SAN-Osterskitouren 2010 im Matschertal / Südtirol

Und hier ein wie gewohnt liebevoll geschriebener und wunderschön bebilderter Bericht vom Bergbär, diesmal zum alljährlichen Hasei-Klassiker: den SAN-Osterskitouren.

... als ich mir kurz darauf das wenig weckende Wasser ins Gesicht spritze. Ich packe meinen Rucksack und nehme ihn mit runter, unnötige Höhenmeter vermeiden ist wichtig beim Bergsteigen ...

Das Frühstück ist dekadent, zumindest für Bergsteigerverhältnisse: frischer Obstsalat, Kuchen, kalte Platten, geschäumte Milch zum Kaffee. Das darf man eigentlich gar nicht erzählen.

Vorher nochmals durch schnaufen hilft kaum beim Betreten des Skiraums, so lange wie das Auffellen und Skistiefelanziehen dauert kann man die Luft gar nicht anhalten. Irgendwie kann aber doch was an dem Geruch finden. Komisch. So wie der Duft eines guten Essens die Produktion von Magensäure anregt und den Hunger so weit steigert, dass man es kaum noch aushalten kann, so regt die Luft im Skikeller meinen Bewegungsdrang und die Vorfreude auf einen Tourentag aus: Ich will los.
Doch erst mal sammeln und trennen nach Gruppen. Dann großer Pipsercheck, weil es ist ja der erste Tag. Am Skilift vorbei geht es den Forstweg hoch zur Upialm. Entlastungsabstände im steilen Hang unter der Steilstufe und dann im Canyon wieder sammeln und dann wieder entlasten. Es ist halt doch ein Dreier. Pause. Gipfelsturm. Obenraus wird’s noch mal ein bisschen fummelig. Auf dem Gipfel gilt es den Jungs die Hand zu drücken und die Mädels im ganzen: Berg Heil auf dem Upikopf. 3.175m - gschafft ist’s. Man könnte die Welt vergessen, es ist ein Traumtag mit wahnsinns Aussicht. Nur der scharfe Wind und ein Hund mit Landjägerjagtinstinkt hindern einen am Davonschweben, über den Ortler und den Zebru und die Königspitze und…ein tolles Hobby.
Der Chefe bläst zum Abmarsch, allerdings nur für die Schneeschuhgänger. Skifahrer dürfen fahren, wie es das Wort schon sagt. Schneller ist das aber auch nicht unbedingt. Zumindest solange man es nicht besser kann als ich. Am neunten Schwung schon entschließe ich mich den Schnee aus der Froschperspektive betrachten zu wollen. Dieser Traumpowder ist einfach zu schön um sich nicht darin zu wälzen. Ich ernte allseitiges Kopfschütteln auf diesen Versuch des Beschönigens, finde aber ich habe recht. Die weitere Abfahrt folgt dem Aufstieg. Kurzschwünge, rechts, links, rechts, links, ups, öh, nein, öh doch: geradeaus. Blödes Hobby, denke ich mir als ich den Schnee aus meinen Klamotten schüttle und meine Skier zusammensuche. Der Rest der Truppe hat ein breites Grinsen aufgezogen, bestimmt aber nur weil die Abfahrt einfach so genial ist. Flaches Gleiten runter an der Upialm, dann den Karrenweg durch den Wald und am Skilift vorbei runterpflugen und auf der Sonnenterasse des Glieshofes landen. Sich von der Sonne braten lassen und ein kühles Bierchen zu sich nehmen. Ein tolles Hobby. Ich liebe Frühjahrskitouren. Manchmal ist das Leben fast schon unerträglich schön.

Canyon-Feeling, schluchtartige Engestelle beim Aufstieg

Aufi geht’s

am Gipfel ankommen


Und dann die Aussicht:

...und dann abfahren…

Für den Samstag haben unsere beiden Tourenführer, also der Kale und der Hasei, die Rappenscharte als Tourenziel auserkoren. An Teil 1 des Tagesablaufes werde ich nie gewöhnen können. Bin Langschläfer. Für Teil 2 kann ich mich jedoch begeistern: schon wieder dieses tolle Frühstück. Habe ich tolle Hobbies. Wir sind 13 Teilnehmer, welche sich auch heute wieder auf eine etwas langsamere und eine etwas schnellere Gruppe aufteilen, jeweils mit einem FÜL dabei.
Im unteren Teil begegnen uns einige Lawinienkegel mit Unannehmlichkeiten, später im oberen Teil dann aber ein sehr schöner Aufstieg. Ich versinke in der meditativen Gleichmäßigkeit des Gehens und der Faszination des Entdeckens meines umherschweifenden Blickes. Die Gestalt einer nach einem frischen Schneefall unberührten Winterlandschaft ist für mich einer der schönsten Anblicke dieser unserer Erde.  Einem Teil der Gruppe reicht die heutigen ca. 1200 Höhenmeter Aufstieg noch nicht und unternimmt einen kleinen Zusatzausflug auf einem neben der Rappenscharte liegen Minigipfel.
Gut gehalten hat sich noch immer der Pulver des Schneefalls der letzten Tage und die Gesichter der Abfahrenden überzieht ein breites Grinsen: genialste Powderabfahrt wie im Hochwinter. Ein harter Ritt über die Kegel der Grundlawinen im Taleingang reisst und aus den Träumen und verkündet das Ende des Abfahrtsspaßes. Gleich schon wieder sind wir am Glieshof zurück.

Der Sonne entgegen

Kraxelei überhalb der Rappenscharte

Wer fahren kann, kann die schmale Flanke auch abfahren. Die meisten Gruppenteilnehmer bevorzugten den Fußabstieg.

Es folgte eine völlig grauenhafte Abfahrt von der Rappenscharte

Wie gewohnt kam der Paul aus dem Jammern schon kaum mehr raus

Da ist es auch kein Wunder, dass andere Teilnehmer den kompletten Fußabstieg vorzogen?

Ich leide. Es ist Sonntag und ich leide. Warum? Na vielleicht weil heute die mit 1500 Höhenmetern härteste Tour des Wochenendes auf dem Programm steht. Vielleicht aber auch weil das Wetter heute keinen Bock mehr hat auf Mr. Nice Guy und uns statt dessen vor jede mögliche Aussicht ein dickes Paket Wolken gestellt hat, mit uns blinde Kuh im Whiteout spielt und uns zudem mit nassen Wasserkristallpäckchen im Miniformat bewirft. Vielleicht aber auch deshalb, weil ich gestern mit dem Hasei an der Bar so verhockt bin. Sogar der Wirt hatte kapituliert und uns schließlich den Zapfhahn überlassen. Das sollte man nicht tun, denke ich mir als ich so leide.
Irgendwann erklärt der Kale, mein Tourenführer für heute, wir wären jetzt am Ziel und könnten umbauen. Saldurscharte nennt sich das hier. Das zugige und neblige Loch schafft es nicht auf meine geistige Liste für Wiederholziele und wir schauen zu, dass wir uns vor dem Abfahren keine Erfrierungen holen und suchen schnell das Weite. Der Hangneigungsmaximalgradient leitet uns sicher aus dem White Out, durch immer noch vorhandenen Traumschnee in das Tal hinunter. Eine enge Rinne bereitet den guten Skifahreren maximalen Abfahrtsspaß und den schlechten einen unerwünscht erhöhten Adrinalinpegel. Jeder meistert die Rinne und den darauffolgenden ewigen Ziehweg das Tal hinaus auf seine eigene Weise. Ein gutes Stück am Talende müssen wir die Skier mangels Schneeunterlage tragen. Ich hasse Frühjahrskitouren. Habe ich blöde Hobbies, denke ich als ich in den Plastikhartschalenschuhen über den Schotter stolpere.
Nach einem Powernapping finde ich den Rest des Heldenteams vom heutigen Tag teilweise frischgesaunt beim Abendessen wieder. Das vier Gänge Menü der Halbpension versöhnt mich mit der Welt. Auch am dritten Tage bin ich von der Komposition der dargebotenen Speisen entzückt. Leider hat man bei mir den Speicherplatz nur in Minimalkonfiguration ausgebaut und auch die Nachfrage beim Glieshof hilft mir beim Versuch der Auflistung der aufgetischten Köstlichkeiten nicht weiter: Die Menüs überlegen Sie jeden Tag aufs neue und Speichern diese auch nicht. Also kann ich hier nur eines sagen: Diätaspiranten sollten um den Glieshof einen weiten Bogen machen.

Aufbruchstimmung

Eingehüllt vom großen Weis

Des einen Freud, des anderen Leid

Ostermontag. Abschlusstour und dann Game Over. Das SAN Traditionsevent geht dem Ende zu. Nochmals brechen beide Gruppen zu einer kürzeren Tour Richtung Upialm auf. Heute hat man mich vorgeschickt und ich bemühe mich um ein zügiges Tempo bei dem trotzdem alle gleichzeitig an der Upialm ankommen. Am Freitag hat der Hasei unter dem Litzner schon einen Hang entdeckt. Jetzt steuert er darauf zu wie ein Flugzeug das blind dem Leitfeuer folgt. Er kann gar nicht anders. Unsere Gruppe folgt während die anderen davor schon rechts abgebogen waren. Das Wetter hat sich wieder einbekommen und ist heute doch wieder mit uns. Erneut machen uns weite, nur gering befahrene Hänge in Idealneigung und mit Optimalschneeauflage ihre Aufwartung. Es geht doch nichts über ein ordentliches Powderschnüffeltourenführerschwein. Einmal mehr cruisen wir die Hänge herunter. In der Abfahrt treffen schließlich beide Gruppen wieder zusammen. Nach einen schnellen Drink zerschlagen sich die Teilnehmer wieder in Richtung aller SAN Teilnehmer Winde, nur ein paar Glückspilze dürfen auch die nächsten Tage noch weitere Touren in der Umgebung unternehmen….

Start vom Glieshof weg

Modellbahnlandschaft

Unter dem Litzner

Normhang für garantierten Abfahrtsspaß.

mali, 06.05.2010 00:24