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Rudi oder Franzl? Tiefschneetage ... (Gelesen: 1447 mal)
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DAV-Trainerin C Bergwandern

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Rudi oder Franzl? Tiefschneetage ...
05.03.2006 um 13:24:25
 
Tiefschneetage waren angesagt 17.-19. Februar, die legendäre Veranstaltung von DAV, Alpin, Sporthändlern usw. im Rofan, wo man für relativ wenig Geld jede Menge Material ausprobieren, pisteln und/oder auf geführte Skitouren gehen kann. Dummerweise setzen sie dort so intensiv auf Kundenkreiserweiterung, dass sie fast nur noch Erstanmeldungen akzeptieren... Schafft man es trotzdem, als Wiederholungstäter zugelassen zu werden, ist garantiert die Erfurter Hütte für den Termin schon so ungefähr ein Jahr vorher ausgebucht.
Was soll's - für Tiefschneetage brauchma kaan Veranstalder, das können wir selber... "Wir" sind ursprünglich Lisanne & Jsem und G, bald erweitert um Berni & Christine. Dohle & Hawkeye und Anna wollen auch mit, super, die "Familie" wieder zusammen auf Tour.

Gar nicht so einfach. Erst nach etlichen vergeblichen Anläufen (Oberland… Dortmunder… alles dicht!) konnten die Organisatoren (Lisanne und Jsem – vielen Dank!!!) an der Rudolfshütte ankern. Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Mitten in der Anreise aus Franken Richtung Granatspitzgruppe ereilten uns diverse SMS, dass aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über Reservierungsmodalitäten ab sofort Rudolfshütte ab- und Franz-Senn-Hütte angesagt sei... netterweise bot das Dohlennest in München ein feines improvisiertes Nachtquartier und sogar ein selbstgekochtes Abendessen - liebe Dohle, hab nochmals herzlichsten Dank dafür!

Den Hüttenaufstieg von Seeduck am nächsten Vormittag durften wir bei klarem Himmel und knusprigem Schnee anfangen...

...
Hier ging's los...


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... und da ging's hin...

Das Ösiland-Gefühl stellte sich spätestens bei Hinweisschildern in bester kakanischer Manier wie diesem ein:

...

Also der Besitzstörungsklage entgeht man bis Seeduck... weiter hinauf hab ich nur noch Parkmöglichkeiten für Gäste der Almwirtschaften oder Berggasthöfen gesehen, anfahrbar waren die im Winter eh nicht.

...

Über sanfte Mulden und hübsch gelegene Almen ging es gemächlich und mit zunächst wenig Höhengewinn das Oberbergtal aufwärts, gestört nur durch Lärm und Dieselgestank der Skidoos, die die Teilnehmer das sonntäglichen Kräulschartenrennens samt Ausrüstung auf die Franz-Senn-Hütte schafften...

Die bald erreichte Oberrissalm schrie förmlich nach Pause, man bewegte sich auf Bergsteigerlüge Nr. 1 (http://people.freenet.de/steinziege/fundgrube/luegen+ausreden.htm) zu   Zwinkernd
Die Stimmung war bestens...

...

... und blieb es auch am Abend auf der Franz-Senn-Hütte. Überdimensionale Schnitzel für die Fleischfesser unter uns trugen das Ihre dazu bei...

Freilich mussten sie erstmal verdient werden, man kann schließlich nicht den ganzen Nachmittag auf der Hütte abhängen.
Also Schneeschuhe und Ski wieder angeschnallt und aufwärts Richtung Kräulscharte, mal sehen, wie weit wir noch kommen. Dort hatte man eine Art schmaler Piste für das Kräulschartenrennen angelegt, sehr praktisch, denn Aufstieg im nassen, schweren Pappschnee wäre kein Spaß gewesen. Leider zog es sich heftig zu und begann zu schneien... Bei ca. 2400 m Höhe Umkehrpalaver und Umkehrbeschluss.

Bloß Anna und ich als gemischtes Doppel (sie Schneeschuhe, ich Ski) hatten noch immer keine Lust auf Hütte und zogen noch weiter. Auf ungefähr 2600m Höhe - oberhalb des "Stiergschwez" - wurde die Sicht so schlecht, dass man die "Piste" kaum noch wahrnahm, also auch für uns Schluss. Meine Brille beschlug obendrein so stark, dass ich fast gar nichts mehr sah. Ging ansonsten ganz gut, aber einmal steckte ich mit einem Bein bis zur Hüfte im Tiefschnee, samt Ski, und hätte allein wohl ziemlich Mühe gehabt, mich wieder zu befreien... danke, Anna! Kurz oberhalb der Hütte schien jemand in den Sommerwänden festzusitzen... was sich auf der Hütte auch bestätigte, wo die Bergwacht von Übung zu Ernstfall wechselte und sofort ausrückte, um den "verfahrenen" Kameraden aus der Wand zu helfen.
Zu unserer freudigen Überraschung blaute der nächste Morgen mit nur wenigen Zentimetern Neuschnee im schönsten Sonnenlicht:

...
Blick talwärts...

Also Richtung Hinterbergl, wie geplant, Abmarsch pünktlich um 8 Uhr (auch die hartgesottensten Hüttenabendgenießer standen rechtzeitig auf der Matte)...
Die Spur begann gnädig mit langem flachem Talhatscher (der u.a. einen Lawinenkegel überquerte - also ist auch der breite Alpeinerferner nicht ganz ohne!) zum Warmlaufen, bis die ersten Geländestufen auf den Verborgener-Berg-Ferner auftauchten. Meist konnte man unsteil über Buckel und Rücken aufsteigen, aber so ab 2800 m Höhe sahen wir links und rechts auf den etwas steileren Hängen frische Schneebrettabgänge. Oben erste Schneefahnen, der Wind frischte erheblich auf...

Die Vorhut ("wir sind aber doch gaaanz langsam gegangen!") bewegte sich bald außerhalb jeder Kommunikationsreichweite und verschwand allmählich in der Turmscharte (3126m).

...

Das Gros beschloss, die Dreitausendermarke zu knacken und dann umzukehren, Dohle und Christine mit Schneeschuhen voraus, Hawkeye und Lisanne mit Tourenski hinterher. Die Schneeschuhabbrecher waren recht flott unterwegs, wohingegen mit Tourenski eher taktisches Fahren angesagt war. Wo ist mit versteckten Felsen zu rechnen? Huch, hier ist der Hang auch schon angerissen! Wo ist Harsch oder Pappe? Die weiße Pracht wurde zunehmend schwieriger zu befahren und die Sicht schlechter. Naja, alles was unter White Out ist, geht noch.

Auf der letzten Stufe des Alpeiner Ferners riss Werner noch kurz ein Schneebrett an, Lisanne vervollständigte den Riss und Jsem räumte das Schneebrett dann letztendlich später ab. Dohle und Christine wurde sichtlich unwohl im Gelände.... Lisanne nahm noch eine ordentliche Untiefe im Schnee mit einer Bauchlandung mit. Ein Ski war zunächst mal weg, und auch hier tat sich eine Abrisskante auf. Also mal vorsichtig taktieren und warten bis Hawkeye, Dohle und Christine zum Ausgraben kamen. Der Rest der nicht enden wollenden Strecke zurück zur Franz-Senn-Hütte wurde größtenteils schiebend zurückgelegt, verlief aber ohne weitere Ereignisse.

Anna und ich nahmen die Turmscharte (samt Blick aufs Hinterbergl, das bei dem sich verschlechternden Wetter ausfiel) auch noch mit, mit dem Erfolg, dass wir für den Abstieg wieder ausgesprochen schlechte Sicht hatten. Selbst Jsem, der mich als Siktouren-Anfängerin nicht "allein" abfahren lassen wollte (danke, Jsem!), blieb nach jedem Schwung stehen, um zu peilen, wie wir am besten weiterfuhren. Der Schnee da oben war wunderbar, perfekt... wenn man nur mehr gesehen hätte! Seitlich der Abfahrtsspuren sahen wir mindestens ein Schneebrett, das beim Aufstieg noch nicht da gewesen war, und im einen oder anderen kleinen Hang zeigten sich erste Risse, so dass wir ihn gaaanz vorsichtig, langsam und einzeln hinter uns brachten.

...

Der Rest war Gleiten und Schieben. Kurzer Einkehrschwung an der Hütte, Gepäck abholen, und runter, aaaber... Was am Vortag ein gemütlicher Hüttenaufstieg gewesen war, war jetzt eine buckelige, enge Steilrinne, so hatten die Rennfahrer abgehaust. Anders als auf der gerade fast sturzfrei bewältigten Tourenabfahrt ging es hier nicht ohne etliche Horizontaleinlagen ab...  Aber irgendwann nahm die Rennroute ein Ende, und ich konnte friedlich auf dem Almweg an den Schneeschuhgehern vorbeigleiten... und an den Endlosabstieg von der Kürsingerhütte letzte Ostern denken.
Ski haben eben doch was für sich.

Gisela + Lisanne







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