Ötztal, Erlanger Hütte und etwas darum herum

ein Tourenbericht von Manfred Schweiger (Ex)

Im Corona-Sommer 2020 brachen wir auf, um zur Erlanger Hütte aufzusteigen und etwas die Gegend rund um die Hütte zu erkunden. Von einem Parkplatz zwischen Tumpen und Umhausen ging der Aufstieg für meine Söhne und mich los. Über sonnengeflutete Schotterwege, in lichtem Wald, bald steil und wurzlig macht man recht schnell Höhenmeter, und kommt zu einem Aussichtspunkt mit beschriftetem Panorama-Foto.

Der weitere Aufstieg zur Gehsteigalm geht durch ursprünglichen Wald und dauert netto ungefähr 2,5 Std. Auf der Gehsteigalm können Getränke erworben werden, aber interessanter ist der „Almbewohner“ oder –betreiber, mit seiner sehr freundlichen, einnehmenden Art.

Nach der Alm wird das Gelände offener und die Bäume niedriger. Leider hat uns dort ein kurzer aber heftiger Hagelschauer erwischt, der auch die vorher angenehmen Temperaturen sehr merklich und nachhaltig gesenkt hat. Leicht verdrossen setzten wir, samt Rucksack regendicht eingepackt,  unseren Aufstieg fort. Es geht unterhalb des Kreuzjoch vorbei, in einigen Serpentinen hoch zum Südrücken mit erstem Hüttenblick, dann diesen entlang mit wenig Höhenunterschied westwärts zur Erlanger Hütte.

Leider verloren wir die Hütte wegen der durchziehenden Wolken immer wieder aus den Augen, aber der Weg selbst ist nicht zu verfehlen.  Die letzten Meter sind einige (seilversicherte) Stufen im Fels. Der Aufstieg betrug 1640 Meter rauf und 90 Meter runter. Geübte brauchen ca. 5 Stunden, wir brauchten einiges länger - die Kids (13 und 15) sind nicht oft in den Bergen unterwegs und mussten entsprechend mehr schauen und pausieren.

Der Empfang auf der Hütte war herzlich, wir wurden sofort gut versorgt und bekamen schnell ein Lager zugeteilt. Das Fenster des Raumes ging Richtung Westen und war zur Durchlüftung gekippt, was klasse funktionierte - es zog wie blöd. Aber frische Luft und Luftaustausch sind wichtig. Coronabedingt hielten sich im Gastraum die einzelnen Grüppchen eher für sich auf, aber mit der Zeit entwickelten sich Gespräche von Tisch zu Tisch, mit gebührendem Abstand.


Nach (leckerem) Frühstück samt heißem Kaffee und Peilung der Lage brachen wir Richtung Wildgrat auf (Bild 4), zunächst ein Drittel um den Wettersee herum, dann unterhalb des Dreirinnenkogels an einem Wegweiser rechts und über Blockwerk und zwei Altschneefelder höher bis zu einem etwas grüneren Buckel. Dort ist eventuell Stockdepot empfehlenswert, da der Gipfelaufstieg zwar sehr gut und reichlich markiert ist, aber ziemlich felsig und steil. Wir hatten hier leider immer noch Regen und ganz wenig Sicht, weswegen nach dem Buckel das erste und kurz vor dem höchsten Punkt das zweite Kind die Reißleine zog und nicht mehr weitergehen wollte. Sie alleine zu lassen konnte ich nicht riskieren, also gaben wir das Vorhaben, die Spitze des Wildgrats zu erreichen, auf und stiegen wieder ein Stück weiter ab, um einfach mal die weitere Gegend um die Hütte und den Wettersee zu erkunden. Sie erinnert an Schottland oder auch an die Nebel von Avalon.

Der dritte Tag der Reise bescherte uns weitere Abkühlung und das große Thermometer an der Hüttentür zeigte nur noch ungefähr 6°C an. Aber wir konnten uns zumindest aufraffen, den Weg Richtung Frischmannhütte und dem Gipfel Fundusfeiler mal unter die Sohlen zu nehmen. Zu Beginn führt auch dieser Weg um den Wettersee herum, zweigt dann aber links ab, die Dreirinnenkogel-Scharte hinauf. Das scheint ein gerne von Schafen aufgesuchter Ort zu sein, denn dort liegen reichlich Hinterlassenschaften der Vierbeiner herum. Von dieser Scharte aus stiegen wir bei wiedereinsetzendem Regen und Windböen Richtung Süden in das sehr viel lieblichere Hochtal ab und wanderten in einem weiten Linksbogen zu einer Gabelung, von der aus es zur Feilerscharte oder zum Lehnerjoch weitergeht. An diesem Tag sahen wir bis dahin keine anderen Menschen.

Nach einer Pause bei der Gabelung entschieden wir uns dann angesichts des üblen Wetters und der Aussicht darauf, dass die Berge im kommenden Jahr auch noch dort sind, wieder umzudrehen, um auf der Hütte die Klamotten wenigstens für den am nächsten Tag anstehenden Abstieg zurück zum Auto trocken zu bekommen. Kurz nachdem wir umgedreht hatten, sahen wir zwei weitere Wanderer, die von der Ludwigsburger Hütte zur Erlanger Hütte unterwegs waren. Es gibt also doch noch andere Menschen hier. Auf dem Rückweg ging uns merklich die Motivation flöten und wir waren ziemlich langsam unterwegs. So waren wir aber zumindest lange an der frischen Luft und es riss dann tatsächlich noch etwas auf und die Sonne kam durch, welch eine Freude.

Irgendwann am Nachmittag waren die Liegestühle auf der Sonnenseite der Hütte dann tatsächlich soweit abgetrocknet, dass ich mich noch dort hineinpflanzen konnte. Hatten wir vielleicht etwas vorschnell aufgegeben? Aber nach meiner Einschätzung hätten wir mit unserem Tempo weder die Frischmannhütte noch den Gipfel des Fundusfeilers (3079m) erreicht. Auf der Hütte haben wir dann am Rande mitbekommen, dass eine angemeldete Gruppe mit immerhin 11 Leuten sich wegen des miesen Wetters wieder abgemeldet hatte - offenbar hatten wohl noch andere Motivationsprobleme wegen „Schietwetter“.

Mit der Wetterbesserung am Abstiegstag bekamen wir dann endlich freie Sicht auf die umliegenden Berge und Täler. Uns haben die Ruhe und Freundlichkeit der Wirtsleute und ihre Art, die Hütte zu führen ebenso gut gefallen wie ihre gute Küche – besonders das Steinbockragout (kann man googlen). Leider konnten wir unseren Aufenthalt nicht spontan verlängern, was ich sehr gerne getan hätte. So blieb uns nichts anderes übrig, als nach dem Frühstück den ganzen Krempel in den Rucksäcken zu verstauen und den Abstieg zum Auto anzugehen.

Auf der Aufstiegsroute, weil auf dem alternativen Weg Hochwasser eine Brücke weggerissen hatte.  Zumindest konnten wir nun endlich die großartige Fernsicht genießen und eine recht unbeschwerte Wanderung durchführen.

Natürlich sind wir gut zum Parkplatz zurückgekommen und waren wegen des vielen Auto- und LKW-Verkehrs ganz schnell wieder zurück auf den Boden der Realität. Die Heimfahrt hat dann bei bestem Wanderwetter stattgefunden.

Shit happens.

Ex

G, 01.09.2020 14:15