gelesen: 3905 mal)
Lamл[tm]
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Seit langem mal wieder ....
30.07.2013 um 21:36:37
 
.... eine Tour gemacht, die "nicht durchsaniert" ist. Eigentlich ist da gar nichts saniert, und weil die Tour alle Jahre vielleicht 1-2 Mal wiederholt wird, ist auch mit sonstigen Begehungsspuren nicht zu rechnen. Die Datenlage ist reichlich dünn. Noch beim Anmarsch ist K** der Meinung, wenigstens Standplätzen seien gebohrt. Zur Beschreibung des Abstiegs reichen drei dürre Zeilen.
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Was man normalerweise so an einem Nachmittag abreißt, wird so zu einem Tages füllenden Abenteuer. Und auch was die Schwierigkeiten betrifft, halten wir uns zurück.

Bis an die Zähne bewaffnet
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steigen wir Samstag zur Neuen Reutlinger Hütte (unbew.) im Verwall. Essen für 2 Tage muss also auch noch mit. Offensichtlich gibt es auch kletternde Bagger, so modern ist das Sport schon geworden.
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Dieser kräftige  (nun ja, aus meiner Sicht) junge Mann hat sich die Tour ausgekuckt und muss zur Strafe u.U. (fast) alles vorsteigen.
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Hier kommen sie das erste Mal in Sicht,
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und hier sind sie so nah wie sonst nie.
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Auf der Hütte erleichtern wir erst unsere Rucksäcke von Lebensmitteln.
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Wir interviewen einen zufällig anwesenden Kletterer, dessen Rucksack heute aber statt mit Klettergeraffel mit einem Baby gefüllt ist.

Nach der obligatorischen Vorabend- Nudel- und Milchreisparty und relativ entspannter Nacht (12 Schläfer auf 12 Lagerplätzen) wollte ich einklich schon zum Hellwerden loslaufen (vorher wäre sinnarm weil der Einstieg mit einem versteckter Haken markiert ist), aber auf K**s Einspruch hin stehe ich um 5:15 auf zum Wasserkochen, K** danach. Gut gefrühstückt rödeln wir an der Hütte auf, denn wir werden am Einstieg nicht mehr vorbei kommen. Gegen 6 Uhr 30 starten wir. 7 Uhr 30 sind wir am Einstieg. Trotz überschaubarer Länge der Route möchte ich möglichst viel im Schatten klettern – die Hitze der vergangenen Tage möchte ich nicht abbekommen. Außerdem möchte ich wenigstens am Zustieg keine nassen Füße in den immer noch vorhandenen Altschneefeldern bekommen, ohne hochschaftige Stiefel durch die Wand schleppen zu müssen.
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Es ist Ende Juli in nur 2400 m Höne.

Harmlos sehen sie aus, aber es sind über 500 Klettermeter von unten nach oben, und Orientierungshilfen, siehe oben.
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Das geht ja gut los

Nach ausgiebigen „Opfern“ und halbstündiger erfolgloser Suche nach der Einstiegsmarkierung nehmen wir einfach irgend einen Riss, der sich dann zum Glück dadurch als richtig herausstellt, dass in dessen tiefsten Gründen tatsächlich der Haken steckt, wenn auch in nutzloser Lage und Position. K** war schon gewarnt u.U. alles vorsteigen zu müssen, falls bei mir im Falle der Möglichkeit eines gesundheitsschädlichen Falles wieder das böse Kopfkino startet. Und so kommt es dann auch, in Länge 2 steige ich auf wackelnden Schuppen (max. III+) umher und schon meldet sich der Fabi wieder, ich soll ihm das überlassen. Irgend wie bringe ich das dann doch zu Ende, doch von da an muss K** fast alles führen, insgesamt bleiben an ihm sieben der elf zu kletternden Seillängen hängen.

Voller Zuversicht am ungewissen Einstieg.
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Nach dem Vorbau, dem 1. Drittel ...
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geht es erst mal eine Rinne hoch - ausnahmsweise mal wieder ich von hinten.
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Der auffällige Riss in der Mitte des Turms ist ideal als Orientierungspunkt
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Bis zum sperrenden Block ist es einfacher als es aussieht, danach kommt die Schlüssel Halblänge. Mit 5- hat das wenig zum tun, zumal die Sicherung an der Stelle mal so richtig lausig ist.
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Das sollte es gewesen sein.
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Bis hierhin kann ich K** noch zwei Mal von einem ziemlich falschen Weg abbringen, viel mehr kann ich nicht für ihn tun. Doch auch meine Wegfindung ist nicht unfehlbar. Ratlos stehen wir (nach SL9) in einem nicht verzeichneten Geröllkessel und steigen halt irgend was hoch. Entweder war das Ergebnis eine Erstbegehung, oder andere sind schon vor uns zum Entschluss gekommen, dass derlei einstürzende Altbauten einen Eintrag im Kletterführer nicht lohnen. Der launige Spruch, dass das Gestein nicht überall fest ist, wo es brüchig aussieht, ist ja hinreichend bekannt, diese zwecks maximaler Zungeverknotung "K**********sche Ausstiegswariante" benannten 100 m sind nicht mal da fest wo es fest aussieht.

Nix wie weg hier

Immerhin kommen alle 10 - 20 Meter mal Risse vorbei, die die Herstellung eines zuverlässigen Standplatzes ermöglichen. Aber mangelnde Routine lässt uns die Zeit zwischen den Fingern zerrinnen. Von der Anfertigung fotografischer Abbildungen haben wir abgesehen und bitten um Verständnis.
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Einen Riesenbammel haben wir beide vor dem Abstieg, was sich allerdings als unbegründet herausstellt – nette Leute haben den Weg ausreichend, wenn auch nicht übermäßig, mit Steinmännchen markiert. Hinreichende Vorsicht und ein im Nachhinein unnötiger Abseilvorgang bringen uns noch deutlich vor Beginn der bürgerlichen Dämmerung in sicheres Flachgelände. Stotototolpern sollte man aber nirgends.

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Der Hauptgipfel ist der kleine Zacken leicht links über K**.

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Hütte in Hör- und Riechweite

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Blick zurück auf die letzten 100 m zum Gibbel. Unser Ausstieg war die sichelförmige Rinne. Vermutlich wäre es richtig gewesen, am scheinbaren linken Horizont zu klettern.

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Vorfreude vertilgt das Kältegefühl nasser Füße.

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Überraschung

Voller Vorfreude auf eine abendliche Fressorgie und mit einem aus der gelungenen Tour resultierenden Grinsen von Ohr zu Ohr streben wir der Hütte zu und stehen vor verschlossener Tür. Die vier minderintelligenten rauchenden und Büchsenbier konsumierenden Halbwüchsigen, sind, entgegen ihren am Vorabend geäußerten Planungen, abgestiegen und haben die Hütte verschlossen. Autoschlüssel, Essen, Geld und HÜTTENSCHLÜSSEL entweder in der Hütte oder (K**s Vermutung) in den Rucksäcken der Kids. Alle möglichen Verwünschungen helfen nix. Telefonieren nach RT hilft auch nichts, das übliche Schlüsselversteck wollen die vorgeblich Nichtexistenz nicht preisgeben. An der benachbarten Konstanzer Hütte geht gleich gar niemand ans Telefon. Wir wollen schon (unter Schonung des Glases) das Fenster aufhebeln, aber das geht auch nicht.

Absteigen ist auch keine Lösung, für den Weg auf die Nenzigast-Alpe wartet schon das Unwetter auf uns. Im Holzschopf schlafen ginge natürlich, aber nachdem wir uns in den abendlich durchsumpften Schneefeldern klatschnasse und kalte Füße holten, würde das absolut spaßfrei, außerdem mag K** ganz gern seine Zehen behalten.

Kurz bevor ich meinen Rucksack durchs geschlossene Fenster werfe, findet K**, fein säuberlich hinter irgend welchem Gerümpel im Holzschopf versteckt, seinen Rucksack. Es wäre nun wirklich kein Problem gewesen, die abgelegene (4 h vom Tal) Hütte für ein paar Stunden offen zu lassen, einen Hinweiszettel anzubringen oder eine Handynummer zwecks Anruf zu hinterlassen.

30 Minuten und 3 Zweiportionsbeutel garantiert geschmackneutraler Tüten- Chop- Suey später fallen wir wie zwei Tote ins nun sehr geräumige Lager, während uns die aufziehende Kaltfront ein donnerndes Schlaflied singt.

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Nach der obligaten Beseitigung der unvermeidlichen Sauerei in der Hütte steigen wir bei mitunter strömenden Regen zurück zu Auto.

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« Zuletzt geändert: 09.08.2013 um 22:52:21 von Lamл[tm] »  

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Re: Seit langem mal wieder ....
Antwort #1 - 30.07.2013 um 21:54:32
 
Ich danke meinem Berggefährten Kai für seinen unerschrockenen Vorstieg an stellenweise ausgesprochen fragwürdigen Sicherungen, dafür, dass er im größten Bruchhaufen noch einen brauchbaren Standplatz fand, der uns beide vor einem sicheren Formationsflug bewahrte und überhaupt dafür, dass er nächstes Wochenende noch mal mit mir unterwegs sein wird.

Tourentipp (oder auch nicht):

Pflunspitze - Haupt-Vorgipfel, ca. 2905 m, Südwestkante

Mit Ausnahme der zweiten Seillänge feste Gneiskletterei, überwiegend 4 und 3, 8. und 13. (letzte) SL 5-. Nach der 10. SL nicht einfach zu finden. Wegen unseres Verhauers können wir zu den letzten 3 SL nichts sagen. Der Gneis ist super griffig, und die stellenweise lästigen Flechten wären auch bald weg, wenn die Route öfters mal wiederholt würde.
Sehr wenige, zur Wegfindung nicht geeignete Haken in der Route, evtl. abbinden. Benötigtes Material: 5-7 Bandschlingen, Kevlarschlinge zum Fädeln, ein Satz Keile incl. 1-2 große Hexcentric, Friends bis zur Größe Camalot 4 (!). Evtl. Drahtbürste wg. der Flechten Zwinkernd. Zwischenstand in SL 9 (Risskamin) sehr anzuraten, ggf. mit einem zusätzlichen Haken verbessern, (wir selbst hatten Ballnuts mit).
Absicherbarkeit bei Beherrschung der Techniken und etwas Auge für gute Placements mit Ausnahme der zu allem Überfluss noch unterbewerteten Schlüsselseillänge gut. Für die letztgenannte hat man dann einen Kai dabei Smiley.
Rückzug mit Materialverlust bei trockenen Wetter durchgehend, bei Regen wg. Verlaufs durch eine Rinne nur bis zur vierten SL möglich. Zum Rückzug Hammer & Haken erforderlich.
Klesatschkesche Ausstiegswariante 3 bis 5-, wobei die 5 Meter lange 5- die einzige Passage mit gutem Fels ist.
Zwecks Abstiegs sehr ausgesetzt, aber unschwierig Steinmännchen verfolgen. Offensichtliche Abseilstelle lässt sich ostseitig umklettern (I) wobei hier ein falscher Tritt mit dem sicheren Tod bestraft wird.
Unterkunft in der wunderschön gelegenen Neuen Reutlinger Hütte (12 Lager, Selbstversorger), mit viel Gepäck ca. 4 h oberhalb von Langen am Arlberg.
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« Zuletzt geändert: 31.07.2013 um 08:09:48 von Lamл[tm] »  

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