Bericht über das Hochtourentraining an der Ruderhofspitze

Ein gewohnt bäriger und wie immer fix (sehr vorbildlich!) auf die Veranstaltung folgender Bericht vom Bergbär über das Hochtourentraining an der Ruderhofspitze ...

Ein Kessel buntes Bergsteigen

(oder Rezept für ein erfolgreiches Trainingswochenende Hochtouren - Bericht SAN Hochtourentraining 25. & 26.07.2009)

Ein HTTWE (Hochtourentrainingswochenende) ist eine jederzeit zu empfehlende Köstlichkeit. Es verbindet die Elemente Hochtour, Spaß mit anderen Bergsteigern und persönliche Kenntnisauffrischung. Für die Zubereitung ist eine Mindestdauer von 2 Tagen zu empfehlen.

Zutatenliste:

  • Eine handvoll Möchtegerne-Bergsteiger + 1 Fachübungsleiter:

    (Mike, G, retebu, BergBär + Alex)

  • Einen gescheiten Hochtourenberg

    (Ruderhofspitze)

  • Einen großen Haufen Ausrüstung

Zubereitung Tag 1:

Die erste Aufgabe besteht darin die Zutaten zusammen zu bringen. Hier empfiehlt es sich die Teilnehmer (Möchtegerne-Bergsteiger) in Fahrgemeinschaften zum Berg zu fahren. Der umgekehrte Weg, den Berg zu den Teilnehmern zu bringen, gestaltet sich logischer Weise ungleich schwerer.

Die Teilnehmer steigen zu Fuß zur nächtlichen Lagerposition (Franz Senn Hütte) auf und beziehen diese. Hier gestalt sich die erste Schwierigkeit für die Teilnehmer: Weg selber finden und Gruppe zusammen halten.

Sogleich ist eine Vorbereitung auf die Gefahren des nächsten Tages unabdingbar. Dazu übe man eine Spaltenbergung. Falls keine adäquate Gletscherspalte in der unmittelbaren Umbebung zu finden ist, tut es auch ein Felsabhang.

Es kommen jede Menge Knoten ins Seil und auch ins Hirn der Teilnehmer. Quasi jeder hat es unterschiedlich gelernt und der FÜL zeigt die aktuelle Lehrmeinung. Ganz schönes Durcheinander. Die Knoten im Seil lösen sich schließlich alle auf und alle Quasi-Opfer werden aus der Quasi-Spalte geborgen. Auch die Knoten im Hirn der Teilnehmer lösen sich spätestens beim Ausklingen des Tages bei gersten- und weizenbasierten Kaltgetränken vollends auf. Die Tour für den nächsten Tag und was da zu erwarten ist wird besprochen. Abschließend lässt man die Teilnehmer über Nacht Kräfte für den nächsten Tag sammeln.

Zubereitung Tag 2:

Ostalpenhochtouren sind was für Langschläfer. Frühstück sechs Uhr, Abmarsch halb Sieben. Easy. Am Morgen zeichnet sich das gemeldete Megawetter schon am Himmel ab. Der Unternehmung steht also nichts mehr im Wege, oder doch? Naja, die Teilnehmer müssen die Tour halt selber auf die Reihe kriegen. Gisela führt den Weg von der Hütte zum Alpeiner Ferner.

Teil 1 also geschafft. Jetzt kommt mein (BergBären) Part. Ich hatte am Vortag bei der Frage ‘Wer mag führen’ keck die Hand hochgehalten, das hab ich jetzt davon. Gemeinsam besprechen wir die Route und kommen zum Schluss, abweichend vom Weg in der Karte, die Felszwischenpassage zu umgehen und den ersten Abschnitt komplett auf dem Gletscher zu gehen. Der erste Teil des Gletschers ist blank und somit ist das Seil noch nicht angebracht. Wir Rüsten Steigeisen und Gurte auf.

Nach der ersten Rampe geht es in ein Becken unterhalb eins mächtigen Gletscherbruchs.  Riesige Eistürme animieren den FÜL zu einer kurzen Theorieeinheit über Eisschlag. Die Spalten sind nun zugeweht und das Seil ist anzulegen. Eine Italienische 2er Seilschaft überholt uns.

Insgesamt werden es nicht mehr als 3 Seilschaften sein, welche wir an der Ruderhofspitze sehen. Wir traversieren einen Steilaufschwung und gelangen in ein riesiges, von einem wilden Felsgrat eingerahmtes, Gletscherbecken.

In Gedanken ziehe ich den Hut, als sich erste Einblicke in die Schrankogel Nordwand auftun. Ein paar Verrückte aus unserem Verein haben sich dieses Jahr ja schon durch diese Firnwand hochgepickelt.

Die Durchquerung des Beckens ist ein langer Hatsch in schöner Umgebung. Endlich tun sich aber auch erste Blicke auf die Ruderhofspitze auf. Bislang war sie immer verdeckt. Es wird wieder steiler als es in ein zweites Becken direkt unterhalb der Ruderhofspitze übergeht. Hatten wir Gesten noch ernsthaft darüber diskutiert, ob wir die Variante Firnrinne oder Grat nehmen, so zeigt sich heute der Unterschied zwischen Hochtourentheorie und -Praxis. Wir nehmen den Grat. Von der im Führer beschriebenen Firnrinnenvariante ist nämlich schlichtweg nichts mehr da. Da ganze Berg ist von der Seite so dermaßen aper, dass man sich nicht einmal vorstellen kann, wo das Ding je gewesen ist. Es gilt also rechts zur oberen Hölltalscharte rauszuqueren.

Dort heißt es Seil ab und über den blockige Schutthalde von Grat den Restweg zum Gipfel hinauf zu gehen und zu kraxeln. Uns stellen sich keine wesentliche Felsschwierigkeiten oder etwa gar Eis in den Weg.

Oben angekommen genießen wir das Megawetter. Selten ist es so schön auf einer Hochtour. Wir genießen Fernsichten auf den Großvenediger im Osten, die Marmolata im Süden, die Tiroler Wildspitze im Westen und dem Wetterstein im Norden. Dazu faszinierende Blicke in die Stubaier.

So kann man ewig sitzen. Wenn einem nur nicht immer der Zwang zum Rückweg inkl. Heimfahrt am gleichen Tag im Nacken sitzen würde. Den Rückweg zeigt uns Giesela. Er ist identisch mit dem Aufstieg und dank des anhaltend guten Wetters nicht schwer zu finden. Es ist fast sechs als wir an der Hütte ankommen und noch ein Abendessen zu uns nehmen, uns somit für die anschließende Heimfahrt stärken.

Alle Zutaten haben an diesem Wochenende wirklich gepasst und das Produkt war super. An dieser Stelle verdient natürlich der Betrag des HTTWE-Kochs und FÜLs Alex eine besondere, lobende Erwähnung!

Text: Reiner Beck alias BergBär
Photos: Mike Schelhorn & Reiner Beck

mali, 02.08.2009 21:54