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Breithorn NNO oder der Weg wo nie endet .... (Gelesen: 11775 mal)
Lamл[tm]
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Breithorn NNO oder der Weg wo nie endet ....
14.02.2007 um 22:52:43
 
... es zum Glück aber schneller tat als geplant.
(Bilder folgen unten)

Vorspiel
"Gänsefleisch mal ans Dellefon gömn?" - "Gänsefleisch mal ans Dellefon gömn?" - "Wennsesich ni augenblicklich ans Dellefon bewegen, werd ich ungemütlich"
Welcher Trottel ruft mich denn mitten in der Nacht an? - OK. Es ist zwei Uhr und das Handy zeigt "Wecker". Genau die richtige Zeit für die Breithorn-Nordnordostwand, denn durch diese zieht sich ein Weg, wo nie endet. ^
Für die paar Stunden unruhigen Schlafs habe ich mich auch nicht umgezogen. Ich wälze mich aus dem Bett auf den Stuhl, vor dem mein am Abend bereits vorbereitetes Müsli steht. "Hat einer Kaffewasser aufgesetzt?" Ich glaube ich höre nicht recht. Aber Richtige Sachsen gehen morgens oft ohne Frühstück, ab und zu ungewaschen, aber nie ohne "Gawwee" aus dem Haus. Erst recht nicht für einen Weg, wo nie endet. Muss ich das Müsli auch nicht so schnell runterwürgen.
2 Uhr 40: Wir sitzen im Auto, es alternieren die Titel "Zerstören" und "Spring" (Rammstein). Leise ist was Anderes. Daran, dass ich 2 Minuten später wieder einschlafe, ändert das nichts.
3 Uhr 20: Tobi weckt mich mit einem unsanften Stoß, dass ich fast aus dam Auto falle. "Wir laufen jetzt los." Es ist stockfinster im Wald. Der Weg ist breit, seine Ränder als dunkelschwarze einen hellschwarzen Streifen begrenzende Linien deutlich erkennbar. Das Tempo muss den anderen geradezu als Schleichen vorkommen. Mir ist es recht. Nicht so wie vorgestern, wo mir Heiner und  Tobi insgesamt fast eine halbe Stunde zum Einstieg der "Blue Moon" abgenommen haben. Das erste Mal kann ich Schritt halten. Die Energie brauchen wir noch. Für den Weg wo nie endet.

Zweites Wachwerden
3 Uhr 45: Ein deutlich vernehmbares Holz auf Holz weckt uns aus unserem Trott. Dirk hat ein Almgatter gerammt. Ab nun gehe ich vorne. Mit unten hochgewickelten Hosenbeinen haben meine Kameraden ein brauchbares Orientierungsmittel. Beginn der astronomischen Dämmerung, die für mich mit der bürgerlichen Dämmerung dank meines von Geburt an eingebauten Nachtsichtgeräts zusammenfällt.
4 Uhr 30: Seit einer knappen Stunde schrauben wir uns den sehr steilen Weg nach oben. Eigentlich ganz kommod. Für die 500 Höhenmeter haben wir nur wenige Minuten länger gebraucht als vorgestern für den unteren Teil des Zustiegs, als ich mir die Lunge aus dem Hals rannte. Doch jetzt heißt es, das bis zum Einstieg zu verfolgende Bachbett zu finden. Nach einer knappen Viertelstunde geben wir die Suche nach dem Steig auf und gehen in Richtung der sich bereits als Silhouette abzeichnenden Berge. "Hallo Leute, das hier ist nur ein kleiner Graben, und hier geht der Weg weiter." Ungläubig folgen mir die anderen. Aber was bleibt ihnen in der Dunkelheit außer den Stirnfunzeln, die gerade mal 10 Meter weit reichen? 100 Meter weiter sind wir im richtigen Bachbett.
Vereinzelte Aufschwünge bis III nehmen wir im Sturm. Es ist nirgends ernsthaft ausgesetzt. Heiner über eine Platte, ich hangele lieber an Latschen.

Endlich gehts los
5 Uhr 45: Endlich am Einstieg. Dirk und Heiner gehen als erste, Tobi und ich als zweite. Eine halbe Stunde später sind wir alle vier im Weg wo nie endet.
10 Tage Regen in den letzten 14 Tagen haben die Wand so richtig gründlich eingeweicht. Doch der Fels ist wie ein Reibeisen, nass tausendmal rauer als das Meiste in den Tannheimern im trockenen Zustand. Nach dem genüsslichen Fünfer der erste Schrecken. Ich laufe, immer noch im Halbschlaf, direkt auf Stand 2 zu. Heiner kämpft mit der dritten Seillänge - Moment mal, der geht doch Achter onsite und aided jetzt in einer 6+ herum. Was ist da los?

Drittes Erwachen
Patsch. Mein Kletterschuh steckt in einer Schlammpfütze. Zurücksteigen ist Mist. 15 Meter zum letzten Haken, zwar nur eine 30 Grad steile Platte, aber mit glibberigen Schuhen? Ich werfe dem Dirk mein Seil zu, er klippt den Standhaken. Spätestens jetzt bin auch ich wach.
Tobi ist schnell nachgesichert. Heiner kämpft immer noch. Endlich, Heiner verlangt Seil, viel Seil. Auf "Stand" warten wir vergeblich. Nach einer Viertelstunde geht Tobi ein Stück zurück, um die Kommunikation mit Handzeichen zu ermöglichen. Heiner hat keinen Stand. Verstiegen, auf einem morastigen Band, mit einen zu 3/4 aus der Wand herausschauenden Rosti provisorisch an die Wand geheftet. Jede Heftklammer in 7 mm Sperrholz gibt mehr Sicherheit. Tobi steigt Länge 3, jetzt kein Problem, die Schlingen hängen ja. Dirk kriegt eines der beiden Nachstiegsseile und versucht sich im Nachstieg.

Ab und zu ist auch Turnen angesagt
"Dirk, Weißt Du noch, Sonntag an der Steinplatte, das war ne 7+!" Alles Zureden war sinnlos, keine Chance. Kraftmeiereien sind sein Ding nicht. Der zwingend zu klemmende Riss ist total vermoost. "Klimmzüge sind für Turner *1, nicht für Bergsteiger." Nach einer erfolglosen Viertelstunde darf ich mal probieren. Mit 12 Kilo am Rücken, 59 Kilo Leistungsgewicht und 10 Kilo Ballast im Unterhautfettgewebe hauen die 10 Sekunden Hangelei gut rein. Ich bin oben, als Andenken bleibt ein etwas gezerrter rechter Bizeps. Aber den braucht man ab jetzt angeblich nicht mehr. Nun ja ... Die restlichen 20 Meter sind "Pillepalle". Heiner wird auch noch hochgesichert, und bevor wir jetzt zu dritt den Dirk haulen können, verlangt dieser das gelbe Seil ganz. Er kriegt was er will, und ehe wir uns versehen, läuft er schon in der die Wand links begrenzenden Rinne umher. Dirk hat sich, ohne mit Heiner zu sprechen, abgeseilt. Buchstäblich.
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Re: Breithorn NNO oder der Weg wo nie endet ....
Antwort #1 - 14.02.2007 um 22:59:03
 
Tobi und ich fanden es nur Sch...e. Heiner ist maßlos stinksauer. Mit Dirk hat er im zarten Alter von 16 Jahren das Klettern schärferer Richtung angefangen, er zählt ihn, obwohl immer noch weit über dopppelt so alt, zu seinen besten Freunden. Und dann so was. Unfassbar.
Wir stehen zu dritt an Stand 3. Wir nehmen uns 10 Minuten Zeit für die "Lage". Wie bei Tobi und mir sind die Rucksäcke von Dirk und Heiner nicht pers. getrennt, Dirk hat Sachen von Heiner mit nach unten genomen. Dafür ist Heiner mit Dingen von Dirk belastet. Wir haben drei Seile.
Und es ist fast 9 Uhr. Wir haben drei Seillängen hinter uns von einem Weg, wo nie endet. Kaum angefangen und schon knapp zwei Stunden kaputt gemacht. Mein Angebot, auch abzubrechen, damit die beiden ohnehin schnellsten und klettertechnisch mit Abstand besten Leute als Zweierseilschaft die Wand durchrennen können, wird abgelehnt. Ein Überschlagen des Materials ergibt, dass alles für ein zu dritt sicher nötiges Biwak vorhanden ist. Wir entscheiden uns für Weitergehen. Zunächst muss Dirk noch ein zweites Seil mit nach unten nehmen. Es fällt ungehindert in die Rinne. Dirk geht, die Stimmung ist am absoluten Nullpunkt angekommen.

Das Ende
Die folgenden drei Seillängen sind so was von unlohnend, dass auch Heiner die Lust verliert. Die einzigen lohnenden 15 Meter sind in einem Quergang, der eine selten gesehene Problematik von Dreierseilschaften deutlich macht. Ein Sturz wird den anderen Nachsteiger immer auch aus der Wand kegeln, wenn man nicht getrennt nachsteigen will. Und mit *einem* Halbseil an so rauem Fels herumzuschrubben, vermittelt alles Andere als Sicherheit.
Vom vielen nassen Gras und Fels ist die Haut aufgeschwemmt, dass eine unglückliche Berühung, ein zu fester Griff zu einer blutenden Wunde führt. Länge 7 soll wieder über eine nasse Wasserplatte führen. Um 10 Uhr seilen wir auch in die Rinne ab, von der sich der Weg durch ständige Linkquerung nie weiter als 30 Meter entfernt.
Der Weg, wo eigentlich nie enden soll, endet damit nach nicht einmal einem Sechstel seiner Länge. Wir setzen uns ins Gras auf der anderen Seite der Rinne, essen und sehen zu, wie die Wand abtrocknet. Recht bedrückt steigen wir ins Tal ab.
Dirk empfängt uns mit wenig netten Worten: "Warum habt ihr das nicht fertig gemacht?" Zum Glück hat Heiner gerade kein Messer in der Hand.
Wir schlafen aus, gegen Abend versuche ich, mit einem guten Essen die Stimmung zu heben, was mir zum Teil gelingt.

Und warum war das mit dem Abbruch Glück? Siehe unten.

*1 Heiner war mal beim Turnen in einer recht hohen Klasse, bis er sich mit 12 Jahren die Schultern verschlissen hat.


...
Und los gehts

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Genussklettern trotz nass

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Mit Moos nix los

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Ablassen mit Platte ist nicht einfach

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Ständiges Queren an einem Strang

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Für Heiner ein Spaziergang

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Macht keinen Spaß ...

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Sonne kommt in die Wand

...
Ratzfatz ist das Teil abgetrocknet

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Auf Abwegen

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Re: Breithorn NNO oder der Weg wo nie endet ....
Antwort #2 - 14.02.2007 um 23:01:19
 
"Caught in the act"
Einen Tag nach dem jetzt noch als wenig erfreulich empfundenen Abbruch am "EndeNie" steigen wir mit neu gemischten Seilschaften in den Kirchlexpress ein. Die alten Säcke (Dirk und ich) vorn, Heiner und Tobi hinten, Heiner kennt die Route schon und will oben etwas Anderes gehen. Föhn, knallwarm und Ostwand. Man sieht nichts aber auch gar nichts, was kommt, wie lange es bleibt und wann es geht. Der Wetterbericht meinte gestern lapidar "vereinzeltes Übergreifen von Schauerzellen aus Süden". So passiert uns das, was in englischsprachtigen Foren immer wieder mal für allgemeine Erheiterung sorgt. "Caught in the middle of a pitch." Dirk ist der Pechvogel, es hätte aber geau so gut jeder andere sein können. Die Situation in der sanierten Kletterroute ist nicht bedrohlich, wir versuchen, es auszusitzen, es lässt etwas nach, mit 60 Meter schräg abseilen stehen wir wieder unten. Der Regen ist zu Ende, aber alles klatschnass.
Hätten wir gestern nicht abgebrochen, dann hätten wir den nicht in L 3 sondern vielleicht in L 33 auf die Mütze gekriegt. Und deshalb bin ich ganz froh über unseren Abbruch am Mittag davor.


...
Ist ja nur ne "Schauerzelle"

...
Schön warm und trocken ...

...
Gar nicht so unpraktisch

...
Das war's für Heiner & Dirk



"Ende nie" in Kürze:
- 38 SL, davon 10 SL VI oder VI+
- Zugang ohne nächtliche Wegsuche etwa 1 1/2 Stunden
- Topo hier: http://www.bergsteigen.at/de/touren.aspx?ID=536
Übersicht
- Die das Bachbett in Anstiegsrichtung rechts begrenzende Wand mehr querend als ansteigend und zwischen üppiger Vegetation den Fels suchend bis zu einem großen Band, auf dem der Zustieg zur Nordkante verläuft.
- Ab hier die Wand links der Nordkante bis zu einem großen Band, das die Nordkante mit einer Verschneidung verbindet.
- Schlusswand zum Gipfel, hier befinden sich die meisten Sechser-Längen.
Besonderheiten
- Unten braucht die Wand am längsten zum Trocknen.
- Im oberen Teil ist recht lang Sonne. (Siehe auch die Bilder im Link oben)
Abbruchmöglichkeiten, Abstieg siehe Topo
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