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Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen ... (Gelesen: 18782 mal)
Lamл[tm]
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Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen ...
12.06.2005 um 23:35:24
 
.. denn dieses Wochenende war ich in der Sächsischen Schweiz mit ein paar Leuten, mit denen ich unter der Woche, so es die Arbeit erlaubt, am Abend klettern gehe: Ecki, Thorsten, seine Frau Andrea und sein 10-jähriger Sohn Tristan. Letzterer ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass es nicht nur Null-Bock-Einstellung bei der Jugend gibt. Er strrrrrotzt vor Tatendrrrrrrang, auch wenn er eigentlich nicht lebhaft ist. Außerdem ist er ein ganz besonders ausgeprägtes Beispiel für jemanden, den man einfach lieb haben muss. (Das hat mehr was mit seiner Art als mit seinem Aussehen zu tun, also jetzt bitte keine Schmuddeleien in diesen Satz hinein interpretieren.)

Was ich nicht wusste: Thorsten war das erste Mal in der Sächsischen Schweiz. Dafür erschien er mir einfach schon zu routiniert, was die Schlingenlegerei anging. Schwere Sachen machen wir dort ohnehin nicht.

Am Samstag hänge ich im Bielatal am Dachsenstein die Löchnerwand und den Winkelriss ein, dann sind wir schon mal oben und geben unseren Unterarmen im Top-Rope den Rest am direkten Klavier. Mir hat das noch nicht so ganz gereicht, da schließe ich mich noch zwei Extreisten an, die eine Vorliebe für ungesicherte Siebener haben. In ihren reichlich bemessenen Pausen zur Regeneration der Nerven sichern die mich halt auch nach.
So rein klettertechnisch ist das Elbsandstein einfach das Schönste. Davon kann man eigentlich nicht genug kriegen. Als Nicht-Local gibt es halt nur das Problem der mangelnden Routine beim Schlingenlegen.

Der Sonntag ist einer der wenigen schönen Tage, an denen ich mal nicht durch Straßenlärm, sondern durch das Singen der Vögel geweckt werde. Ich treffe mich mit Ecki, Thorsten, Andrea und Tristan, wo wir an die Johanniswacht gehen. Ich steige die SW-Kante auf die Frederike (nicht lachen, das ist der Name der kleinen Felszacke). Auf den 10 Metern Wandhöhe (eine Vierer-Reibung) liegt die einzige Schlinge 1 Meter unter dem Ausstieg. Tristan und sein Vater sind schnell nachgesichert.

Ich seile als erster wieder ab. Kaum bin ich unten, höre ich es schon krachen - und Tristan steckt 3 Meter neben dem Einstieg kopfüber in einer Felsspalte. Noch bevor ich ihn befreit habe, ist seine Mutter, von Beruf Krankenschwester, schon da. So bleibt mir nichts zu tun als zum Hilfeholen die Treppe auf die Johanniswacht zu laufen. Aber noch bevor ich oben bin, kommt schon der Krankenwagen, ich laufe wieder herunter und sehe, wie Thorsten das schreiende und aus Mund und Nase blutende Kind zur Straße trägt. Im Rettungswagen sehe ich ihn nur noch mit einem Schlauch im Mund, und kaum später kommt auch schon der Hubschrauber.

Zwei Stunden später in der Uniklinik in Dresden. An fünf Schläuche angeschlossen, und mit nur provisorisch entfernten Blutspuren wird erst klar, dass Tristan noch ein zartes und verletzliches Kind ist. Erst vier Stunden nach dem Unfall wird man ihn aufwachen lassen. Eine ganze Schwadron Schutzengel muss dagewesen sein. Wirbelsäule unversehrt, kein Arm und kein Bein gebrochen. Einlieferung mit 34 Grad, eine Aufhängung des Unterkiefergelenks gebrochen, er wird 10 Tage nichts essen können; drei größere Platzwunden und das wars.

Und nun fragt mich bitte nicht, wie das passieren konnte. Hätte ich gewusst, dass das für Thorsten der zweite Tag in der Sächsischen Schweiz war (er kannte vorher fast nur Klettertouren mit Umlenkung), wäre ich oben geblieben, bis alle wieder unten sind und wäre als letzter abgeseilt. Weil die Klettergurte von Thorsten und Tristan verstaut waren, als ich dafür einen Nerv hatte, konnte ich auch nicht anhand der Verteilung der Schlingen und Karabiner den Hergang rekonstruieren.

So hoffe ich nur noch, dass er bald wieder gesund ist und danach etwas mehr auf sich aufpasst. Ich möchte das liebenswerte Kind nicht an Schläuchen hängend in Erinnerung behalten.
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Jobi
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #1 - 13.06.2005 um 09:51:39
 
Au Scheiße, hab Krankenwagen und Heli gesehen und Gänsehaut bekommen: Am Tag vorher hab ich Anne nach einem Sturz in der Höhle am Stumpfen Kegel in die Klinik nach Pirna bringen dürfen...

Hoffe, es geht dem jungen Bergfreund bald wieder besser, auch bei guter Leistung der Schutzengel ist es kein Grund zur Freude, was Du da beschreibst!
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #2 - 13.06.2005 um 10:56:02
 
ich wünsche ihm auch schnelle genesung und vor allem, dass der kopf auch irgendwann wieder halbwegs frei wird von diesem erlebnis.

da läuft's einem wirklich kalt den rücken runter beim lesen...
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Ulli
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #3 - 13.06.2005 um 15:36:07
 
@Lampi: Wenn du kannst, dann sag dem Tristan doch von uns allen (sozusagen im Namen der SAN) ganz gute Besserung!

Wird ihm jedenfalls höchtswahrscheinlich ziemlich gut tun, wenn du dich ein bisschen "seelisch" um ihn kümmerst.

Was ihm höchtswahrscheinlich noch sehr gut tun würde, wäre wirklich - sofern es irgendwie möglich ist -, ihm im Nachhinein den Unfallhergang zu erklären. Ich weiß nicht, wie gut du mit seinen Eltern bekannt bist, aber vielleicht könnt ihr das ja gemeinsam irgendwie rekonstruieren und dann mit Tristan drüber reden (z.B., wie das Ganze "von außen" ausgesehen hat, wie es passieren konnte, was er und seine Kletterpartner in Zukunft tun können, um so etwas möglichts auszuschließen, was andere schon erlebt haben, etc. ... halt irgendetwas, was ihm wieder Sicherheit gibt).

@Jobi: Sag du doch bitte auch der Anne ganz gute Besserung!

Liebe Grüße
Ulli
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #4 - 13.06.2005 um 16:12:56
 
ich wünsche beiden verletzten, dass sie möglichst bald wieder heil sind (hoffentlich hat anne nichts wirklich schlimmes erwischt) - und denen, die die unfälle mit ansehen mussten, dass auch ihre köpfe bald wieder "frei" sind von dem entsetzen.
alles gute!
gruß
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Pray for snow!

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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #5 - 13.06.2005 um 16:13:46
 
die erklärungen würden mich auch interessieren, du schreibst so viel vom schlingenlegen und den besonderheiten des elbi.

ich bin ja kein kletterer, aber vielleicht lässt es sich trotzdem kurz erklären, was da das gefährliche ist?

kann anderen nur weiterhelfen?!
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #6 - 13.06.2005 um 16:40:01
 
bin zwar auch elbi-neuling, aber ich habe dazu folgendes "mitgenommen":

1. im elbi gibt es, anders als im frankenjura, kaum "gesicherte" routen, also routen, wo in einigen metern abstand immer wieder haken gebohrt sind. man muss wie beim alpinklettern selbst sicherungen in den fels legen.

2. metall ist strengstens verboten, weil der sandstein empfindlich ist und aufgrund der steinbeschaffenheit metall auch meist nicht gut halten würde.

3. also nimmt man statt eines klemmkeils eine bandschlinge, macht einen mehr oder weniger großen knoten hinein (in sachsen gibt es da ganz besondere knotenspezialitäten...) und stopft die schlinge in einen riss, wo der knoten, wenn sie richtig sitzt, sich im rauhen sandstein festklemmt. in die schlinge hängt man die expressen oder karabiner ein, an denen man sich sichert. am einfachsten ist es natürlich, wenn man felsköpfe oder sanduhren hat, wo man schlingen einfach legen kann wie überall woanders auch.

4. wo es im fels überhaupt fixierte sicherungen gibt (oft eine "fest installierte" schlinge), sitzt die erste meist - im vergleich z.b. mit franken - extrem hoch (vgl. lampis bericht), so dass der vorsteiger ein erhebliches sturzrisiko hat, bevor er diese erreicht.

was hier passiert ist, ist mir rätselhaft. entweder hat der bub einen fehler beim abseilen gemacht, oder oben an der seilaufhängung ist etwas schief gegangen. er kann ja beim abseilen kaum an der schlinge gesichert gewesen sein, denn die hing ja unter dem austieg - oder wurde doch über karabiner in der schlinge abgeseilt und hat die schlinge, die vorher sowohl aufstiege als lampis abseilen ausgehalten hatte, ausgerechnet bei dem leichten kind "nachgegeben"?

die vielen hier, die mehr davon verstehen, werden etwaige fehler sicherlich schleunigst korrigieren und mehr infos beisteuern können.

gruß
gisela
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Lamл[tm]
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #7 - 13.06.2005 um 17:50:09
 
Zitat:
die erklärungen würden mich auch interessieren, du schreibst so viel vom schlingenlegen und den besonderheiten des elbi.
ich bin ja kein kletterer, aber vielleicht lässt es sich trotzdem kurz erklären, was da das gefährliche ist?
kann anderen nur weiterhelfen?!

Hallo Pet und alle anderen,

die Wand würde im Blaueis noch als Highball (hohe Boulderroute) durchgehen. Allerdings sind Crashpads (Bouldermatten) im Elbsandstein eher unüblich. Und bei Bouldern mit den Füßen 8 Meter über dem Boden werden schon mal 4 Stück aufeinander gelegt.

Das mit den Knoten hat Gisela schon sehr gut gemacht, das hätte ich nicht besser erklären können. Über Details möchte ich mich nicht auslassen, das würde nur verwirren....

@Ulli: Der Unfall hat ganz sicher damit nichts zu tun, weil ich vorgestiegen bin. Für den Nachsteiger ist das Elbsandstein sehr angenehm, abgerissene Ringbänder gibt es da erst ab dem 9. Grad, im Kalk ist das ab dem 6. schon gang und gäbe ...
Abgeseil wurde natürlich nicht an der Knotenschlinge, sondern an einer massiven Abseilöse.

Der Vater (Thorsten) war ziemlich schockiert, der saß mindestens eine Minute lang fassungslos oben und war erst nach der Mutter am Unfallort. Später erzählte er mir, dass Tristan bereits zum Abseilen ins Seil gegangen wäre und vermutlich das Seil nicht um den Hals (des Achters) gelegt hat. Das ist aber definitiv ausgeschlossen, weil ich noch meinen Achter im Seil hatte und das Seil auch nicht losgelassen hatte. Es wäre nur denkbar, wenn Thorsten das Seil (gegen mein etwa halbes Gewicht) hochgezogen hätte ???

Thorsten kenne ich gut, die Andrea habe ich zum ersten Mal und den Tristan zum zweiten Mal gesehen. Insbesondere Tristan ist jemand, den man sofort ins Herz schließt und trotz etwa 7 Monaten Abstand nicht so leicht vergisst.

Ich kann jetzt auch schlecht zur Mutter gehen und die Herausgabe der Klettergurte verlangen. Die hat jetzt ganz andere Sorgen und außerdem könnte das so aus sehen, dass ich dem Thorsten einen machen will. Ganz davon abgesehen weiß ich nicht, ob nach dem Unfall alles unverändert geblieben ist.
Ich vermute mal, dass Tristan zum Einhängen ins Seil seine Selbstsicherung ausgehägt hat, um sie unter dem Seil wieder einzuhängen. Die straffe Selbstsicherung wirkt bei den Vorbereitungen zum Abseilen extrem störend, vor allem, wenn sie über dem Seil eingehängt ist.
"Ausgewachsene" können dabei relativ bequem stehen, aber bei einer Reichweite von gerade mal 2 Metern muss man sich an der Öse halten.

@Ulli: Eine "Zukunft" denke ich wird das Klettern für die Familie nicht haben. Andrea war schon immer dagegen, zumal noch eine Tochter existiert, die nicht mit macht. Und nach _dem_ Ereignis werden es die zwei Männer schwer haben, sich durchzusetzen Wenn sie überhaupt noch Interesse haben. Mir ist das ehrlich gesagt auch ziemlich wurscht. Hauptsache Tristan ist bald wieder hergestellt. weinend

Mit Besuchen wird es nicht so einfach, er liegt ja in Dresden. Aber ich denke ein Mal werde ich diese Woche noch hin fahren. Die guten Wünsche werde ich ihm ausrichten. Derzeit ist Thorsten dauerhaft da.
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« Zuletzt geändert: 13.06.2005 um 18:05:16 von Lamл[tm] »  

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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #8 - 14.06.2005 um 09:08:16
 
Danke für die Wünsche an Anne: Sie hatte großes Glück im Unglück. Die Bergwacht tippte auf Beckenbruch, hoffte aber auf "nur üble Prellungen". Wir haben einige Stunden im Krankenhaus in Pirna verbracht, um herauszufinden, daß die Hoffnung berechtigt war, das Röntgenbild war nicht so eindeutig.
Hätte ein Kletterfreund nicht schnell reagiert, wär der unbehelmte Schädel statt dem Becken aufgekommen...
...und auch David, der direkt daneben stand, klettert - wie sein Jugendleiter gestern meinte - unbeschwerter denn je. Ob mir das so gefällt weiß ich nicht...

Zum Klettern in Sachsen. In der Tat bringt der weiche Sandstein ein paar Besonderheiten. Bitte verzeiht mir, wenn ich etwas weiter aushole, aber vielleicht ist es für den ein oder anderen interessant, ansonsten überlest es einfach.

A) Schauen wir zuerst die wenigen vorhandenen Ringe an.

Zum einen gibt es da die Physik. Materialien, etwa Zwei-Komponenten-Kleber, wie sie in anderem Gestein verwendet werden würden aus dem Sandstein zusammen mit den obersten Körnern einfach wieder herausgezogen werden. Das bringt nix. Die Ringe müssen im Stein "klemmen". Zu diesem Zweck werden die Bohrlöcher mit Blei ausgelegt. Der eingebrachte Stahlring fängt dann schnell an zu Rosten: Das ist gewollt. Die chemische Reaktion bläht den Ring im Fels regelrecht auf und so sitzt er wie eine übergroße, harte Schlinge tief im Stein fest. Das Material ist natürlich nicht beständig wie etwa V2. Schwachpunkt sind die Scheißnähte in den Ringen.

Dann gibt es die Tradition - eine Tradition, welche zur Harmonisierung der Gruppen NaBu bzw. Nationalparkranger und den Kletterern notwendig ist und auch zum erhalt der einzigartig schönen Landschaft seine Berechtigung hat: Ich wünsche mir, daß diese Erkenntnis einfach außer Frage steht.

Ein Weg findet nur und ausschließlich dann Einzug in die Kletterführer, wenn alle traditionellen Regeln eingehalten wurden. Ringe werden traditionell aus der Kletterstellung(!) geschlagen und erlaubte Hilfmittel sind Kronbohrer (Hammer-betrieben) und normale Klettersicherungen: KEINE Bauhaken, kein Einrichten der Route von oben, keine Holzkeile. Der Erstbegeher klettert von unten an die Stelle heran, an der ein Ring den Fels zieren soll. Er hat ausschließlich Schlingen um sich abzusichern, aus denen er günstigenfalls eine Schwebesicherung herstellen kann. Aus dieser Situation heraus hämmert er mittels Kronbohrer ein Loch in den Fels (Akku-Bohrer wurden schon gesichtet, sind aber nicht weitreichend akzeptiert!), legt es mit Blei aus und setzt schlußendlich den Haken.
Logisch, daß also nicht so üppig viele Ringe gesetzt werden und diese manchmal auch nicht an den exponiertesten Stellen der Route anzutreffen sind...

Zu guter Letzt muß der Weg vom Arbeitskreis anerkannt werden. Die Anerkennungsquote liegt in der letzten Zeit zwischen 80% und 90%.

Fazit: Einem sächsischen Ring muß man nicht 100%ig vertrauen - das hat Einfluß auf die Klettertaktik!

B) Die sächsische Schlingen-Kunst

Wer hat nicht schonmal einfach im Sandkasten gespielt oder am Strand Burgen gebaut. Man macht den Sand naß und formt tolle Figuren daraus. Alles ist gut, die Figur hält großflächige Impulse ganz gut aus. Sticht man aber an einer Stelle rein, geht das ohne erkennbaren Widerstand. Und Wasser ist Gift, für das Kunstwerk.

Sehen wir die skurielen Felsformationen im Elbi als mit göttlicher Hand geformtes Kinderspielzeug, für uns große Kinder. Wie erwähnt ist zB Wasser Gift für den Fels: Die bekannte Barberine ist entsprechend lädiert und immer wieder, zuletzt im vergangenen Jahr, fällt auch mal ein Türmchen in sich zusammen (Wer mag jetzt noch auf die Herkulessäulen *g*). Dies ist der Grund, weshalb das beklettern nasser Felsen im Elbi absolut verboten ist und Zuwiederhandlung von der Natur mit dem Tode bestraft wird.

Weiche, flächige Impulse werden vom Sandstein eher freundlich aufgenommen, spitze hingegen mit Ausbrechen beantwortet. Dies macht Sicherungsgerät der Bauarten Klemmkeil und Friend unbrauchbar: Diese zieht man mit erschreckend geringem Aufwand mitsamt umgebenden Gestein heraus.

Die Lösung sind Knotenschlingen: Bei plötzlicher Belastung verformen diese sich, passen sich der Felsoberfläche an und die textile Oberfläche erhöht die Reibungswerte. In der Folge trofft ein weicher, großflächiger Impuls auf den Fels: Das hat die Chance zu halten.

Nun ist es so, daß die Reißfestigkeit unter diesen Umständen nicht geprüft ist. Das Umgebende Gestein trotzdem ausbrechen kann. Der Knoten brechen oder sich lösen kann. Alle diese Umstände lassen sich nicht so einfach und gründlich ausschließen, wie etwa bei Klemmkeilen im Kalk oder Friends im Granit.

Fazit: Es muß nicht halten, hauptsache es bremst?

Nein. Ich habe die Sachsen als sehr bewußte Kletterer kennen gelernt. Viele "Sportkletterer" (nicht abwertend) verlassen sich blind auf das Material. Bei den Sachsen habe ich ein erheblich verfeinertes Risikomanagement beobachten können.
Will heißen, ein "Sportkletterer" legt einen Keil, wie er es gelernt hat, denkt aber nicht über alle Randaspekte nach. Er verlässt sich auf die gelernten Abläufe. Er legt den Keil an der Stelle, die im Kletterführer beschrieben ist. Er verwendet das Standart-Express-Set.

Der Sachse legt seine Schlinge an den notwendigen Stellen und meditiert erstmal, was die Schlinge eigentlich genau absichert - und was vor allen Dingen nicht! Er denkt darüber nach, ob die Schlinge halten wird. Tut sie das nicht, nimmt er sie wieder mit: "Angstschlingen" werden eher selten gelegt, den trügerische Sicherheit ist erhöhtes Risiko!
Wegen des besseren Seilverlaufes verlängert er manche Schlinge, bei anderen hängt er statt Exe ienfach einen Karabiner ein, bei wichtigen einen Schrauber(!).
Am Ende kann er sich voll auf seine Schlinge verlassen und weiß genau, was er vermeiden muß.

Fazit: Da, wo es halten muß, hält es. Garantiert.

C) Die Klettertechnik aus der Halle ist im Elbi für die Füsse.

Wer im Elbi klettern geht muß - so wie im Fels an anderer Stelle, aber vielleicht noch etwas mehr - andere Techniken beherschen, wie dies in Halle gut geübt werden kann. Klemmen, Piazen (sächsisch: Hangeln) und Kaminklettereien gehören ebenso dazu, wie der Mut zum Überwinden von  Reibungsplatten, Sprüngen und Übertritten und Baustellen.

Ich habe einige Hallenkletterer mit dem Profil >7 im Elbi in vierern zitternd mitten in der Route abbrechen sehen. (Und umgekehrt)

Nicht umsonst werden beim Treffen junger Bergsteiger durch den SBB Dinge abgefragt, auf die in anderen Gebieten kein Mensch kommen würde. Jeder junge Bergsteiger wird schon im ersten Jahr in Fächern wie Erste Hilfe, Abseilen und Jümmern (Prusiken), Sturzhalten, Orientierungslauf und nur wenig später in Kameraden-Bergung geprüft.

Nunja, länglich *pfeif* sorry *betröpfeltGuck*

Als Gesamtfazit: Wer ins Elbi klettern geht, wird einzigartige Eindrücke mitnehmen. Die Natur dort ist sagenhaft schön, die Selbstüberwindung bei Klettern macht so manchen Ausflug in Indische Meditationslager zwecks Selbstfindung überflüssig. Es ist aber dringend anzuraten, im Elbi sehr sehr lange nur mit erfahrenen Locals mitzugehen.
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #9 - 14.06.2005 um 09:39:13
 
Zitat:
Nunja, länglich *pfeif* sorry *betröpfeltGuck*




... aber spannend und interessant. Wär ja schon fast ein Gebiets-Special für unsere Homepage *zaunpfahl*. Danke jedenfalls für diese interessante Ausführung! Dem Tristan und der Anne wünsche ich auch gute und schnelle Genesung.
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« Zuletzt geändert: 14.06.2005 um 10:04:46 von Andy »  

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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #10 - 14.06.2005 um 09:51:53
 
danke jobi,

das war tatsächlich sehr interessant und lehrreich.

anne wünsche ich natürlich auch gute besserung!
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Lisanne
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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #11 - 14.06.2005 um 12:52:06
 
Ebenfalls Gute Besserung von mir. HOffentlich ist jetzt nicht bei den beiden mir Klettern Schluß. Dauert meist ganz schön lange, bis man den Schock überwunden hat.

Gruss

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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #12 - 14.06.2005 um 14:15:25
 
nix zu lang, jobi, sehr informativ und interessant und schön geschrieben! anne gute besserung und herzliche grüße!

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Re: Ihr könnt weitermachen mit Genesungswünschen .
Antwort #13 - 17.06.2005 um 10:51:59
 
Schließe mich den Genesungswünschen an.

Gruß usch
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Antwort #14 - 17.06.2005 um 14:55:01
 
Liebe Bergfreunde,

erst mal vielen Dank für die guten Wünsche.

Leider war ich die ganze Woche - naja - fast die ganze Woche in Braunschweig und kam nicht nach Dresden. Aber mittler Weile bin ich wieder glücklich, ich bin in meinen eigenen Freudentränen schier ersoffen. Tristan scheint ziemlich zäh zu sein. Auf jeden Fall ist er wieder zu Hause und darf sogar seinen Mund einen Spalt weit öffnen.

Noch schläft er nahezu ununterbrochen, aber wenn er wach ist, macht er schon wieder Späße. Und ab morgen hat er auch das Buch vom Simpson zum Lesen.

@lisanne: Ob die zwei weiter machen, hängt nicht so sehr von Tristan ab. Der wird sich in einem Viertel Jahr besten Falls dran erinnern, dass er sich mal ziemlich weh getan und in der Folge eine Nacht lang gekotzt hat. Und der Mutter könnte ich es nicht verübeln, wenn die sich so lange quer stellt, bis Tristan 16 oder 18 ist.

Bis bald im Sandstein ....
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