Samstag geht es erst mittags nach Brülli-Sau bei Appenzell, denn der Wetterbericht verspricht erst für Sonntag klettertaugliches Wetter. Bei viel weniger Regen als erwartet buckeln wir dann auch fast 3 Stunden lang Kletterzeuchs und Vollverpflegung für vier Tage auf die nur am Wochenendete bewartete Hundsteinhütte.
Am Weg zur Bollenwees gibt es schon manches zu sehen: Einen steinernen Schild,
Kennt einer diese Felswände? Zur Einordnung:
http://img.photobucket.com/albums/v621/kleimber/20050514hundstein/20050514hundst...
einen im Berg verschwindenden Bach
und schließlich die Landschaft um die Bollenwees
Die Kletterberge von der Bollenwees aus gesehen
Unser Ziel für heute ist die im Wald versteckte urige Hundsteinhütte-wer sieht sie?
Endlich angekommen, ewrfahren wir von drei Landsleuten, dass heute durchaus schon was ging in den Wänden. Und weiter, dass das "Mörderwägli" (Zustieg zu den Kletterrouten am Hundstein) Steigeisen braucht.
Dafür will sich am Sonntag das schöne Wetter nicht einstellen. Bis um 10 weicht der Regen den Altschnee durch. So verzichten wir angesichts meines nassen Erlebnisses von vor 2 Jahren auch darauf, die Kletterrouten über den Gipfel zu an zu gehen. Ersatzweise steigen wir am Neuen Südplättli irgend eine Route ein, in der schon drei Leute hängen. Sie sieht von unten relativ leicht, weil sehr geneigt aus. Die erste Länge entpuppt sich dann aber als zum Eingehen einklich ungeeignet. Auf der Platte ist stellenweise wirklich nicht die geringste Delle zum Treten, aber irgend wie schaffe ich es bis dort hin, wo die drei Leute Stand gemacht haben - wegen Seilende an einem Zwischenhaken und 2 Keilen. Der Fels ist furztrocken*, bombenfest und rau. Vor lauter Klettergenuss habe ich nämlich - wie die drei vor mir - den einklichen Stand an einer fetten Sanduhr übersehen. Die drei seilen ab, aber richtigen SANis macht das bisschen Kälte und der improvisierte Standplatz ja nix.
Nachdem Jan die offensichtliche Schlüsselstelle problemlos nach kam und weiter oben die Neigung noch weiter zurück geht, steigt Jan Weiter. Keine Haken, das sehen wir von unten schon. Nur eine Fixschlinge 20 Meter über uns. Alle Risse entpuppen sich jedoch als nur von losen Schuppen gebildet. Nach 10-15 Metern gelingt es Jan, zwei Keile zu legen.
Danach wird es erst mal richtig einfach. Doch auch dieser Stein ist ein Hund. Ich sehe nur noch, wie ein etwa kopfgroßer Brocken auf mich zu fliegt und der Jan gleich hinterher. Deckung gibt es keine auf der Platte, aber ich habe mich 3 Meter lang fest gemacht und kann dem Geschoss ausweichen. Denn der Helm nützt bei so einem Teil nichts. Dann spüre ich auch schon den Zug - zum Glück nach oben und nicht zur Seite. Der obere Keil hat also gehalten, Jan hängt 5 Meter tiefer. Ich lasse ihn zum Stand herunter, hole die zwei Klemmkeile und sehe 5 Meter neben mir eine Abseilkette.
Von dort seile ich schräg zu Jan, und dann geht es abwärts zu den Rucksäcken. Das einkliche Problem kommt erst jetzt. Der Zustieg ist steil und Jan kann auf quergeneigter Fläche nicht auftreten. Der rechte Fuß ist angeschwollen und wird mit Tape stabilisiert. Was normaler Weise 10 Minuten dauert, zieht sich über eine Stunde hin. Das erste Stück geht zwar noch auf dem Hosenboden durch Schnee, aber dann mache ich Tritte im 30-cm-Abstand. Ein Hubschrauber kreist über dem Sämtiser See. Den wird doch nicht jemand auf uns angesetzt haben? Wo wir doch schon fast unten sind. Am Ende des Schnees wird jeder Tritt mit dem Wanderstock angezeigt. Auf der Hütte packe ich die Rucksäcke. Jan läuft - besser humpelt - indes zur Bollenwees. Ich laufe zwei Mal mit den Rucksäcken von der Hütte zur Bollenwees. Der letzte (Klein-)Bus ist natürlich längst weg.
Der Bollenwees-Busfahrer will uns nicht mitnehmen. Aus Haftungsgründen dürfe er keine Kranken befördern. So müssen wir jetzt doch noch die Bergwacht holen. Die Polizei holt Jan mit einem Geländewagen, den ich vorher noch nie gesehen habe, liest mich auf halber Strecke auf und setzt uns am Auto ab.
Dieser Oldtimer bringt uns sicher - trotz 32% Gefälle - zurück
Jan will jetzt noch unbedingt nach Hause, obwohl ihm alle Leute zureden, er möge sich noch hier untersuchen lassen. Viereinhalb Stunden fahre ich nach Karlsruhe. Ich nächtige bei Jan. Nach einem opulenten Frühstück wird Jan ins Krankenhaus gefahren. Diagnose: das Sprungbein ist gebrochen. 4 Tage zur Beobachtung, dann 3 Monate konservative Behandlung zu Hause. Mit fast 50 dauert sowas halt schon lang.
Ein Dank übrigens an die Wirtin der Hundsteinhütte. Mit 47 Franken ist die - wenn auch einfache - Halbpension geradezu günstig und man kann auch nachholen. Wer noch negative Erinnerungen hat: Der "Drache vom Hundstein" ist seit 2000 nicht mehr da, 2000-2004 war eine andere Wirtin oben und die jetzige ist wirklich nett, sie brachte auch eine elastische Binde an Jans Fuß an.
Die Route, die wir zu steigen versuchten, war "Alains Wundernase". Die Schlüsselstelle, eine geneigte Platte, laut Känel "6a-", lag schon hinter uns. Zumindest die 70 Meter, die wir gestiegen sind, sind zu empfehlen.
Der Hubschrauber überm See suchte nach einem Spatziergänger, der sich von der Bergstation am Hohen Kasten zu lang entfernt hatte und mit ausgehängter Schulter, abgeschürfter Haut und ein paar gebrochenen Rippen auf irgend einer Schuttrutsche herum lag.
Dem Jan wünsche ich gute Besserung.
* bedeutet "nicht richtig trocken", aber fast.