Liebe Bergfreunde,
als es noch schön warm war am 7.September, wollte Paco, seines Zeichens mexikanischer Austauschstudent,
unbedingt mal auf Deutschlands höchsten Berg. Das nicht mal 3000 Meter hohe Teil ist für einen Mexikaner natürlich nur ein Hügel, sein Wohn-Vorort in MX-City liegt nur unwesentlich niedriger. Er d8e, den Klapfen von der JH in GAP aus nieder machen zu können.
Die Anreise ging ganz stressfrei vor sich
Als der "Tiefflieger" verlassen war und die Rumpelkiste eine halbe Stunde später Weilheim hinter sich gelassen hat, klebt Paco nur noch am Fenster. Bei ihm zu Hause sind Berge nämlich höher, aber nicht so steil. Sowas wie bei uns kennt er nicht.
Wie üblich folgt der Aufstieg zur ersten Hütte nachts, wo wir trotz Schlafanzugs (die total durchgeschwitzten Klomatten mussten runter und zwei Mal umziehen wegen einer halben Stunde ist ja wohl nur doof) um halb 10 noch lecker Essen bekommen. Danach heißt es
Tag 1: Durch die Höllenküche des WaschtalsDas Unwetter, das in der Nacht halb Oberschwaben flutet, wütet auch hier - nur gibt es hier nix zu fluten. Doch es hört erst morgens um 9 auf und hinterlässt ziemlich dämpfige Luft.
Wir starten spät
durch den Nebelwald
wo auch gleich klargestellt wird, dass der Höllentalferner aper ist.
Es gibt noch mä-ä-ä-ä-ä-hr, die so blöde sind und bei dem Wetter nicht hinterm warmen Ofen sitzen.
Doch für die ist hier Schluss.
10 Jahre früher bin ich hier ohne Set drüber, aber heute ist alles glibberig. Und von dem mal ganz abgesehen will man einem so weit gereisten Gast ja kein schlechtes Vorbild sein
So langsam lichtet sich der Nebel
und Pacos erster Gletscher mit einer von 0 signifikant abweichender Neigung kommt in Sicht
Schon sind wir drauf.
Hier müssen wir gleich hoch
Doch zuerst geht es an ein paar Löchern im Schnee vorbei
Mit Grödeln an Pacos Füßen habe ich ernsthaft Bedenken, aber meine Bw-Schuhe und Steigeisen passen auch nicht so recht zueinander. Dreimal muss ich nachschnüren.
Endlich sind wir in der Sonne. Wer so blöde ist und hinterm warmen Ofen sitzt, versäumt was. Und weil das viele sind, müssen wir uns den Aufstieg mit genau 10 anderen teilen.
Morgen wird Viehtrieb angesagt sein, der Tag mit den meisten Leuten im Höllental aller Zeiten. Mehrere Stunden Stau am Brett.
Die Seilbahn fährt nur jede halbe Stunde.
Kann ja kein Mensch wissen, dass es hier oben so schön ist.
Woran natürlich auch Paco seinen Anteil hat. (Sieht man am Foto leider nur nicht.)
Übrigens, Digitalis, falls Du hier mit liest: Nicht mal das Dach von Deutschland ist mehr sicher vor den Fähnchen.
Nachdem wir uns erst mal in den verschwitzten Armen gelegen haben (das lässt in Pacos Heimat - im Gegensatz zu hier - keine Rückschlüsse auf die so genannte Orientierung zu), zeige ich Paco auch gleich die weniger schönen Seiten von Deutschlands am wenigsten naturbelassenen Berg.
So viel Betong für so wenig Touris - das lohnt doch gar nicht. Mit der Kriegsbemalung konnte ich auch kaum jemanden erschrecken - es war einfach niemand da. (Morgen werden sich die Leute um einen Platz an der Brüstung schlagen.)
Die Mitesser sind viel zu verwöhnt. Unser Knäckebrot schauen die nicht mal an.
Den Plan, heute noch zur Biwakschachtel aufzubrechen, müssen wir aufgrund unseres (3 Stunden ver)späte(te)n Aufbruchs an der Höllentalhütte modifizieren.
Eine Übernachtung am Münchner Haus verbietet sich für Paco, der als Ohneglied dafür 28 Oironen zahlen müsste und außerdem dafür max. einen halben Schlafplatz bekäme. Von 30 Plätzen waren 30 reserviert und erfahrungsgemäß kommen Freitag spät abends bestimmt noch mal 20.
Schweren Herzens vernichten wir 900 Höhenmeter
bis zur ebenfalls nicht gerade einsamen
Wir gehören nicht zu denen, die in den Bergen den Rummel suchen und nehmen (als einzige !) das Abendessen auf der schönen Terrasse ein.
Tag 2: Endgültige Deckung des diesjährigen Bedarfs so genannter klassischer BergtourenAm nächsten Morgen geht es den Brunntalgrat hoch.
Wo der Weg schlecht erkennbar ist, will Paco abkürzen und gerät in ungangbares Gelände. Es gibt im Umkreisvon 60 Meter keinen Punkt, an dem man ein Seil befestigen könnte. Gemeinsam mit 3 anderen Leuten lotsen wir ihn wieder runter.
Nochmal gut gegangen, aber jetzt muss sich meine kleiner Freund erst mal beruhigen. Oben am Grat erst mal eine Pause.
Die Aussicht ist fänomenal.
Man kann kaum glauben, dass das hier fast durchweg Gehgelände ist.
Ein ganz schöner Umweg ist das über die Knorrhütte.
"Ganz hinten liegt ja Schnee mitten im Sommer ... da müssen richtige Berge sein"
Hier müssen wir zum Glück nicht mehr hoch. Wir sind so gut wie durch.
Obwohl ziemlich geschlaucht, gehen wir noch auf die Alpspitze. Den Gipfel markiert der Wegweiser,
das Kreuz ist wo anders.
Danke Paco, für den Eintrag im Gipfelbuch. Es gibt doch noch liebe Menschen auf der Welt
Viel zu lang freuen wir uns an der Aussicht - oops - am Gipfelglück.
Denn die Schatten werden länger und länger und am Nordwandsteig sieht es dann so aus:
Irgendwo vertritt sich Paco den Fuß. Ich muss mehrmals längere Zeit auf ihn warten, als ich selbst gelaufen bin. An die Abkürzung über die Schöngänge ist jetzt nicht mehr zu denken.
Er versucht sich, mit Schokolade aufrecht zu halten, aber die Dinge, an die er als Mediziner mit zweitem Staatsexamen dran käme, nimmt er nicht mit.
Eine halbe Stunde vor dem Kreuzeckhaus legt er sich dann ins Gras. Ich laufe vor, um noch zwei Lager zu reservieren, wieder zurück, um seinen Rucksack zu tragen und ihn zu stützen. Viertel vor elf gibt es noch Spaghetti Bologneser Art. Ein Lob auf den neuen Kreuzeckwirt.
Tag 3: Gute BesserungAm Sonntag wollen wir an der Alpspitze noch etwas gemütlich klettern.
Daraus wird nix. Schon auf der Hochalm plagen heftige Kopfschmerzen den armen Paco, auf der Bergstation des Osterfelderkopfs gibt er dann die Spaghetti und das leckere Frühstück von sich.
Wir verkrümeln uns von dem Rummelplatz, nach Abklingen der Schmerzen steigen wir eine verkürzte Route ein, worauf sich das Kopfweh sofort wieder einstellt.
Endlich verspürt Paco Hunger, wir kochen an einem einsamen, von der Bergstation nur wenige Minuten entfernten Platz hoch über dem Höllental das für die Biwakschachtel vorgesehene Futter.
Abends schweben wir zu Tal, fahren noch gemeinsam nach München, und in Pasing verabschieden wir uns. Paco muss noch nach Berlin auf einen Kongress und fliegt dann sofort nach Hause.
Aber ich habe eine Einladung von ihm, wir werden uns ganz sicher wieder sehen. Auf den Bergen, die zwar nicht so steil wie bei uns, dafür aber höher sind....