So, und hier isser auch schon, der Bericht zur 36-Stunden-Wanderung. Bilder kommen, sobald NLA den Film entwickelt und gescannt hat.
Nachdem unser Führer und Organisator Climby nicht bereit war, sich gesundspritzen zu lassen, mussten wir drei letzten Mohikaner, (George, NLA und Lamл[tm]) uns so vollkommen ohne jede Führung in das fürchterliche und grausame Abenteuer "Stubaier Höhenweg in 36 Stunden" stürzen.
So treffen wir uns am Freitag um 13 Uhr in M am Louise-Kisselbach-Platz, um den Rest der Anreise ökologisch korrekt im einigger Maßen voll besetzten Auto zu vollbringen. Im Gegensatz zur Planung sind wir dann auch schon um 16 Uhr in Neustift, und weil man alles, was man am Freitag abend erledigt, am Montag nicht mehr machen muss, drehen wir die Planung um und geben uns noch den weiten Hatsch durch das Pinnistal zur IBKer Hütte. Viel haben wir nicht dabei, in meinem Rucksack befinden sich neben einem halben kg Regenzeug, einem Paar Grödel, Verbandszeug, einer Stirnlampe (wegen der bin ich ja der Lamл[tm]) , 100 gr Schlafanzug, einer langen Softshell-Hose und einem Paar Handschuhe nur noch 25 Fitness- bzw. MÜsli-Riegel und 150 gr. Zartbitter-Schokolade sowie der Nachtisch für das letzte Abendessen. Was die riesigen Rucksäcke mit den entgegenkommenden Wanderern vorhaben, weiß der Teufel (und vermutlich nicht mal der so ganz genau).
Alle Lager sind voll, aber die Dunkelkammer hat noch drei Plätze frei. Dass kein Fenster drin ist, ist egal, denn wir wollen ohnehin schon vor dem Aufstehen loslaufen. Fettiger Kaiserschmarrn resp. leckere Spaghetti Bolognese und ebensolche Halloren-Katzenzungen beschließen den nullten Tag des Herbert-Strobl-Gedächtnis-Marsch.
Am Samstag laufen wir dann doch erst kurz nach halb sieben los und sind bereits nach kurzer Zeit froh, den Weg nicht in geplanter Richtung gemacht zu haben, denn da hätten die vier Anstiege an Ketten drei schwer erschöpfte Wandersleute getroffen. So war es nur ein Genuss über vier Schneiden und an einem wunderschönen See vorbei zur Bremer Hütte. NLA, immer vorn wählt entgegen unseren Annahmen nicht den Weg über den See, sondern den nach Höhenmetern längeren Weg ohne Klettersteig, aber ohne See. Dabei badet sie doch so gern. Ein Fünftel des Stubaier Höhenwegs ist damit gegen 13 Uhr gebügelt, das belohnt sich George natürlich wieder mit einem extra fetten Kaiserschmarrn. Weiter geht es über die Zollhütte zur Nürnberger, und über das Niederl (aus Zeitgründen lassen wir die Meierlspitze rechts liegen) Sulzenau-Hütte. Hier ist von Müdigkeit natürlich immer noch keine Spur
, aber den Mond bedrohlich verdeckende Wolken und erste Regentropfen mahnen zu einer längeren Pause. Ganz abgesehen davon ist es natürlich unverantwortlich, ohne unseren Führer in die Nacht hineinzumarschieren, das gebietet allein schon der Reschbeckt vor dem, dessen wir gedenken wollen. Unbändiger Hunger treibt Ekel erregende Wurstnudeln, das einzige noch verfügbare Essen, in unsere Mägen. Die Hälfte meiner für die Tour als ausreichend erachteten Fressalien waren bereits verbraucht.
Anständige Schlafplätze gibt es zu dieser Zeit natürlich nicht mehr. Wir liegen am Boden im Korridor des Winterraums. Um Mitternacht torkeln die letzten Bier- und Schnapsleichen ins Bett, um drei starten die Hochtourengänger, um der Mittagshitze zu entkommen, danach geht immer das Licht an und aus. Am Morgen kommen NLA und George schlecht raus, da hilft nicht mal das Mersch'sche Lieblingszitat.
Total unausgeschlafen stolpern wir übers Geröll, erneut einen Gipfel, dieses Mal den großen Trögler, auslassend, zur darunter liegenden Dresdner Hütte. Dieser Weg ist bei Dunkelheit nicht einfach zu finden, und so sind wir froh, wenigstens etwas geschlafen zu haben. Eine wunderschöne Aussicht auf das "herrliche" Gletscherskigebiet begeleitet uns von der Scharte bis zur Hütte.
Während NLA zur Hochform aufläuft, so dass George und Lamл[tm] nur noch sporadisch mitkommen, legt sich George erst mal eine halbe Stunde ins Gras und Lamл[tm] rennt erfolglos einer im Wahrsten Sinne des Wortes flotten Maus hinterher, wobei er sich ziemlich verausgabt. Wenn Lamл[tm] aber schon mal beim Rennen ist, versucht er auch noch, NLA einzuholen, was kurz vor einer auffälligen Scharte fast gelingt. Hier wurde einige Minuten vorher noch ein Hund aus dem Schotter geholt. Ein ganz schön aufwändiger Einsatz - es ist fraglich, ob dem Besitzer eine Bergung (wg. der Pflicht zur Kadaverbeseitigung zahlt die Haftpflicht, aber Hund ist hin) oder eine Rettung (Hund lebt, aber die Rettung wird aus eigener Tasche bezahlt) lieber gewesen wäre. Gemeinsam warten NLA und Lamл[tm] etwa 1/4 Stunde, aber kein George in Sicht. Hier können wir zum ersten Mal das Panorama auf die Berge genießen, unter denen wir am Tag zuvor noch entlangmarschiert sind. Mittler Weile ist es auch windig geworden, was bei der brütenden Sonne aber eher angenehm ist. NLA hat die Warterei dick, doch Lamл[tm] sieht den mittler Weile fußgranken George kommen. Jetzt ist klar, dass die Tour an der neuen Regensburger Hütte verenden wird, so genießen George und Lamл[tm] noch ausgiebig das Panorama auf der letzten Scharte zur Hütte. Feuersteine, Großer Freiger, großer Pfaff, Zuckerhütl, Stubaier Wilspitze, das Programm für zwei Tourenwochen liegt vor uns am Präsentierteller. Anschließend begleitet Lamл[tm] noch George den steilen Abstieg hinunter auf den als solchen nicht mehr erkennbaren, weil mit mehreren Lagen Schutt bedeckten Gletscher, während NLA bereits auf der Hütte dafür sorgt, dass wir wenigstens dieses Mal noch drei Lager und ein anständiges Essen bekommen. (Außerdem hofft sie auf ein paar knusprige andere Bergsteiger.) Etwa eine Stunde nach Lamл[tm] ist dann auch George auf der Hütte. Wir drei genießen das Essen auf der sonnigen Terrasse. Speck- und Käsknödelsuppe, Tiroler Tris und Spaghetti ind vom Feinsten. Danach verarzten NLA und George, die beiden Wanderer mit vorschriftsgerechten Schuhwerk, ihre Blasen. Nur Lamл[tm] mit seinen schaftlosen Leichtwanderschuhen ist ohne Blessuren geblieben.
Dieser "saut" am nächsten Morgen zum ersten Bus, um das Auto zu holen, denn NLA muss um 15 Uhr bereits im Geschäftskostüm und wohlriechend bei einem Vorstellungstermin sein. Jetzt müssen nur noch die im Zustand der Auflösung befindlichen Bergstiefel von NLA durchhalten; George steigt gleich in Sandalen ab. Bei ersten Regentropfen endet der Herbert-Strobl-Gedächtnis-Marsch mit dem Einkauf einheimischer Leckereien sowie dem Volllaufenlassen des Tanks mit billigem Ösi-Diesel. Auf der Rückfahrt wurde dann der erste Entwurf zu diesem Bericht geschrieben.
Wenn wir die Angelika mal nicht von hinten sahen, unterhielten wir uns bestens. Es wurde abgelästert, bis die Kacke spritzt, egal ob es um Lamл[tm]'s noch am Ort des Wanderkartenerwerbs deutlich vorgetragene Verballhornung geographischer Bezeichnungen (Pinnistal --> P*nistal), Georges unüberhörbare nonverbale Kundgebungen, dass es geschmeckt hat oder Angelikas ungenierte Klassifikation entgegenkommender Bergsteiger in "knusprig", "süß" oder "uninteressant" handelt. Immer nach dem Motto "Wettbewerb der Peinlichkeit", aber zu lachen gab es genug.
Und was haben wir gelernt?
- Zwei weitere Checker müssen den Weg der Schande ertragen und den Bunny-von-hinten-Award in Empfang nehmen.
- Der Stubaier Höhenweg ist trotz seiner Vorstellung im aktuellen Panorama nicht so überlaufen wie befürchtet.
- Der Weg ist über weite Strecken nachts nur zu finden, wenn man ihn schon mal bei Tageslicht gemacht hat. Außerdem sollte der Mond unbehindert scheinen können.
- 36 Stunden am Stück durchlaufen können zumindest wir drei vergessen.
- Und bei solchen Gewaltaktionen braucht man mehr Futter - die verbliebenen sieben Riegel wiegen das Essen auf der Sulzenau-Hütte niemals auf.
- Beim Hüttenwandern kommt man mit sehr wenig Gepäck aus.
Möge es Climby möglichst bald besser gehen. Zur Beschleunigung dieses Vorgangs hat sich George entschlossen, seine laut GPS (Georgs Persönliche Schätzung) 4444 Höhenmeter im Tourenbuch an Climby zu übertragen.
Hinweis: Dieser Bericht ist mit George und NLA abgestimmt.