Willkommen Gast. Bitte Einloggen
Sektion Alpen.Net
   
  ÜbersichtHilfeSuchenEinloggen  
 
Bergforum 2004 (Gelesen: 7905 mal)
pet
Held der Berge
*****
Offline


Pray for snow!

Beiträge: 2691
Roma, Italia
Geschlecht: female
Bergforum 2004
30.04.2004 um 09:55:00
 
Gestern wurde im Alpinen Museum auf der Praterinsel die Ausstellung
"Gletscher im Treibhaus" eröffnet.
Über 100 historische Aufnahmen (Postkarten, Fotografien) werden hier aktuellen gegenübergestellt. Im direkten Vergleich wird das Schrumpfen der Gletscher erschreckend deutlich.
Allein im Rekordsommer 2003 hat das Eis der Westalpen 5 bis 10 % seines Volumens eingebüßt, so die Ausstellungsmacher bei der Eröffnung.

Geöffnet ist die Ausstellung bis zum 16. Januar 2005.
http://www.alpenverein.de/news/more.php?id=1075


Begleitend zur Ausstellung findet das Bergforum 2004 statt, eine Reihe von Veranstaltungen respektive Podiumsdiskussionen mit hochkarätigen Vertretern aus Politik und Forschung, die sich mit den Themen Klimawandel und Alpentourismus beschäftigt.
Anlass ist der zweijährige Vorsitz Deutschlands bei der Alpenkonvention (2002-2004)
http://www.alpenverein.de/news/more.php?id=1076

Die Eintrittskarten sind kostenlos, es wird aber gebeten, die Karten vorab zu reservieren
(Alpines Museum des Deutschen Alpenvereins e.V., Praterinsel 5, 80538 München,
Tel: 089/211224 - 0 (Di bis Fr 9-12 Uhr, Do 13-18 Uhr), Fax 089/211224 - 40, e-mail: alpines_museum@alpenverein.de)


Das Programm im einzelnen:
Montag, 03.05.2004, 19 Uhr
Risiken des Klimawandels in den Alpen
Welche Klimaszenarien gibt es für die Alpen und wie reagiert die Politik auf die Prognosen?
Teilnehmer:
Dr. Werner Schnappauf (Bayerischer Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz),
Prof. Wolfgang Seiler (Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Atmosphärische Umweltforschung, IMK-IFU),
Dr. Stefan Köhler (Internationale Alpenschutzkommission CIPRA Deutschland),
Dr. Gerhard Berz (Münchener Rückversicherung)

Donnerstag, 27.05.2005, 19 Uhr
Die Zukunft des Klimas - Was geschieht in Politik und Technik?
Teilnehmer:
Axel Friedrich (Umweltbundesamt Berlin),
Joachim Lorenz (Referent für Umwelt und Gesundheit, Landeshauptstadt München),
Jürgen Cuno (Leiter Politik und Kommunikation, Deutsche BP AG Berlin),
Wolfgang Lohbeck (Greenpeace),
Dr. Wolfgang Zängl (Gesellschaft für Ökologische Forschung)

Donnerstag, 08.07.2004, 19 Uhr
Alpenkonvention - Markstein auf dem Weg zur Nachhaltigkeit?
Teilnehmer:
Bundesminister für Umwelt Jürgen Trittin,
Prof. Dr. Werner Schroeder (Institut für Völker-/Europarecht, Universität Innsbruck),
Dr. Ewald Galle (Bundesministerium f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien),
Prof. Heinz Röhle (Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins e.V.),
Andreas Weissen (Internationale Alpenschutzkommission CIPRA International)

Dienstag, 14.09.2004, 19 Uhr
Alpentourismus in der Postmoderne
Teilnehmer:
Dr. Dominik Siegrist (Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus, Landschaft, Hochschule Rapperswil, Schweiz),
Prof. Dr. Ralf Roth (Institut für Natursport und Ökologie, Sporthochschule Köln),
Michel Revaz (Internationale Alpenschutzkommission CIPRA International),
Dr. Peter Vollmer (Nationalrat Schweiz, Verband Öffentl. Verkehr und Seilbahnen Schweiz),
Josef Margreiter (Tirol Werbung)

Mittwoch, 13.10.2004, 19 Uhr
Die Zukunft der Gletscher
Teilnehmer:
Dr. Ludwig Braun (Kommission für Glaziologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften),
Prof. Wilfried Haeberli (Geographisches Institut der Universität Zürich),
Dr. Karl Gabel (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Innsbruck),
Prof. Dr. Albert Göttle (Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft),
Dr. Jürg Meyer (Schweizer Alpenclub SAC)

Samstag, 13.11.2004
Ski und Rodel gut? Wintersport in Zeiten der Klimaänderung
Veranstalter: Deutscher Alpenverein e.V., Bund Naturschutz Bayern e.V., Ökologische Bildungsstätte  Oberfranken
Programmdetails siehe www.alpenverein.de ab August 2004

Fragen und Beteiligung aus dem Publikum sind ausdrücklich erwünscht.


Vor der Veranstaltung besteht natürlich die Möglichkeit, die Ausstellung "Gletscher im Treibhaus" zu besichtigen (wohl dem, der nicht berufstätig ist...)
Für umweltgerechte Anreise ist auch gesorgt, da Parkplätze nicht zur Verfügung stehen, und auch in den umliegenden Straßen ist es sehr schwierig, Parkplatz zu finden.
Also Park&Ride:
Straßenbahnlinie 17, Haltestelle Mariannenplatz;
S-Bahn alle Linien, Haltestelle Isartor;
U-Bahnlinien 4 und 5, Haltestelle Lehel


Wer am kommenden Montag hingehen möchte, Kurt, Tarkan und ich werden auf jeden Fall da sein, es wäre schön, wenn noch ein paar von euch hinkommen.
Für alle die es nicht schaffen, werde ich natürlich berichten.

Viele Grüße aus Rosenheim
Pet
Zum Seitenanfang
 

Smiley Smiley
 
IP gespeichert
 
pet
Held der Berge
*****
Offline


Pray for snow!

Beiträge: 2691
Roma, Italia
Geschlecht: female
Re: Bergforum 2004
Antwort #1 - 06.05.2004 um 14:35:16
 
So, dann werd ich mal versuchen, ein Fazit zu ziehen...

Kurt, Tarkan und ich haben uns also die Podiumsdiskussion angehört. Teilnehmer waren der bayerische Umweltminister Dr. Werner Schnappauf, Prof. Dr. Wolfgang Seiler vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Dr. Stefan Köhler von der CIPRA, Dr. Gerhard Berz von der Münchener Rückversicherung und moderiert wurde das Ganze von Wolfgang Roth, Süddeutsche Zeitung (zuständig für Innenpolitik, Umweltpolitik und das Streiflicht).

Zu Beginn hatte jeder der Teilnehmer ein kurzes Statement vorbereitet, das ca. 3 Minuten dauern sollte, tatsächlich aber auf einen etwa 15-minütigen Vortrag hinauslief. Dadurch wurde die vorab auf 2 Stunden festgelegte Veranstaltungsdauer schon fast aufgebraucht, was dann zu Lasten der Diskussionszeit ging...
Zusätzlicher Zeitdruck entstand dadurch, dass Dr. Schnappauf noch einen weiteren Termin hatte, aber schließlich dennoch bis zum Ende der Diskussion blieb.

Was hatten uns die Herren also zu sagen?
Für die etwa 100 Zuhörer war wohl nicht viel neues dabei, da man davon ausgehen kann, dass diese schon ein gewisses Interesse an Umwelt und Naturschutz mitbringen, wenn sie so eine Veranstaltung besuchen.

In den einleitenden Vorträgen stellten die Redner ihre Sicht der Dinge dar, belegt durch die eine oder andere interessante Zahl.

Einig sind sich alle darüber, dass der Klimaschutz ein globales Thema sein muss, da man regional wenig gegen den globalen Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre tun kann.
Dennoch ist das Thema Umwelt in letzter Zeit ein wenig in Vergessenheit geraten, zuviele andere Themen beschäftigen Medien und Politik: die Wirtschaft, der demographische Wandel etc.
Herr Roth hat hier auf den Katastrophenjournalismus hingewiesen, der gerne Schauerszenarien zeichnet, die dann aber nicht nur in Vergessenheit geraten, wenn nichts passiert, sondern sich dann ins Gegenteil verkehren (wenn bisher die Klimakatastrophe nicht eingetreten ist, dann kommt sie gar nicht).
Und Klimawandel passiert eben nicht auf einmal und plötzlich sondern stetig.

Wie sehen nun die Prognosen aus?
Die Auswirkungen, die der Klimawandel auf die Alpen hat, werden auch nicht nur lokal hier auftreten, sondern haben Auswirkungen auf ganz Mitteleuropa. Immerhin liegt hier der größte Süßwasserspeicher des Kontinents. Zugleich werden die Auswirkungen auf die Alpen aber besonders drastisch sein, da hier auf engstem Raum viele verschiedene und sensible Öko-Systeme aufeinandertreffen.

Alle Redner haben die gleichen Szenarien aufgezeigt, die Temperatur in Bayern wird bis 2050 um durchschnittlich 1,5 - 2° Celsius ansteigen, in Regionen wie dem Karwendel oder dem Bodensee sogar bis zu 6°! Ca. 3/4 der Alpengletscher werden bis dahin verschwunden sein, und neben der Erwärmung wird es in Südbayern noch viel feuchter, in Nordbayern dagegen trockener. Hier ist jetzt schon die Trinkwasserversorgung das Problem.
Natürlich geht all das einher mit einer Steigerung von Extremereignissen, Hochwasser, Steinschlag, Lawinen, Muren, da sich die Erhöhung der Niederschlagsmenge und Temperatur nicht gleichmäßig auf das Jahr verteilt. Die Niederschläge werden sich vor allem im Frühjahr häufen, wenn der Boden noch zu kalt ist, um viel Wasser aufzunehmen, und die Temperaturanstiege passieren vor allem im Winter und nachts (es kühlt nicht mehr so weit ab, was u. U. auch eine Erhöhung diverser gesundheitlicher Probleme mit sich bringt). Die Permafrostgrenze verschiebt sich nach oben, die Gletscher schmelzen ab, vermehrte Waldbrände im Sommer, Windbruch und Schneebruch nehmen zu...

Interessante Hintergrundzahlen:
  • in Bayern beträgt der durchschnittliche Pro-Kopf-CO2-Ausstoß 7 Tonnen, bundesweit 10-11 Tonnen, in den USA dagegen 22 Tonnen...
  • Indien wächst jährlich um 19 Mio Einwohner (Bayern hat 12 Mio), bei einer derzeitigen Bevölkerung von 1,2 Mrd - dieser Energiebedarf muss gedeckt werden!
  • würden ab heute weltweit keine CO2-Emissionen mehr anfallen, so würde die Konzentration in der Atmosphäre dennoch in den nächsten 30 Jahren um 50-70% ansteigen!
  • damit der prognostizierte Temperaturanstieg die 2° Celsius nicht übersteigt, müssten die CO2-Emissionen weltweit um 50% reduziert werden, d.h. alleine in den Industrienationen um 80%
  • China hat in einem Jahr alleine einen Schadstoffausstoß, der ein 12faches dessen beträgt, was die BRD bis 2010 abbauen möchte! (Kurt, bitte korrigier mich, ich hoffe, ich hab die Zahlen richtig mitgekritzelt)
  • selbst wenn sich das Klima heute stabilisieren würde, die Gletscher reagieren mit Zeitverzögerung und würden trotzdem weiter abschmelzen, in den Ostalpen also trotzdem verschwinden - Hauptgrund hierfür ist auch die Luftverschmutzung, das graue Eis reflektiert die Sonnenstrahlung nicht mehr, sondern wandelt sie in Wärme um und schmilzt dabei

Natürlich haben alle die Dringlichkeit des Themas Naturschutz hervorgehoben, jeder hat aus seiner Warte das Problem erkannt, und die Lösungsstrategien sind für alle die gleichen:
1. Vermeidung, d.h. CO2-Ausstoß und sonstige Emissionen reduzieren, um möglichst den Klimawandel zu verlangsamen (ein Stoppen ist Utopie) und
2. Anpassung - Strategien entwickeln, wie mit den veränderten Lebens- und Klimabedingungen umgegangen werden kann.

Allerdings hatte jeder der Redner seine eigene Sichtweise, wie das am besten zu erreichen ist, geprägt durch die Organisation, für die er arbeitet.

Doch in einigen Hauptpunkten besteht auch Einigkeit
  • wichtigste Stellschraube ist natürlich die Politik, und hier muss vor allem international gearbeitet werden. Die CIPRA moniert hier, dass vor allem auf europäischer Ebene viel zu wenig getan wird, v.a. für die Umsetzung der Alpenkonvention, die Protokolle sind noch nicht in allen Ländern ratifiziert. Deutschland ist zwar Vorreiter bei der Ratifizierung internationaler Abkommen, die Umsetzung ist allerdings dürftig (siehe LKW-Maut).
    Auch auf die Ratifizierung und Umsetzung der Kyoto-Protokolle muss mehr gedrängt werden, v.a. die USA müssen hier in die Pflicht genommen werden (wie das geschehen soll, hat allerdings keiner gesagt...)
    Politische Regelungsinstrumente sind nicht richtig aufeinander abgestimmt und greifen daher nicht, siehe die Diskussion zum Emissionsrechtehandel, der jetzt die Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft abgelöst (und auf ein niedrigeres Niveau gesetzt) hat.
  • Regenerative Energien sind zu fördern, Nachholbedarf besteht in Deutschland vor allem noch bei den Themen Biomasse (hier ist Österreich Vorreiter) und Geothermie (Schweiz).
  • Anpassungsbedarf besteht vor allem beim Hochwasserschutz, hier sind sich Politiker, Rückversicherer und auch die CIPRA einig. Allerdings wünscht die CIPRA z.B. die Ausweisung von mehr Hochwasserschutzzonen und die strengere Handhabung, während die Politik doch wohl eher an bauliche Maßnahmen denkt.
  • Entwicklungshilfe wird als weiterer wichtiger Punkt angesehen, wenn wir Industrienationen den schnell wachsenden Wirtschaftsräumen Südostasiens z.B. nicht dabei helfen, umweltfreundliche Technologien zu entwickeln, werden diese ihr Wachstum so erzielen, wie es in den Industrienationen auch passiert ist: auf Kosten der Natur und zukünftiger Generationen
  • Die CIPRA hat zudem die alpenspezifischen Probleme betont, die es zu lösen gilt: Strukturwandel im Tourismus (nicht nur im Wintersport), und vor allem auch alternative Erwerbsquellen für die Alpenbewohner erschließen, damit nicht wieder eine große Abwanderungswelle aus den Alpen stattfindet.

Fazit: Alle sind sich einig, dass das Thema wieder mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gehört, und dass etwas getan werden muss. Übereinstimmung besteht auch in den Dingen, die getan werden müssen.

Was mir persönlich gefehlt hat, waren etwas konkretere Aussagen, WIE diese Dinge denn getan werden könnten, oder was die einzelnen Gruppen und Organisationen tun, um Lösungen zu finden.
Das Thema "Klimawandel in den Alpen" wurde eigentlich ziemlich verfehlt, es ging doch überwiegend um die Politik und den Klimawandel im Allgemeinen (eigentlich das Thema der nächsten Veranstaltung).
Also eher doch eine Zusammenfassung allgemein bekannter Tatsachen, untermauert durch die eine oder andere neue Zahl. Eine ernsthafte Diskussion kam nicht zustande, es wurden noch einige Fragen beantwortet, unter Diskussion stelle ich mir aber doch etwas anderes vor.
Für's öffentliche Bewusstsein reicht es wohl auch kaum, vor 100 an sich schon umweltinteressierten Leuten eine derartige Veranstaltung abzuhalten.

So richtig hat sich mir der Sinn des Ganzen nicht erschlossen, auch wenn es interessant war. Oder hab ich mir nur zuviel erwartet?


Sehr interessant war allerdings hinterher die Ausstellung "Gletscher im Treibhaus", zum Glück haben wir vorher schon von dem Imbiss aus der Direktvermarktung der Tölzer Bauern gekostet, denn die Bilder haben mir doch einen ganz schönen Knoten im Magen verursacht.
Für Kurt dürfte es noch schrecklicher gewesen sein, er hat uns erzählt, auf welchem der Gletscher er Messungen durchgeführt hat, und wo damals noch Eis war - unvorstellbar!

Also schaut euch die Ausstellung an, wenn ihr es einrichten könnt, sie lohnt sich in jedem Fall!

Ob ich zu den nächsten Diskussionen gehe, werde ich spontan entscheiden. Könnte ja sein, dass die ergiebiger werden!

So, Kurt, jetzt kommst du, bitte korrigier mich, wenn ich etwas vergessen, verfälscht oder ausgelassen habe!

viele grüße aus ro-town,
pet

Zum Seitenanfang
 

Smiley Smiley
 
IP gespeichert
 
Croco
Ex-Mitglied


Re: Bergforum 2004
Antwort #2 - 06.05.2004 um 15:23:19
 
danke pet für die wirklich informative zusammenfassung...

liebe grüße...
petra...
Zum Seitenanfang
 
 
IP gespeichert
 
Karratte
Full Member
***
Offline


THAT YOU NOT O'ERSTEP
THE MODESTY OF NATURE
..

Beiträge: 133
Muenchen
Geschlecht: male
Re: Bergforum 2004
Antwort #3 - 06.05.2004 um 19:54:53
 
Liebe pet, dein Bericht ist umfassend und korrekt, was soll ich da noch hinzufügen: ich will nicht unnötig als Klugsch-reiber erscheinen. Auch deinem Resümee: "Thema verfehlt!" stimme ich voll zu. Ich führe das zurueck auf die Anwesenheit von Herrn Minister Schnappauf (vor dem alle buckelten ...).

Allerdings, was China anbelangt, so ist es noch schlimmer, als du erwähnst: iin einem Jahr (2001-2002) wuchs der CO2-Ausstoß um 700 Millionnen Tonnen, also das 12-fache dessen, was Deutschland bis 2010 einsparen will. Was passiert, wenn dort der Wohlstand steigt und 4WD-Autos so beliebt werden wie bei uns, kann man sich leicht ausmalen ...

Meine eigenen Erfahrungen bestätigen den Rückgang des Vernagtferners. 1967 war ich dort an der Messung der Eisdicke beteiligt. Die Gletscherzunge endete damals etwa 500 m oberhalb der Stelle, wo heute die Pegelstation steht. Heute sieht man dort nur gräßliche Grundmoräne!

Die Zahl von 6 Grad Temperaturerhöhung für das Karwendel bis zum Jahr 2050 ist vielleicht etwas zu hoch. Aber selbst wenn man nur 3 Grad annimmt und sich die Folgen vergegenwärtigt, ist es dramatisch: Die Temperatur nimmt mit Höhe um etwa 6 Grad pro 1000m ab (Faustformel). Wenn die Temperatur nun 3 Grad steigt, werden die Vegetationszonen und die Baumgrenze um 500 m steigen müssen!

Selbst die weichsten Weicheier der SAN schaffen das in einer guten Stunde, aber die Pflanzen sind langsamer und ob sie diese Höhendifferenz in 50 Jahren klettern ist sehr fraglich! Statt über blumenübersäte Almwiesen wird man also in der Mitte des Jahrhunderts wohl durch verkrautete und verbuschte Hänge wandern! Chiemgautrekking mit Machete ist dann angesagt!

Ob meine Vorstellung genauso eintritt, sei dahingestellt. Aber daß wir uns von den Bergen, so wie wir sie kennen, schon in den nächsten 20 bis 30 Jahren verabschieden müssen, ist sicher.

Was wir dagegen tun können? Ich weiß auch nicht. Vielleicht ein gutes Beispiel in Bezug auf Energieverbrauch geben - das war auch der einzige Ratschluß der Diskutanten am Montag. Und teilen lernen, möchte ich hinzufügen.

Kurt
Zum Seitenanfang
 

" ... THAT YOU NOT O'ERSTEP THE MODESTY OF NATURE ..." (Shakespeare)
 
IP gespeichert
 
pet
Held der Berge
*****
Offline


Pray for snow!

Beiträge: 2691
Roma, Italia
Geschlecht: female
Re: Bergforum 2004
Antwort #4 - 06.05.2004 um 20:04:50
 
Zitat:
Allerdings, was China anbelangt, so ist es noch schlimmer, als du erwähnst: iin einem Jahr (2001-2002) wuchs der CO2-Ausstoß um 700 Millionnen Tonnen, also das 12-fache dessen, was Deutschland bis 2010 einsparen will.

Dann passt das doch mit der anderen Zahl zusammen, die ich mitgeschrieben habe:
Deutschland würde also in 10 Jahren 1/50 (!) dessen einsparen, was China in einem Jahr in die Atmosphäre bläst...

Aber wie gesagt, das einzige, was man machen kann, ist sich an die eigene Nase fassen und bei sich selbst anfangen.
Und wenn es nur Kleinigkeiten sind, viele einzelne kleine Schritte ergeben zusammen doch eine große Bewegung!

Zum Seitenanfang
 

Smiley Smiley
 
IP gespeichert
 
Yak
Supervisor
*****
Offline


Um mani padme hum

Beiträge: 1914
Nepal und Tibet
Geschlecht: male
Re: Bergforum 2004
Antwort #5 - 07.05.2004 um 11:04:36
 
Ich fürchte mit kleinen Schrittchen ists da nicht getan.
Ein Wandel ist bereits in Deutschland fast unmöglich in anderen Ländenr braucht man da wohl gar nicht erst drüber nachdenken.

Was also hilft  ?
Bei uns ?
Ganz einfach : Massiver Ausbau von Sonnen-, Wind- und Atomenergie, sowie massivere weitere Erhöhung des Ölpreises.
Lustigerweise werden aber die emmissionslosen Energieformen gerade von Naturschützern teils vehement abgelehnt.
Vor allem natürlich die Atomenergie, bei der Herstellung von Solarzellen hat sich in Umweltschützerkreisen nocht nicht so ganz herumgesprochen, wie groß der Verbrauch von Energie für die Herstellung der Teile ist und welche Mengen hochgiftge Chemikalien dabei anfallen. Bei der Windenergie ist zudem der Landschaftsverbrauch ein Thema.

Energie ist Luxus, ihr Wert hoch, ihr Preis viel zu gering. Aber eine Ökosteuer wird von weiten Kreisen der Bevölkerung abgelehnt, auch von weitsichtigen Politikern als problematisch beurteilt, wegen der Konsequenzen im wirtschaftlichen Bereich.

Ist halt die Frage was es der gesamten Weltbevölkerung wert ist eine Klimaänderung abzuschwächen ? Soll ich euch darauf ne Antwort geben ? Laß ich lieber !  Traurig

Noch ein Link zu Thema mit recht interessantem Inhalt :
http://www.proclim.unibe.ch/News/Edito072003D.html
Zum Seitenanfang
 

80 Millionen Deutsche können nicht bergsteigen

www.sektion-alpen.net

Wir können es auch nicht, aber wir versuchen es wenigstens !
IP gespeichert
 
Karratte
Full Member
***
Offline


THAT YOU NOT O'ERSTEP
THE MODESTY OF NATURE
..

Beiträge: 133
Muenchen
Geschlecht: male
Re: Bergforum 2004
Antwort #6 - 08.05.2004 um 08:48:41
 
Yak,

Den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, das meinst du ja wohl nicht ernst ...?

Der Link zu ProClim ist interessant. Hier die dortigen Schlussfolgerungen von Prof. Stauffer im Ausschnitt:

"...   
Die Entscheidungsträger wissen heute, dass man etwas unternehmen müsste, dass aber Massnahmen nur sehr schwer durchzusetzen sind und eine globale Erwärmung wohl nicht verhindert, sondern höchstens etwas gebremst werden kann.
    ...
Würde man das Geld nicht besser schon für den Bau von Dämmen gegen den steigenden Meeresspiegel und gegen den schmelzenden Permafrost verwenden, anstatt für diese Forschung? - Es ist mir bewusst, dass das Wort «Anpassungsstrategien» für viele Klimaforscher ein rotes Tuch ist. Wir haben aber zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht nur einige Entscheidungsträger, sondern die Mehrheit der Gesellschaft offensichtlich gewillt ist, das Wagnis einer globalen Erwärmung mit all ihren Risiken in Kauf zu nehmen. Als Warner haben wir ausgedient.
...
    Bernhard Stauffer, Physikalisches Institut, Klima- und Umweltphysik, Universität Bern"


Den Hinweis: "Als Warner haben wir ausgedient." bezieht Stauffer auf die Paleoklimatologen. Aber wir können das genauso auf uns, die Bergsteiger, beziehen. Folglich bleibt uns nicht mehr, als einerseits das Schlimmste durch bewussten Umgang mit Energie abzumildern. Andererseits sollten wir die Folgen der Klimaveränderung in den Bergen genau beobachten und analysieren, um Fehlplanungen im Alpenraum zu verhindern. Hiermit meine ich sowohl den politischen Einfluss des DAV als auch - im individuellen Masstab - die Berücksichtigung der veränderten Verhältnisse bei Tourenplanungen.

Das ist offensichtlich bei Gletschertouren (Ausaperung und neue Spaltenzonen) und bei der Begehung von steinschlaggefährdeten Gebieten (tauender Permafrost, in Nordwaenden ab 2400 m). Aber auch in unseren bayrischen Hausbergen müssen wir schon die veränderten Wetterverhältnisse und die Wasserknappheit berücksichtigen. Zum Beipiel genügte mir früher (1960/70)  eine 0,7-Literflasche bei Touren im Karwendel, weil ich fast überall an Bächen und Rinnen nachfüllen konnte, heute schleppe ich meist 2 Liter mit.

Die Veranstaltungen im Alpinen Museum sind meines Erachtens  zu sehr vom "warnenden Zeigefinger" geprägt. Konsequenzen für veränderte und sich anpassende Verhaltensweisen werden kaum aufgezeigt, bisher jedenfalls. Denn die Ausstellung und die Vortragsreihe laufen noch den ganzen Sommer.

Karratz

Zum Seitenanfang
 

" ... THAT YOU NOT O'ERSTEP THE MODESTY OF NATURE ..." (Shakespeare)
 
IP gespeichert
 
Lamл[tm]
Held der Berge
*****
Offline


Neue Mobilfunknummer:
0171 / 87 47 27 1

Beiträge: 4008
Stuttgart
Geschlecht: male
Re: Bergforum 2004
Antwort #7 - 08.05.2004 um 18:10:09
 
Hier noch mal ein paar Bilder, insbesondere achte man mal auf die Nordwand des Weißhorns.

http://www.braendji.ch/temp_01.htm

Jeder der in diesem Leben noch Touren in solchem Gelände machen konnte, sollte froh sein. Denn unsere jetzigen lieben (?) Kleinen können es nicht mehr Traurig

Wobei das das kleinste Problem sein dürfte, was diese mit der Erwärmung haben.
Zum Seitenanfang
 

Liebe Grüße von Lamл[tm]-Nur echt mit dem Pi und cw-Wert > 0,3
Auf Tour
Exklusiv Klettern mit Stuttgarts kleinster Sektion, kein Lärm, kein Anstehen, familiäres Umfeld: https://www.facebook.com/events/176179083131135/
IP gespeichert
 
Karratte
Full Member
***
Offline


THAT YOU NOT O'ERSTEP
THE MODESTY OF NATURE
..

Beiträge: 133
Muenchen
Geschlecht: male
Re: Bergforum 2004
Antwort #8 - 09.05.2004 um 18:56:04
 
Servus Lampi,

die Bilder vom Weisshoern sind eindrucksvoll! Hier ist eine Website, die Hinweise zu folgenden Touren gibt: Hofmannsweg/Grossglockener, Hochferner Nordwand, Similaun Nordwand, Taschach Nordwand, Piz Roseg Nordostwand und Biancograt. Wie aktuell diese Seite ist weiss ich allerdings nicht. Meine Bookmark stammt vom Februar 2003.

http://www.alpinjournal.de/ARTIKEL/Eiswande_im_Klimastress/eiswande_im_klimastre...

Wovor, neben der Erwaermung, hast du denn Angst, Lampi? Vor der unabwendlichen Rattenplage in den Karen vielleicht? Es ist abzusehen, dass die Tierchen sich irgendwann aus Nahrungsmangel zunaechst ueber die am Wandfuss deponierten Klettererrucksaecke und dann ueber biwakierende Kletterer selbst hermachen *sfg*!

Lieben Gruss,
Karrattz, der vorsorglich schon den alpinen Kletterkurs gebucht hat ...
Zum Seitenanfang
 

" ... THAT YOU NOT O'ERSTEP THE MODESTY OF NATURE ..." (Shakespeare)
 
IP gespeichert
 
pet
Held der Berge
*****
Offline


Pray for snow!

Beiträge: 2691
Roma, Italia
Geschlecht: female
Re: Bergforum 2004
Antwort #9 - 10.05.2004 um 10:27:30
 
tja, das mit dem kletterkurs haben sich wohl schon viele gedacht, deswegen ist für mich kein platz mehr...  weinend

aber zurück zum thema:
der umstieg auf die emissionsarmen energien, klar, das sollte man vorantreiben. dummerweise werden diese energien überwiegen dezentral erzeugt, und daher stehen hier die wirtschaftlichen interessen der energieriesen (bei denen ja auch unsere wichtigsten politiker in den aufsichtsräten sitzen) im weg.

was die atomenergie angeht, so stimmt die emissonsarmut wohl kaum, denn emissionen sind ja nicht nur treibhausgase.
auch ein beispiel aus dem diskussionsforum: das akw isar I darf normalerweise die isar mit dem abgeleiteten kühlwasser auf maximal 24° erwärmen, letzten sommer bekamen sie eine ausnahmegenehmigung, bis auf 27° hochzugehen... da wachsen ja bald korallen in der isar!
und solange das entsorgungsproblem noch nicht gelöst ist, kann ich diese form der energiegewinnung einfach nicht als umweltfreundlich bezeichnen, denn die probleme werden nur nach hinten und auf andere bereiche verlagert.
das hauptproblem des umweltschutzes ist die ökobilanzierung, wie soll man denn die unterschiedlichen aspekte gegeneinander aufrechnen? was ist schlimmer, die emission einer tonne treibhausgase oder die verschmutzung von 1000 litern wasser?

also jetzt die atomenergie als umweltfreundlich propagieren, und um die probleme kümmern wir uns dann in 20, 30, 50 jahren? das ist doch nix anderes, als jetzt mit den treibhausgasen passiert!

und das mit den kleinen schritten ist natürlich nichts, das gleich irgendeine wirkung zeigt, es geht hier allerdings darum, das bewusstsein in der bevölkerung zu schärfen, denn derzeit ist umweltschutz nun wirklich nicht im fokus der meisten menschen.

wenn man sich dann wieder die zahlen vor augen hält: nur 30% der abgase werden von der industrie erzeugt, 70% gehen auf haushalte und verkehr zurück.
und dazu eine aktuelle studie aus münchen zum verkehr: über 50% des straßenverkehrs ist auf freizeitaktivitäten zurückzuführen! der löwenanteil fällt natürlich auf's auto, fahrrad und öffentliche verkehrsmittel machen weit unter 10% aller fahrten aus, und die besorgungsfahrten und anfahrten zur arbeit liegen eben unter 50%.

das heißt, der größte teil läßt sich eben tatsächlich im privaten bereich reduzieren, womit wir wieder beim "an die eigene nase fassen" sind...
also doch die kleinen schritte?
Zum Seitenanfang
 

Smiley Smiley
 
IP gespeichert
 
Yak
Supervisor
*****
Offline


Um mani padme hum

Beiträge: 1914
Nepal und Tibet
Geschlecht: male
Re: Bergforum 2004
Antwort #10 - 10.05.2004 um 11:04:59
 
Hab Climby auch schon angefleht und bin sicher er wird noch nen zweiten Kurs im Herbst anbieten, speziell für uns !

Wasserdampf ist kein Emmissionsgas. Klar gibt es ein Problem mit dem Kühlwasser und ich glaube auch nicht wirklich dass Atomenergie eine Lösung ist die uns durchs Jahrtausend bringt, aber mal eben schnell alle Atomkraftwerke abzuschalten löst halt unsere Probleme mit den Treibhausgasen sicherlich auch nicht, daher wehre ich mich dagegen Umweltschutz immer so einseitig zu sehen. Die Umweltbilanz von Solarzellen ist mies da die Dinger eine begrenzte Lebensdauer haben und zu ihrer Herstellung extrem viel Energie nötig ist und viele hochgiftige Abfallprodukte anfallen.
Ist halt nicht alles so einfach wies oft propagiert wird.

Aber nach wie vor ist mein Hauptargument : Energie ist zu billig, weil die Folgekosten ihrer Nutzung nicht im Preis inbegriffen sind. Also muß Energie verteuert werden, das ist aber nicht beliebig durchzusetzen, also was tun.
Immer wieder den öffentlichen Nahverkehr zu beschwören ist  so nützlich wie Gebetsmühlen drehen...
Der Trend geht in die entgegengesetzte Richtung. Und das nicht nur bei uns sondern weltweit. Wenn das mal Indien und China erreicht hat.....
Zum Seitenanfang
 

80 Millionen Deutsche können nicht bergsteigen

www.sektion-alpen.net

Wir können es auch nicht, aber wir versuchen es wenigstens !
IP gespeichert
 
(Moderatorgruppen: Verwaltung, Vorstand)