Die weißen Berge – Tourenbericht aus den albanischen Alpen

Im Norden Albaniens, nahe der Grenzen zum Kosovo und nach Montenegro, erstrecken sich die Albanischen Alpen. Ein wildes, unerschlossenes Gebirge mit Gipfeln bis ca. 2.600 m. Karstens Tourenbericht von seiner Führungstour gibt Einblicke in dieses traumhafte Tourengebiet.

Die weißen Berge – Tourenbericht aus den albanischen Alpen


So langsam werden sie schon zur Tradition: meine Osteuropa-Touren mit der SAN. Nach Bulgarien 2014 und 2016 sowie der Hohen Tatra 2015 stand dieses Jahr Albanien auf dem Programm.

Wohl kaum ein anderes europäisches Land ist weniger touristisch erschlossen als Albanien. Vor zwei Jahren war ich schon mal mit dem Rad in Südalbanien unterwegs – diesmal sollte es in den Norden gehen, in die „Albanischen Alpen“.

Offenbar ist die Lust auf Abenteuer bei den SAN-Mitgliedern groß: die sieben Plätze auf der Tour waren innerhalb von weniger als zwei Wochen vergeben.

Am ersten Samstag im September ging es dann los: die Gruppe traf sich am Flughafen in Tirana, und bestieg den gemeinsamen Mietwagen, einen Ford Transit. Zunächst geht es auf gut ausgebauter Straße nordwärts nach Shkodra, wo wir Frank einsammeln, der den Landweg gewählt hat. Kurz danach geht es auf eine kleinere Straße – aber dank EU-Mitteln bis zum Pass Buni i Thores noch auf asphaltiertem Untergrund. Die danach folgenden 14 Kilometer gehören zum anspruchsvollsten, was ich in meinem Autofahrerleben bisher erlebt habe: Schotterpiste, ausgewaschen, steil, einsetzende Dunkelheit und einsetzender Regen. Auf der einen Seite steiler Hang nach oben, auf der anderen geht es weit hinab. Jeder Gegenverkehr wird zur Herausforderung – und im Wagen wird es merkwürdig still… Wohlbehalten in Thet angekommen verpassen wir auch noch den Abzweig zu unserem Quartier, und bleiben im schottrigen Flußbett hängen. Dank vier Einweisern gelingt aber das Wendemanöver, und unser wunderschönes Quartier empfängt uns mit einem sehr gemütlichen Gastraum, bequemen Zimmern und typisch albanischem Essen.

In den kommenden Tagen standen drei Touren von Thet aus auf dem Programm – auf dieser Seite zeigen die Albanischen Alpen eine dolomiten-ähnliche Charakteristik.
Höhepunkt – nicht nur in Metern gemessen - war der Arapi. Dessen Südwand ist die höchste Wand auf dem ganzen Balkan, und war vor einigen Jahren Ziel des DAV Exped-Kaders. Wir haben natürlich nicht deren Route „Raki am Arapi“ gewählt, sondern sind brav dem Wanderweg gefolgt – der war steil genug. Erstaunlich, dass durch diesen Abbruch überhaupt ein Weg führt. Nach dem Pass Liqeni i Pejes wurde es ohnehin herausfordernd genug: Karst, Blockgelände und Schotter machten den Weg zum Gipfel mehr zur Bergtour als zur Wanderung. Und auf dem Rückweg durften wir uns noch unseren Weg durch eine Schafherde bahnen…
Aber auch sonst haben die Albanischen Alpen viel zu bieten: abenteuerliche Flußüberquerungen, den morbiden Charme verfallender Gebäude, sanfte Wiesen oder kraxelige Grate sowie so manches Erlebnis aus Flora und Fauna wie auch noch ursprüngliche Landwirtschaft:

Unser nächstes Ziel hieß Lepushe im Vermoshi-Tal. Eigentlich nur einen Katzensprung von Thet entfernt – vom Pass Liqeni i Pejes aus konnten wir schon mal einen Blick auf das Dorf werfen. Der Weg dorthin mit dem Auto war aber weit: erst mal wieder die Schotterstraße rauf, dann runter bis an die Küste, ein paar Kilometer nach Norden und das nächste Tal wieder rein. Das aber war ein Erlebnis für sich: eine tief eingeschnittene Schlucht, die an Verdon erinnerte. Nur halt mit viel weniger Betrieb – kaum ein Auto war zu sehen. Erst letztes Jahr wurde die Strecke durchgehend asphaltiert – wiederum dank EU-Mitteln. Letztlich waren es rund 160 km Autofahrt, um die weniger als 10 km Luftlinie von Thet nach Lepushe zu absolvieren.

Im Vermoshi-Tal waren wir dann an der Grenze zwischen den „weißen Bergen“ Albaniens und den „schwarzen Bergen“ Montenegros. Das Vermoshi-Tal ist an drei Seiten von der Grenze zu Montenegro umgeben – und diese Grenze stellt auch einen deutlichen landschaftlichen Wechsel dar. Für uns standen noch mal drei Touren auf dem Programm – leider bei jetzt wechselhafterem bis zum Teil recht ungemütlichem Wetter.

Mit der Albanien-Tour dieses Jahr sind die Möglichkeiten auf dem Balkan aber noch lange nicht erschöpft – 2018 geht es ins Faragas-Gebirge in Rumänien, und in den kommenden Jahren locken auch noch Mazedonien und Montenegro

„Renntier“ Karsten – 31.10.2017

Viracocha, 31.10.2017 15:58