Am Gepatschhaus findet einer von Climbys berühmten Eiskursen statt und um den passenden Rahmen dafür zu schaffen sind auch Melanie, Alex und Yak anwesend um ein vernehmliches
Tschock durch das Kaunertal hallen zu lassen.
Gleichwohl : Freitag abend, 22 Uhr, es regnet Bindfäden und auf dem Gepatschhaus auf 2000m zeigt das Thermometer 12 Grad so daß man davon ausgehen kann dass es selbst auf dem Gipfel der Weissseespitze (3510m) regnet.
Also Wecker auf 3 Uhr stellen und Daumen drücken.
Wecken wie aufstehen gestaltet sich mühsam aber trotzdem ist das Eiswandteam um 4 Uhr abmarschbereit am Parkplatz des Skigebietes. Der Zustieg zur Wand führt über eine Wasserskipiste und wird in schnellem, dynamischem Schritt zurückgelegt.
Verlassen der Piste bedeutet auch anseilen und einsinken im tiefen Sulz. Zwei weitere Eiswandaspiranten folgen in kurzem Abstand, schließen immer wieder auf aber überholen nie. Die Ehre des Spurens durch knie- bis hüfttiefen Sulz, gebührt daher natürlich Yak (
Alex : Du must ja trainieren). Der erste Aufschwung wird links genommen, dann in einer Mulde eine kurze Rast und weiter in den steileren Teil der Wand.
Obwohl die Steilheit schnell 45 Grad erreicht ist das Vorankommen anstrengend aber technisch relativ unschwierig in halbwegs griffigem Trittsulz, aber das kann natürlich nicht so bleiben. Es ist noch keine 8 Uhr als die Steigeisen mehr und mehr auf Blankeis zu schaben beginnen und nach einigen weiteren Metern beschließt Yak dass man Eisschrauben ja tatsächlich auch mal ins Eis drehen kann und nicht immer nur am Gurt mitschleppen muß.
Stand, nachkommen, durchschnaufen.
Wer steigt vor ?
Yak hat genug gespurt, Alex will natürlich gerne wie immer, aber Melanie drängt sich vor.
Nun gut, also steigt Melanie vor.
Das Wetter ist nach wie vor perfekt, kaum eine Wolke zu sehen, Yak ist sich sicher : Das geht flott, wir sind mittags wieder an der Hütte und dann geht noch der Glockturm.
Melanie steigt sicher und voller Begeisterung die erste Seillänge vor, das geht zack, zack, das Eis ist weich, die Eisgeräte halten super wir sind alle begeistert.
Alle ?
Nun, da sind ja noch die beiden Nachläufer, die sich inzwischen vorstellen : Es sind Flo und Jojo aus München, zwei Schüler die mit geliehener oder steinalter Ausrüstung ihre erste Eiswand probieren und nach eigenem Bekunden schon lange umgedreht hätten wenn wir nicht hier wären. Im weiteren Verlauf schließen sich die beiden sich uns noch mehr an, verwenden die gleichen Stände und Zwischensicherungen und stöhnen um die Wette...
Die zweite Seillänge, Melanie hat noch nicht genug, aber da die Sulzauflage immer dünner das Eis dafür steiler wird ist dann nach der zweiten Seillänge doch Schluß, Alex übernimmt, es ist 9 Uhr, können nur noch eine oder zwei Seillängen sein und der Glockturm ruft.
Man meint den Gipfel schon sehen zu können, leider spricht der Höhenmesser eine andere Sprache und wir werden langsamer und langsamer. Eigentlich kann es nur noch eine Seillänge sein, es ist 10 Uhr, das Wetter hält. Das paßt schon noch mit dem Glockturm.
Komischerweise ist sonst schon lange niemand mehr Yaks Meinung..
Es ist 11 Uhr, maximal noch eine Seillänge, so ein wenig werden Erinnerung an die letzte Durchsteigung der Weissseespitzennordwand im letzten Jahr wach. Aber es kann nicht mehr weit sein. Almählich wird aus der Begeisterung Apathie, es tschockt müde und schwer, unsere beiden Begleiter wünschen sich nach Hause und sind reichlich alle, natürlich kehren wir die Profis raus und lassen uns unsere Erschöpfung nicht anmerken.
Weiter, der Schmerz ist Dein Freund !
12 Uhr, nur noch eine Seillänge vor uns, ne Wadenprothese wäre nicht schlecht, aber zumindest wurden heute mal verdammt viele Eisschrauben verwendet.
13 Uhr, nur noch eine, nein, da ist der Gipfel, noch ein Stück durch Buttersulz, dann ist das Gipfelkreuz erreicht. Auch das Wetter hält immer noch. Eine schöne lange Pause, dann runter, den Normalweg über den Westgrat, kein nebel, wenig Schnee, der Weg ist leicht zu finden, aber klar dass da damals im Nebel nix ging, das wäre auch mit Schnee haarig geworden hat einige Kletterstellen. Jetzt aber nur Formsache, in ner halben Stunde sidn wir unten und dann schnell ein Schnitzel, den Sch... Glockturm können die sich in die Haare schmieren die Kaunertaler...
Eh ne Schwachsinnsidee, wer plant so einen Quatsch, Weissseespitze-Nordwand und dann noch den Glockturm. Das war wieder so eine Idiotenidee vom hasei der aber natürlich nicht dabei ist sondern daheim Deckchen häkelt...
14 Uhr, schon 100Hm abgestigen, blöd dass es am Grat wieder aufwärts geht.
Der Versuch durch die Nordwest-Firnflanke abzukürzen endet in ein, zwei kurzen Abflügen auf Blankeis und einem Seileinsatz. Weiter auf dem Grat, 15 Uhr das Gebetsmühlenartige "Nein, keine Gefahr, kein Gewitter in Sicht" entspricht nicht mehr 100%ig der Wahrheit, aber hilft ja nix.
16 Uhr das Joch ist errreicht und damit die Skipiste, schau an, 12 Stunden unterwegs, na das war mal wieder ne nette kleine SAN-Tour !? Auf der Wasserskipiste zurück zum Parkplatz, das Gewitter erreicht den Grat, es donnert und graupelt, na und ? Wir sind doch mal wieder die Tollsten unter den Helden. Naß halt und erledigt.
Wurscht is eh, zurück zur Hütte, umziehen, Pommes, Cola, alles vergessen.
Yak fährt heim und bekommt noch einen Gruß von der Wand nachgesandt.
In rot die Aufstiegsroute.
Fazit : Geile Tour, viel anstrengender und anspruchsvoller als erwartet, Bedingungen waren eher nicht so doll, aber es hat sich gelohnt. War wohl die letzte Nordwand erstmal.
Oder ?
Mal abwarten...