Dieses Jahr startet die LL- Saison spät - am 5.Januar. Dafür im vermutlich letzten noch halbwegs schneesicheren Mittelgebirge Deutschlands, dem Erzgebirge. Dabei ist das mit der Schneesicherheit JETZT gar nicht nötig, selbst in Leipzig liegen etwa 30 cm Schnee. Auch ältere Einwohner haben Schwierigkeiten, sich an SOWAS zu erinnern. Zum Einlaufen geht es gemeinsam mit Uwe & seiner Maus auf die Kammloipe (
www.kammloipe.de). 40 km bestens gespurt von Georgetown nach Schöneck. Hier gibt es alles was des Langläufers Herz begehrt: Loipenhaus mit Schließfächern und Dusche, 1a Ausschilderung und natürlich auch eine Skatingpiste. Die einzige querende Straße wird mit einer Brücke überspannt. Der Zug fährt morgens von Leipzig nach Georgetown und abends von Schöneck zurück. Die andere Richtung ist selbstverständlich auch möglich. Bei wolkenlosem Himmel ist das Ganze an Idylle nicht zu überbieten, man zieht herrlichen Schnee unter sich durch und links und rechts fliegen die dick verschneiten Bäume nur so dahin. Einziger Wermutstropfen ist, dass etwa 100000 andere Sachsen auch von der Idylle wissen: Nirgendwo sonst bekommt man den Satz "Wir machen kaputt was wir suchen, indem wir es finden" so gut bestätigt. So darf ich mich um jede Menge stehende Hindernisse herumschlängeln und mich dabei selbst für die wirklich sportlichen Läufer als stehendes Hindernis betätigen. Doch um mich nach knapp 9 Monaten wieder an die rutschigen schmalen Teile unter den Füßen zu gewöhnen ist das genau das Richtige. Daran, dass es von der durchlaufenen bewaldeten Hochfläche keinerlei Aussicht gibt, kann ich auch keinen Anstoß nehmen, schließlich muss ich mich noch aufs Laufen konzentrieren. Gegen Abend habe ich dann endlich die Spur für mich allein, ein Einheimischer schickt mich auf krummen Umwegen durch das Betriebsgelände einer LPG (die gibts noch) zu einem falschen Bahnhof. Eine Karte von dem Gebiet habe ich noch nicht.
Am Abend fahre ich dann nur bis Chemnitz. Hier liegt fast noch mehr Schnee als oben. Jens holt mich zu sich nach Hause, und Sonntag geht es dann in Halbhöhe rund um (den) Scheibenberg. Die Sonne brennt von oben und unten, und das soll auch das letzte Mal sein für diesen Winter. Wie immer mit Jens geht es natürlich weitestgehend durch ungespurtes Gelände, rauf und runter, mehrmals über einen Bach, durchs Unterholz bis zur Finkenburg, einem sehr schmackhaften Ausflugslokal; hier bin ich allerdings froh, 5 km vorher brotgezeitet zu haben, denn die kleinen Portionen in dem Laden könnte ich sonst zweimal verdrücken. Maschinell gespurt ist hier gar nicht, dazu reicht der Schnee nicht, unten (bei Chemnitz) liegt mehr als hier oben. Ich befürchte schon das Ende des Winters. Bereits mittags sind wir wieder fast zurück am Parkplatz, und so schaue ich mir noch die Granitsäulen am Scheibenberg an. Mit ziemlich verkratzten Beinen, aber glücklich trete ich die "Heimreise" nach Leipzig an.
Das Ende des Winters soll noch lang nicht kommen. Es schneit sogar noch mal drauf, selbst die südwestliche Alb, eine der wenigen Gegenden Deutschlands mit ausgeprägter Trockenzeit, wo es oft von November bis Mai weder schneit noch regnet, bekommt einen halben Meter, so was gab es das letzte Mal 2003, davor aber nur noch in den Siebzigern. Der Samstag sieht mich auf der neuen 16 km langen Lichtenstein- Spur, (übrigens auch für alle Techniken vorbereitet) und, weil es so schön war, der Sonntag auf einer Durchquerung. Noch im Dunkeln starte ich nach Albstadt- Ebingen, wo es zuerst über die wunderbar präparierte Strecke zum Flugplatz Degerfeld geht; heute wird hier auf Kufen gestartet. Bereits auf Burladinger Stadtgebiet endet die Spur, und entlang der Europäischen Wasserscheide geht es durch knietiefen Schnee (ich will gar nicht wissen, wie tief der ohne Schi ist) über die schon lange stillgelegte, ehemals längste Schipisste der Schwäbischen Alb nach Burladingen. Weiter durch die Stadt, wobei die Straße nach Ringingen schön festgefahren ist, was ich jetzt aufgrund meines dank gelegentlichen Skike- Trainings im flachen Leipzig auch nutzen kann. Vorbei an der markanten, auf einem spitzen Hügel gelegenen Salmendinger Kapelle geht es nach Sonnenbühl. Auf der Rückfahrt strande ich ausgerechnet in Dusslingen. Dort findet sich in einer ziemlich heruntergekommen aussehenden Kneipe ein super netter Wirt und extrem leckeres, selbst für mich ausreichendes und preiswertes Essen, so dass die 1 1/2 Stunden bis zur Abfahrt fast wie im Flug vergehen.
Zwei Wochen später starte ich wieder in Schöneck. Heute soll die KLM fallen. Dabei handelt es sich nicht um eine 747 mit einer aufgemalten Krone und einem Wohnanhänger hinten dran,
sondern um die "Krušnohorská lyžařská magistrála", also die "Erzgebirgische Schimagistrale".
Vergeblich habe ich die Tage zuvor eine Karte vom Gebiet gesucht. Ich müsste 7-10 amtliche Karten zusammenstückeln. Nicht mal in den Läden, die sie verkauften bekam ich eine vernünftige Auskunft. Brauchbare Karten habe ich später zufällig in einer der Buchhandlungen gesehen, in der ich gefragt hatte. Außer einer Beschreibung aus dem Internet mit den wenigen durchfahrenen Orten habe ich nix. Zuerst ist also der Startort Bublava zu finden. Damit weiß in Schöneck niemand was anzufangen. Ich gehe erst mal ein paar km Kammloipe, zweige über ziemlich steile Wege ab Richtung Klingenthal, aber auch dort das Gleiche. "Bublava - noch nie gehört".
Auch die Scherzkekse kommen auf ihre Kosten. "Boob Lover - so ne Sauereien machen wir hier nicht"
Manche unterstellen mir gleich böse Absichten "Buben Love - da biste total falsch. Der nächste Spot ist in Cinovec. Aber lass Dir nen Ausweis zeigen. Wenn der Knabe unter 18 ist, kommst Du in den Bau und unter 100 000 Euro nicht wieder raus."
Irgendjemand klärt mich dann auf. Der Ort ist als "Schwaderbach" wohlbekannt und liegt ca. 3 km entfernt, gleich hinter einem Hügel. Der Start der KLM ist schnell gefunden, es geht, fußgespurt, aber kaum ein Unterschied zur Kammloipe zu merken, wieder hoch auf die Hochfläche. Der Südhang des Erzgebirges bildet eine Trauflandschaft ähnlich der Schwäbischen Alb- Nordseite. Es ist natürlich nicht ganz so steil, dafür sind die Höhenunterschiede größer. Die teilweise hangparallelen Wege würden eine gute Aussicht bieten, aber jetzt muss ich mich sputen. Wie immer habe ich nicht bedacht, dass es im Osten früher dunkel wird. Ein einsames Licht zieht mich an, gegen 18 Uhr sehe ich ein Hinweisschild zu einem Hotel, 8 km. Aber das ist erst mal kein Problem, die nächste Kneipe bietet, wie alle böhmischen Kneipen am flachen Land, ein paar Zimmer an. Kann ja auch nicht anders sein, denn irgendwo müssen die Leute ja bleiben, heimfahren können sie nicht mehr, bei Alk über der Nachweisgrenze ist nämlich der Lappen weg. Zwei Hauptspeisen, zwei Halbe und ein Nachtisch, Übernachtung im Einzelzimmer und Frühstück kosten zusammen 23 Oiro, am nächsten Tag geht es gestärkt weiter. Hier kann man direkt am Gasthaus loslaufen, außer den größeren Landstraßen ist hier nicht geräumt und nicht gestreut, und auf festgefahrenen Schnee läuft es sich einfach wunderbar. Können die das in .de nicht auch so machen?
Ab Jeleni, nach etwa 10 km ist gespurt, dafür ist die Ausschilderung eher spärlich, und so finde ich mich irgendwann mal in Pernink (Bärrenbach) auf einer Piste. Die Abfahrt vom "Perninsky Vrch" ist nicht so schwierig, ich habe jetzt "Cruising Ski", die haben eine ziemlich zupackende Bindung, sind etwas kürzer, leicht tailliert und damit eingeschränkt abfahrtauglich, außerdem sind die besser, wenn es mal von der Loipe ins Gelände geht, dafür bin ich auf der Loipe jetzt noch langsamer als zuvor. Der Wind ist sehr entgegenkommend, und das mitten im Wald. Die böhmische Bahnlinie verfolgend, erreiche ich die Schimagistrale wieder, die Passhöhe kann man jedoch nur in tiefster Gangart überqueren. Zwei englischsprachige Sporzfreunde wollen das ganze Erzgebirge längs durchqueren. Bei dem Wind haben sie für heute die Schnauze gestrichen voll, in Horni Blatna setzen wir drei uns in den "Blauen Stern" und lassen uns gourmetmäßig verwöhnen. Nachdem der Wind nicht nachlässt, fragen die drei Herrschaften, wo denn jetzt die "Blatna" ist, die so "horny" sei. Über den Scherz können die Eingeborenen natürlich schon längst nicht mehr lachen. Dennoch bleiben die zwei über Nacht in dem Ort mit dem "geilen" Namen. Ich selbst schlage mich durch die Büsche nach Georgetown, zumindest versuche ich es. Man soll nicht abkürzen wollen, die Loipe wäre doppelt so lang, dafür wäre mir der Straßenlatsch in Langlauflatschen erspart geblieben. Den Verlockungen des Fitschi- Markts an der Grenze kann ich auch widerstehen, und so fahre ich wieder geschafft aber zufrieden nach Hause.